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Immobilien: "Keine Verfälschung der Vermögenswerte"

Zu den wichtigsten Investoren Berlins zählt DaimlerChrysler.Am Potsdamer Platz hat der Konzern vier Mrd.

Zu den wichtigsten Investoren Berlins zählt DaimlerChrysler.Am Potsdamer Platz hat der Konzern vier Mrd.DM investiert, um einen ganzen Stadtteil mit einer Gesamtfläche von 550 000 Quadratmetern zu errichten.Das ist nur eines der Projekte des deutsch-amerikanischen Unternehmens in Berlin.Darüber und über die neue Ausrichtung der Immobilienstrategie sprachen Jobst-Hinrich Wiskow und Ralf Schönball mit Manfred Gentz (57), DaimlerChrysler-Vorstandsmitglied für Finanzen und Controlling.

TAGESSPIEGEL: Lohnt sich Ihr Engagement am Potsdamer Platz? Rechnet man die Nutzfläche mit der Investitionssumme gegen, dann kommen Preise von gut 10 000 DM pro Quadratmeter zustande.Bei einer Verzinsung von 5 Prozent müßten Sie Mieteinnahmen von deutlich mehr als 50 DM pro Quadratmeter erzielen.Das ist in Berlin derzeit nicht möglich.Ist Ihr Engagement purer Idealismus?

GENTZ: Kaufmännisch ist der Potsdamer Platz ein Erfolg.Hochgerechnet auf die Laufzeit des Investments erzielen wir auch eine gute Kapitalverzinsung.Das Projekt Potsdamer Platz darf man aber nicht über drei bis fünf Jahre betrachten, sondern über mindestens 30 Jahre.Auch muß man die steuerlichen Effekte hinzuziehen.

TAGESSPIEGEL: Trotz des rezessiven Immobilienmarktes und Ihrer Umplanungen? Indem Sie weniger Büros und stattdessen mehr Wohnungen sowie ein wenig renditeträchtiges Kino-Center errichteten, dürfte die Rechnung nicht unbedingt günstiger ausfallen...

GENTZ: Richtig ist, daß unser ursprüngliches Konzept das Cinemaxx so nicht vorsah.Diese Veränderung hat mit dem Markt zu tun, aber auch mit unserem Verständnis von Standortentwicklung.Schon vor den ersten Erdarbeiten haben wir die Menschen auf das Gelände geholt.Wir haben mit ihnen, mit dem Bezirk und mit dem Senat unsere Pläne diskutiert.Die Ergebnisse sind eingegangen in die Entwicklung des Gebietes.Vom Umfang des Erfolges sind wir dennoch überrascht.Vor zwei Jahren prognostizierte man uns noch Leerstand.Und jetzt sind alle fertiggestellten Gebäude entweder vermietet oder verkauft.

TAGESSPIEGEL: Sind Sie aufgrund dieser Entwicklung daran interessiert, einen Teil der Brachen am Leipziger Platz zu erwerben?

GENTZ: Zu diesem Thema gibt es derzeit noch keine abschließende Meinung in unserem Konzern, aber in der Tendenz ist unsere Antwort eher nein.Mit dem Potsdamer Platz haben wir schon viel für Berlin getan.Richtig ist aber, daß wir vor einigen Jahren erwogen hatten, uns auch am Leiziger Platz zu engagieren.Dieses Thema wurde jüngst noch einmal an uns herangetragen.Derzeit steht am Leipziger Platz ein einzelnes, vereinsamtes Gebäude.Das Areal bildet aber den Anschluß des Potsdamer Platzes zum Ostteil der Stadt.Vor diesem Hintergrund trugen wir uns mit dem Gedanken, uns vielleicht an der Entwicklung dieses Gebietes zu beteiligen.

TAGESSPIEGEL: Im Konzern haben Sie das Immobiliengeschäft von Debis auf den Daimler-Chrysler-Konzern verlagert.Ist das Ausdruck Ihrer zwiespältigen Erfahrungen mit diesem Markt?

GENTZ: Wir reagieren damit nicht auf Markterfahrungen, sondern auf die strategische Orientierung von Daimler-Chrysler.Wir haben die Strategie von debis überdacht mit dem Ergebnis, daß wir unsere Kräfte auf den Bereich Dienstleistungen konzentrieren wollen, die wir auch und überwiegend Dritten im Markt anbieten.Wir haben entschieden, daß wir uns im Immobilienbereich auf die konzerneigenen Liegenschaften konzentrieren wollen.Deshalb haben wir die dIM von debis auf das Finanzressort von Daimler-Chrysler überführt.

TAGESSPIEGEL: Sie erwarten von Ihren Tochtergesellschaften auch einen üppigen Mietzins für deren Liegenschaften.Geben Sie damit den am globalen Kapitalmarkt herrschenden Druck der Fondsgesellschaften auf Daimler-Chrysler in Tranchen an die kleinen Mercedes-Niederlassungen in der deutschen Provinz weiter?

GENTZ: Nein, wir erwarten nur einen dem Markt angemessenen Mietpreis für Liegenschaften, die die einzelnen Kostenstellen nutzen.Dies betrifft im übrigen auch die Mietpreise am Potsdamer Platz.Weder debis noch der Mercedes-Benz-Vertrieb zahlen hier mehr Miete, als wir sie von konzernfremden Nutzern verlangen.Außerdem dient uns dieses Immobilienmanagement als Steuerungsinstrument.Wenn einzelne Konzernstellen meinen, ihre innerstädtischen Flächen seien zu teuer, dann sollten sie zumindest darüber nachdenken, ob sie diese guten Lagen nicht freimachen und an den Stadtrand ziehen.

TAGESSPIEGEL: Und was geschieht dann mit den Flächen?

GENZ: Dann können wir diese Liegenschaften verkaufen oder selbst entwickeln.Chrysler beispielsweise ist vor einigen Jahren aus Detroit in den Vorort Auburn Hills gezogen.Eine solche Aufgabe oder Verlagerung von Standorten ist im Übrigen nicht neu.Nur hat man sich in der Vergangenheit um nicht mehr benötigte Liegenschaften und freiwerdende Flächen wenig gekümmert.Dieses Freiwerden von nicht mehr betriebsnotwendigen Flächen zeigt sich besonders deutlich in der Elektro- und Elektronikindustrie, deren Produkte im Zuge der rasanten technologischen Entwicklung immer kleiner wurden.Je kleiner aber die Produkte, desto geringer ist auch die zu ihrer Produktion erforderliche Fläche.Diese Entwicklung hinterließ totes Vermögen.Dies zeigt beispielhaft, wo unser Asset-Management einsetzt.

TAGESSPIEGEL: Industrieunternehmen, privatisierte Monopolisten wie die Telekom und auch die Deutsche Bahn wollen Kapital schlagen aus ihren Liegenschaften.Versuchen Sie über diese stillen Reserven das Ergebnis von DaimlerChrysler nachhaltig zu verbessern?

GENTZ: Natürlich liegt ein Potential in der Differenz zwischen dem Buchwert von Immobilien und ihrem Marktwert.Denn jede Liegenschaft steht in der Bilanz mit dem Preis, den das Unternehmen beim Erwerb dafür zahlte.Nun ist aber nicht jedes Grundstück deshalb am Markt heute mehr Wert.Oft läßt sich der Wert auch nur schwer ermitteln.Wenn wir beispielsweise unser Werk in Sindelfingen feilbieten würden, dann lautete die Antwort wohl, daß es für Flächen diesen Ausmaßes keinen Markt gibt.So kann keine Rede von einer großen Verfälschung der Vermögenswerte sein.Da wir zudem nach amerikanischen Regeln bilanzieren, können wir ohnehin keine stillen Reserven größerer Ordnung führen.

TAGESSPIEGEL: Stille Reserven haben Sie am Hohenzollerndamm aus der AEG-Zeit.Was ist der Stand des Projektes?

GENTZ: An dem Projekt Hohenzollerndamm arbeiten wir, das ist richtig.Das Konzept steht auch weitgehend, es ist aber noch zu früh, um hier Abschließendes zu sagen.

TAGESSPIEGEL: Es heißt, sie hätten der Volksbank den neuen Sitz am Potsdamer Platz schmackhaft gemacht, weil sie im Gegenzug mit in die Verantwortung bei deren Grundstück am Kaiserdamm gehen.Wie liegen die Dinge dort?

GENTZ: Wir haben eine Interessengemeinschaft und wollen das Grundstück gemeinsam entwickeln.Das tun wir derzeit auch.Wir sind hier aber noch in der Phase der Konzeptarbeit.Auch wollen wir zunächst einen Nutzer finden, bevor wir an die Realisierung gehen.

TAGESSPIEGEL: Baureife Pläne lagen ja schon einmal von den Architekten Becker, Gewers Kühn & Kühn vor.Sind die Makulatur?

GENTZ: Auch das war ein Nutzungskonzept, allerdings auf die Volksbank zugeschnitten.Daß die Pläne nicht realisiert wurden, lag wohl an zeitlichen Gesichtspunkten.Auch die hohen Kosten waren eine Ursache.Die Auflagen des Bezirks Charlottenburg waren so groß, daß die ganze Planung nicht mehr tragfähig war.

TAGESSPIEGEL: Als besonders einträglich gelten Immobilien keineswegs immer.Stehen derart niedrige Renditen nicht im Widerspruch zu Ihren Konzernzielen?

GENTZ: Die Rendite ist nicht vergleichbar mit der von Unternehmen in der Industrie oder im Dienstleistungssektor.Die Branchenkennzahlen in der Immobilienwirtschaft tragen der Tatsache Rechnung, daß die Finanzierung ganz anders erfolgt.Die Eigenkapitalquote liegt oft bei 10 Prozent, 30 Prozent sind viel.Der große Anteil an Fremdkapital erklärt die im Vergleich zu Industrieunternehmungen geringen Renditen auf das gesamte eingesetzte Kapital.Vereinfacht ausgedrückt verlangt der Aktionär einen Risikoaufschlag für seine Beteiligung an Industrieunternehmungen.Bei Immobilien ist der geringer, weil Sachwerte hinter der Investition stehen.Deshalb ist auf die gesamte Laufzeit eines solchen Investments betrachtet eine Verzinsung von acht Prozent vor Steuern ein vernünftiges Ergebnis.Diese Branchenkennzahl werden wir am Potsdamer Platz übertreffen.

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