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Mit wenigen Tasten lässt sich im „Smart Home“ die Technik steuern.

© Bus-Profi

Intelligentes Haus: Technik, die im Team arbeitet

Heizung, Lichter, Jalousien – alle vernetzt und computerprogrammiert. Das schlaue Haus der Zukunft gibt es schon heute.

Von Simone Andrea Mayer, dpa

Im Keller brummt die Heizung plötzlich, am Hauseingang geht das Licht an. Und im Wohnzimmer fahren die Rollos runter – wie von Geisterhand. Hier wird kein Horrorhaus beschrieben, sondern für viele der Traum vom modernen Wohnen. Ein Haus, das sich selbst steuert, Raumklima und Wärme reguliert und Einbrecher in die Flucht schlägt. Das „Smart Home“, das schlaue Haus, kann das alles.

Und so funktioniert es: Einzelne Elektrogeräte, etwa der Motor im Fensterrollo und die Lichttechnik, sind computerprogrammiert und vernetzt. Sie werden auf bestimmte Uhrzeiten und gewünschte Raumbedingungen programmiert. Alternativ haben die Bewohner aber auch noch die Schalter am Gerät oder an der Wand zum Steuern.

Dass die Technik zusammenkommt, sichert ein gemeinsames System. Es nennt sich LCN, Homematic oder KNX. Hinter letzterem verbirgt sich ein weltweiter Standard für Geräte. „Rund 300 Hersteller wie Siemens oder Cisco unterstützen diesen“, erläutert Ralf Engels vom Automationsanbieter Gira. „Aber auch der deutsche Mittelstand ist dabei, viele Schalterhersteller etwa.“ Es ist, als würden die Geräte eine gemeinsame Sprache sprechen. Der Verbraucher braucht nur eine Betriebssoftware, die das Gesprochene zusammenbringt.

Das kann dann zum Beispiel so aussehen: Ein Sensor am Fenster registriert starke Sonneneinstrahlung, er leitet diese Information weiter, die Steuerung der Heizung vernimmt sie, reagiert darauf und stellt die Temperatur niedriger. Zugleich fahren die Jalousien herunter. „Smart Home“ bedeutet aber auch, dass das Haus schon weiß, was der Verbraucher will. Hierfür gibt es Grundeinstellungen. „Man möchte etwa 22 Grad um 7 Uhr im Bad und dann abends um 22 Uhr wieder. Das heißt, den Rest des Tages kann die Temperatur automatisch gesenkt werden“, sagt Sebastian Domin vom Anbieter P2 Medientechnik & Gebäudeautomation.

Bewohner müssen auch nicht jede Lampe einzeln dimmen, sondern können an einem Schalter Lichtstimmungen aufrufen: Zum Fernsehen gehen alle Lampen aus, nur der Fernseher ist im Hintergrund beleuchtet. Oder die Deckenlampe dimmt sich zum Abendessen um 50 Prozent, die Lampe über dem Tisch leuchtet aber voll, nennt Sebastian Domin einige Beispiele.

Schon vor rund 25 Jahren gab es die ersten Überlegungen, wie man Produkte untereinander vernetzen kann, erzählt Ralf Engels. Auch Zeitschaltuhren an der Heizung sind längst nichts Besonderes mehr. Doch der Markt wächst und bringt Ideen und Produkte hervor, die immer mehr möglich machen. Etwa einen Paniktaster am Bett: Wer ein Geräusch hört und einen Einbrecher vermutet, kann mit einem Knopfdruck das komplette Haus erleuchten.

„Oder stellen Sie sich vor, Sie verreisen, haben 100 Kilometer auf der Autobahn geschafft und sind sich plötzlich nicht mehr sicher, ob die Waschmaschine aus ist“, sagt Domin. Für diese oder andere Steckdosen, an denen etwa das Bügeleisen immer hängt, gebe es einen Generalschalter, der mit dem Handy aus der Ferne bedienbar ist.

Dass immer mehr Hausbesitzer sich für die schlaue Technik interessieren, liegt auch an der Energiewende. „Denn einer der großen Vorteile des vernetzten Zuhauses sind Ersparnisse bei Strom und Heizungsenergie“, sagt Uwe Rohrbach vom Anbieter Bus-Profi Gebäudeleittechnik. „Eine gute Dämmung reicht irgendwann nicht mehr – man kann das Haus nicht noch dicker einpacken“, ergänzt Gira-Vertreter Engels. „Der nächste Schritt geht über das Nutzungsverhalten.“ Das Haus weiß immer, wann jemand da ist und was dieser jemand braucht. Es weiß sogar, ob die Solarthermieanlage auf dem Dach genügend Warmwasser aufbereitet.

Die Geräte stimmen sich über das Stromnetz oder per Funk ab

Via Tablet-PC können Bewohner die Jalousien einzeln oder in Gruppen bedienen.
Via Tablet-PC können Bewohner die Jalousien einzeln oder in Gruppen bedienen.

© dpa/tmn (Loxone/p-zwei.de)

Vernetzt werden die Geräte über Leitungen. In einem Neubau ist es kein Problem, genug davon zu integrieren. Im Altbau, der nicht von Grund auf saniert wird, sind Funksignale eine gute Alternative, erläutert Domin. Auch über das häusliche Stromnetz können Signale gesendet werden. Powerline nennt sich diese Technologie.

Das klingt aufwendig und teuer – ist es im Vergleich zur herkömmlichen Installation aber gar nicht unbedingt. Für ein neu gebautes Familienhaus mit 150 Quadratmetern rechnet Domin für die konventionelle Elektroinstallation mit 10 000 bis 13 000 Euro. Die schlaue Variante von Heizung, Licht und Beschattung sei ab circa 13 000 Euro erhältlich – und bringe 20 bis 30 Prozent mögliche Energieeinsparung. Engels rechnet mit einem Aufpreis auf die konventionelle Technik von 4000 bis 5000 Euro. „Aber natürlich gibt es kein Haus von der Stange.“

Während der Markt von netzfähigen Einzelgeräten überschwemmt wird, gibt es vergleichsweise wenige Firmen, die sich um die Vernetzung des gesamten Gebäudes kümmern. „Grundsätzlich ist der Elektroinstallateur der erste Ansprechpartner. Aber nicht jeder kennt sich mit dem sogenannten Bussystem aus“, berichtet Engels. Bei seinem Unternehmen melden sich daher häufig künftige Häuslebauer, die sich selbstständig übers Internet und diverse Blogs schlau gemacht haben. Gira plant dann alles und schickt extra geschulte Elektriker.

Rohrbach arbeitet hingegen mit einem Elektriker nach Wahl des Kunden, der in seinem Auftrag nur wie gewohnt die notwendigen Leitungen verlegt. Oder der normale Heizungsbauer installiert die schlaue Wärmepumpe. Rohrbach plant das alles und schaltet sich dann per Computer ins Hausnetz – egal, wo in Deutschland das Gebäude steht – und programmiert alles. Meist ist die Einstellung damit erledigt. Wer etwas ändern will, ruft in der Regel den Profi an, sagen die Experten. Wenige basteln selbst immer mal wieder an den Einstellungen herum und verändern etwas.

„Auch die Fernsteuerung über Apps und Computer ist noch so etwas wie Luxus, das wollen nicht alle“, sagt Engels. Damit kann man im Internet zum Beispiel das Gerät oder einen Grundriss seines Hauses aufrufen und sehen, wie warm es im Wohnzimmer ist. Und wer früher Feierabend macht als sonst, der kann schnell mit einem Mausklick die Heizung hochfahren. „Das ist keine Zukunftsmusik mehr, auch wenn es für viele so klingt“, sagt Engels. Es ist sogar noch viel mehr möglich: Ein Australier entdeckte 2011 über die Videofunktion seines Smartphones einen Einbrecher im Haus – während er im Mauritius-Urlaub weilte.

Sebastian Domin nennt noch ein anderes Beispiel: Der Postbote klingelt an der Tür. Der Bewohner wird via Handy im Büro darüber informiert, es baut Kontakt zur Türkamera auf – und der Postbote winkt per Videochat aus dem Display heraus. Der Hausbesitzer öffnet über eine Taste am Handy das Garagentor, der Bote legt das Paket hinein. Domin hat das bereits ganz normalen Verbrauchern eingebaut. „Für mich ist Zukunftsmusik etwa, wenn sich der Kühlschrank von allein füllt, wenn er merkt, dass er leer ist“, sagt der Experte. „Vieles andere ist schon möglich.“

(dpa)

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