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In Ruhe prüfen: Gute Objekte gibt es nicht ruck, zuck

Immobilien erscheinen als sichere Geldanlage. Doch ein Blindkauf kann leicht zum Fehlgriff werden.

Das Phänomen ist nicht neu und zeigt sich wieder in Zeiten der Euro-Krise: Immobilien boomen – und damit steigen nicht nur die Preise, sondern auch die Tendenz zu schnellen, unüberlegten Käufen. „Blind zugegriffen wird vor allem von Kapitalanlegern, die ihr Geld wegen der drohenden Inflation krisensicher in einen Sachwert investieren wollen“, erklärt Kai Warnecke, stellvertretender Generalsekretär von Haus und Grund Deutschland. Da die persönliche Beziehung zur Immobilie für sie weniger wichtig sei, kauften die „Betongoldanleger“ teils sogar ohne Besichtigung. Gerade unter jenen, die einen Verkauf ohne Objektrundgang vorschlagen, gibt es jedoch viele schwarze Schafe. Und die als gute Investition angepriesene Immobilie entpuppt sich nicht selten als kompletter Fehlgriff.

„Teils werden Anlegern, die ein Objekt unbesehen kaufen, ja bekanntermaßen richtige Schrottimmobilien untergejubelt“, sagt Markus Gruhn, Vorsitzender des Rings Deutscher Makler in Berlin. In den meisten Problemfällen sei es aber schlicht so, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis extrem schlecht sei: Die Immobilie wirft niemals das ab, was der Käufer investiert hat, weil er zum Beispiel nur wenig Miete verlangen kann oder zu viel Geld in Reparaturen stecken muss.

„Man darf da nicht so rangehen, als würde man sich einen Anzug bei einem Versandhaus bestellen“, betont Gruhn. Schließlich flössen bei einem Immobilienkauf ganz andere Summen, und es sei nach Vertragsabschluss nur schwer möglich, ein Wohnobjekt zurückzugeben – selbst, wenn sich schwerwiegende Mängel herausstellen. Deshalb sollte man sich nicht durch wohlklingende Versprechen – wie die von „sicherer Wertsteigerung“ und „Krisenbeständigkeit“ – einlullen oder durch Sparangebote und Steuervorteile locken lassen, sondern den Blick auf das Wesentliche richten: die Immobilie selbst.

„Wenn es darum geht, etwas zu verkaufen, wird manches beschönigt. Da ist es dringend ratsam, jedes Angebot eingehend zu prüfen“, erklärt Jörg Sahr, Immobilienexperte der Stiftung Warentest. Die Besichtigung ist dabei das A und O, weil man sich nur so ein realistisches Bild machen kann. Um nichts Wichtiges zu übersehen, holt man sich für den Ortstermin am besten Verstärkung durch einen unabhängigen Bausachverständigen. „Ihm fällt es leichter, verdeckte Mängel wie Schädlingsbefall, Feuchtigkeit in den Wänden oder eine überalterte Heizungsanlage zu erkennen“, sagt Warnecke. Außerdem könne er beurteilen, ob eine Immobilie ihren Preis wirklich wert sei.

Doch auch andere Faktoren haben Einfluss auf den Wert: zum Beispiel optische Aspekte wie Wohnraumschnitt und -helligkeit, die Frage der Ausstattung (gibt es Keller, Balkon, Einbauküche?) sowie die Mieterschaft. „Und natürlich die Lage. Wenn eine Wohnung an einer Hauptverkehrsader oder in einem Problemviertel liegt, wirkt sich das auf Vermietbarkeit und Wert aus“, betont Sahr.

Beinahe genauso wichtig wie das Begutachten von Wohnung und Haus ist der Blick in die Papiere: „Man sollte sich die Immobilienunterlagen genau ansehen, also etwa den Grundbuchauszug, Grundrisse und die Baubeschreibung“, erklärt Gabriele Heinrich, Geschäftsführerin der Bonner Verbraucherschutzorganisation Wohnen im Eigentum. Aussagekräftig sind auch die Abrechnungen von Nebenkosten. Nur so könne man sicherstellen, dass keine Fallstricke lauern: Wie ein leerer Rücklagenpott, der einen teuer zu stehen kommt, wenn Sanierungen nötig werden oder ein ungerechter Kostenverteilungsschlüssel, laut dem man bei gleicher Wohnungsgröße weit mehr Nebenkosten zahlt als die anderen Eigentümer.

„Da es für Laien oft schwer ist, das Fachchinesisch der Unterlagen zu durchblicken, holt man sich für ihre Überprüfung am besten professionelle Hilfe“, betont Heinrich. Gute Anlaufstellen dafür seien Initiativen wie Wohnen im Eigentum oder die Verbraucherzentralen.

Wenn das Objekt, das man erwirbt, bereits vermietet ist, sollte man vor dem Kauf auch die Mieter checken. Also etwa, ob sie zuverlässig zahlen und ob die bestehenden Mietverträge in punkto Kündigungsmöglichkeiten, Nebenkostenregelungen und Preisvereinbarung in Ordnung sind. Das vor dem Immobilienerwerb zu tun, ist wichtig, da der Rechtsgrundsatz, „Kauf bricht nicht Miete“ gilt und man ein Mietverhältnis, das sich als ungünstig erweist, als neuer Vermieter nicht einfach so beenden kann.

Unabhängig davon, dass eine spontan gekaufte Wohnung selten eine gute Kapitalanlage darstellt, sollten Käufer sich klar machen, dass auch ein Immobilieninvestment nicht hundertprozentig krisensicher ist. Schließlich wirkt sich ein Wirtschaftseinbruch irgendwann auch auf die Wohnungsmarktpreise aus. Im Fall von Steuererhöhungen können Immobilieneigentümer außerdem im Nachteil sein: Ihr Kapital ist festgelegt und lässt sich gerade nicht flexibel bewegen – schon gar nicht außer Landes. (dpa)

Nicola Menke

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