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Immobilien: Komfortabel und sparsam

Die Brennwerttechnik nutzt auch noch jene Energie, die im heißen Wasserdampf steckt

Niedertemperatur-, Tieftemperatur-, Vollbrennwerttechnik – wer sich heute eine neue, einige Tausende Euro teure Heizungsanlage anschaffen muss, sollte ein paar Zusammenhänge kennen.

Vor 40 bis 50 Jahren war die Welt noch einfach, aber das Heizen schwer. Einfamilienhaus-Zentralheizungen wurden meist per Kokskessel befeuert. In den 60er Jahren kamen die Ölheizungen auf, sie brachten mühelosen Komfort, denn sie fütterten sich selbst und hinterließen keine Asche. Gedanken um Heizkosten machte man sich das erste Mal nach dem Ölpreisschock 1973/1974. Doch die Anlagen arbeiteten weiter mit hoher Ausgangstemperatur im „Vorlauf“ zu den Heizkörpern hin.

Diese Kessel mussten auf hohe Innentemperaturen gebracht werden, damit die bei der Verbrennung entstehende Feuchtigkeit nicht kondensiert. Das hätte womöglich das Kessel-Metall, spätestens den anschließenden Abgaskamin zerstört. Hohe Temperaturen haben aber einen Nachteil: Ist die erwünschte Raumwärme erreicht, muss der Brenner abschalten. Später, wenn wieder Wärme im Haus gebraucht wird, zündet er erneut. Während der Stoppphasen kühlt er aus und muss sich erst wieder auf die hohe Temperatur bringen. Das sind Verluste, die man sich gern erspart.

Der Folgeschritt der Technik brachte deshalb den Niedertemperaturkessel, der aus korrosionsarmem Material besteht. Er verkraftet auch niedrigere Arbeitstemperaturen, was die Energieverschwendung verringert und bis zu 20 Prozent Brennstoff sparen kann. Solche Geräte förderten sofort die Entwicklung von Fußbodenheizungen, die eine weit geringere Vorlauftemperatur benötigen als Systeme, die mit herkömmlichen Heizkörpern arbeiten.

Vor gut 20 Jahren erfand Richard Vetter aus Dungelbeck bei Peine den Brennwertkessel – und wurde anfangs dafür verlacht. Mittlerweile ist diese Technik allenthalben anerkannt. Sie wird vielfach eingesetzt, weil sie den Brennstoff noch besser ausnutzt als ein Niedertemperaturkessel. Weitere sechs Prozent Ersparnis sind drin bei Ölfeuerung, bis zu elf Prozent bei Gas. Gegenüber Altanlagen kann der Verbrauch also insgesamt um 30 Prozent sinken, vorausgesetzt, der Rest der Heizung – also die Verteilung und die Heizkörper – passen dazu.

Die Zusammenhänge lassen sich erklären, ohne allzu tief in die Physik einsteigen zu müssen. Wichtig ist hierbei, dass Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas (Methan) nicht nur aus Kohlenstoff bestehen, sondern auch aus Wasserstoff. Und der verbrennt nicht zu Kohlendioxid, sondern zu Wasser.

Methan und Öl unterscheiden sich erheblich in der Menge dieser Wasserstoffatome. So ist das Methanmolekül aus einem Kohlenstoffatom gebildet, an dessen Bindungsarmen vier Wasserstoffatome sitzen. Das Heizöl-Molekül hingegen besteht aus einer Kette von Kohlenstoffatomen, von denen jedes einzelne nur zwei Ärmchen frei hat für Wasserstoff. Methan produziert bei seiner Verbrennung also etwa doppelt so viel Wasser wie es Heizöl vermag. Deshalb hat sich die Brennwerttechnik zunächst auf den Gasbetrieb konzentriert.

Die Brennwerttechnik nutzt auch noch jene Energie, die im heißen Wasserdampf steckt, der entsteht, wenn der Brennstoff in der Flamme umgesetzt wird. Das Prinzip dieses Vorgangs ist sogar beim Kochen nachvollziehbar: Nehmen wir einen Topf Leitungswasser und erhitzen es. Die Wassermoleküle nehmen die Energie auf und ändern ihren Aggregatzustand von flüssig zu gasförmig. Dampf entsteht. Sobald sich der Dampf abkühlen kann, kondensiert er – zum Beispiel auf kalten Fliesen in der Küche. Die erwärmt er dabei, denn bei der Rückkehr zur flüssigen Phase gibt das Wasser Energie an die Umgebung ab. Da man diese Wärmeabgabe aber nicht bemerkt, spricht man vom Vorhandensein „latenter Wärme“ im Dampf. Und die wird im Brennwertkessel ausgenutzt. Sie geht also nicht durch den Schornstein verloren. Im Gegenteil: Bei einem normalen Kessel muss die Abgastemperatur hoch genug sein, damit der Dampf nicht im Kamin kondensiert, sonst geht dieser kaputt. Im Brennwertkessel hingegen wird die von der Brennerflamme erhitzte Luft bewusst bis an die Kondensationsgrenze heran ausgenutzt. Die Energie der Flamme wird so gut ans Kesselwasser abgegeben, dass die Temperatur des Abgases nur noch etwa 70 Grad beträgt. Anschließend passiert das Abgas einen Wärmetauscher. Die darin wiederum aufgefangene Energie dient – je nach Technik – unterschiedlichen Zwecken. Bei der einen Vorgehensweise heizt sie das Rücklaufwasser vor, das ja mit kühlerem Wasser von den Heizkörpern in der Wohnung zurückkehrt. Ein anderes Verfahren nutzt sie dazu, die Frischluft vorzuwärmen, bevor sie der Verbrennung zugeführt wird. Auch das hält Energie im System zurück, weil Frischluft im Winter nun einmal kalt ist. Kann man sie schon auf etwa 20 Grad vorwärmen, ist die Temperaturspanne bis zur Flammenhitze geringer. Zusätzlich zum Brennwert-Wärmetauscher besteht auch das Abgasrohr daher aus zwei ineinander liegenden Leitungen. Innen wird das warme Abgas aus dem Haus gedrückt, außen gelangt Frischluft zur Heizung. Strömen beide Gase so dicht aneinander vorbei, wird Wärme von innen nach außen gereicht. Am Auslass beträgt die Temperatur des Abgases dann nur noch 30 bis 40 Grad. Dabei hat es auch den größten Teil seiner Feuchtigkeit verloren. Das beim Wärmetausch kondensierte Wasser kann in die Kanalisation abgeleitet werden.

Holt sich die Heizung die Verbrennungsluft gleich von draußen, saugt sie keine warme Luft mehr aus dem Inneren des Hauses an. Denn die wurde ja gerade erst vom Heizsystem erwärmt. Mit einem kombinierten Luft-/Abgas-System erspart man sich also weitere Verluste.

Gideon Heimann

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