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Immobilien: Kerzen und Feuerwerk sind brandgefährlich Wie gehen Gerichte und Versicherungen mit Brandschäden um?

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Längst brennen die Adventskerzen.

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Längst brennen die Adventskerzen. Doch Unachtsamkeit beim Umgang mit Adventskranz- und Weihnachtsbaumkerzen sowie mit Lichterketten und Wunderkerzen führen leider dazu, dass nicht nur das Christkind, sondern im Dezember verstärkt auch die Feuerwehr vor der Tür steht. Glück im Unglück hat, wer dann ausreichend versichert ist!

Aber steht die Versicherung auch dann für Schäden ein, wenn ein Brand fahrlässig verursacht wurde? Die Feuerversicherung des Gebäudeeigentümers zahlt für Brandschäden am Gebäude auch, wenn Mieter oder Dritte den Brand fahrlässig oder sogar vorsätzlich durch Brandstiftung verursacht haben. Für Schäden am Hausrat, also an den Einrichtungsgegenständen und der persönlichen Habe des Bewohners, kommt die Feuerversicherung in keinem Fall, dafür aber die Hausratsversicherung des Geschädigten auf. Häufig nehmen Versicherungen dann beim Brandverursacher Regress, der wiederum seine Haftpflichtversicherung – soweit vorhanden – in Anspruch nehmen kann.

Den Versicherungsbedingungen ist in diesen Fällen jedoch eins gemeinsam: Wenn der Versicherte den Schaden grob fahrlässig herbeigeführt hat, gibt es keinen Versicherungsschutz. Hat ein Mieter einen Brand grob fahrlässig verursacht, dann kann sich die Feuerversicherung des Vermieters bei dem Mieter schadlos halten. Was dabei „grobe Fahrlässigkeit“ bedeutet, das sehen die Gerichte höchst unterschiedlich: Nicht grob fahrlässig soll es sein, wenn die Kerzen gelöscht werden, die noch glühenden Dochte sich aber wieder entzünden und so einen Brand hervorrufen. In einem Fall, in dem die Kerzen eines Adventskranzes für maximal 10 Minuten unbeaufsichtigt geblieben waren, sahen die Richter ebenfalls nur leichte Fahrlässigkeit als gegeben an. Bereits 30 Minuten reichten in einem anderen Fall für die Bejahung von grober Fahrlässigkeit. Dagegen kam eine 83-jährige Dame mit dem Schrecken davon, die über eine nicht mehr aufklärbare Zeit so gebannt das Fernsehprogramm verfolgte, dass sie nicht bemerkte, wie die heruntergebrannten Kerzen den Adventskranz entzündeten. Sie musste der Feuerversicherung den Schaden nicht ersetzen.

Wenn Kinder einen Brand verursachen, haften sie zwar in der Regel nicht selbst, dafür aber ihre Eltern oder Aufsichtspersonen wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht. Eltern haften insofern nicht „für ihre Kinder“, sondern für ihre eigene Pflichtverletzung bei der Beaufsichtigung ihres Nachwuchses. In verschiedenen Urteilen wurde Eltern ein grob fahrlässiges Verhalten bescheinigt, die ihre 2, 4, 7, 8 bzw. 10 Jahre alten Kinder mit Feuerzeugen und Kerzen unbeaufsichtigt gelassen hatten. Keine Verletzung der Aufsichtspflicht musste sich dagegen eine Mutter vorhalten lassen, die ihre 11-jährige Tochter mit einem brennenden Adventskranz allein in der Wohnung gelassen, aber zuvor auf die von den Kerzen ausgehenden Gefahren hingewiesen hatte.

Härter traf es dagegen die Eltern eines gerade 18 Jahre gewordenen Mädchens, die ihrer Tochter zu Silvester das Haus für eine Teenager-Party überlassen, zuvor aber vor der Brandgefahr durch Feuerwerkskörper gewarnt hatten: Den durch unsachgemäßes Abbrennen von Silvesterraketen verursachten Brandschaden mussten die Eltern tragen, weil ihnen die Verantwortung ihrer Tochter für den Brand zugerechnet wurde.

Ob grob fahrlässiges Verschulden vorliegt, hängt in der Juristensprache „von den Umständen des Einzelfalles“ ab. Entscheidend ist, warum der Verursacher die Kerzen am Weihnachtsbaum oder Adventsgesteck unbeaufsichtigt gelassen hat. So hatten die Richter ein Einsehen mit einem Mann, der durch einen Telefonanruf von den brennenden Kerzen abgelenkt und sodann von seiner Frau zum Essen gerufen wurde. Den Brandschaden musste die Versicherung tragen.

Verständnis hatte auch ein Berufungsgericht für einen Mann, der im Wohnzimmer das Frühstück hergerichtet und die Adventskerzen entzündet hatte, danach aber im Schlafzimmer von den „körperlichen Reizen“ seiner Lebensgefährtin derartig abgelenkt wurde, dass er die brennenden Kerzen schlicht vergaß und so einen Wohnungsbrand zu verantworten hatte: Kein grob fahrlässiges Verhalten, so urteilten die Richter.

In mehreren Fällen sprachen die Gerichte Eltern vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit frei, die über den lautstarken Streit mit ihren quengelnden Kindern die brennenden Weihnachtsbaumkerzen vergaßen. Durch alle drei Instanzen ging ein Wohnungsbrand, bei dem der Christbaum zu Weihnachten Feuer fing, weil ein Vorschulkind und das Kindermädchen unachtsam mit Wunderkerzen umgingen. Auch hier war keine grobe Fahrlässigkeit erkennbar, urteilten das Berufungs- und das Revisionsgericht, weil es nicht zum Allgemeinwissen gehört, dass ein frisch geschlagener durch Funken in Brand geraten kann.

Nachdem in einem anderen Fall ein Adventsgesteck noch im Juni benutzt wurde und durch Kerzen Feuer fing, entschied das Gericht auf grob fahrlässiges Verhalten, weil dem Verursacher klar sein musste, dass das Gesteck bereits vollständig durchgetrocknet und damit besonders leicht entflammbar war.

Ein schuldhaft verursachter Wohnungsbrand kann im Mietrecht eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nach sich ziehen. Auch hier kommt es auf die genauen Umstände und die Schwere der Pflichtverletzung an. Im Zweifel muss der kündigende Vermieter beweisen, wie schwer das Verschulden des Mieters wiegt. Die fristlose Kündigung eines Mieters aber, der den Brand verschuldet hat, ist so unwirksam wie eine Mietminderung auf Null, nachdem die Wohnung durch einen vom Mieter verursachten Brand unbenutzbar geworden ist.

Mathias Münch

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