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Immobilien: "Konkurs in Kauf nehmen"

Wie Bauträger sich auf Kosten von Handwerker bereichernVON RALF SCHÖNBALL U nseriöse Bauträger, die Eigenheime als Preisbrecher offerieren, nehmen bisweilen den Konkurs von Handwerkersbetrieben und Generalunternehmern bewußt in Kauf.Vor allem ausländische Unternehmen gehen solchen unseriösen Bauträgern auf den Leim.

Wie Bauträger sich auf Kosten von Handwerker bereichernVON RALF SCHÖNBALL U nseriöse Bauträger, die Eigenheime als Preisbrecher offerieren, nehmen bisweilen den Konkurs von Handwerkersbetrieben und Generalunternehmern bewußt in Kauf.Vor allem ausländische Unternehmen gehen solchen unseriösen Bauträgern auf den Leim.Betroffen sind auch niederländische Unternehmen, von denen wir in der vergangenen Woche berichtet hatten.Dazu befragte Ralf Schönball den Rechtsanwalt Josef Hermes, Partner in der Kanzlei Derks, Star, Busmann, Hanotiau. TAGESSPIEGEL: Ihren Hinweisen zufolge verfolgt Andrea Nobis, Geschäftsführer und Gesellschafter der Oranium Wohnungsbauträger GmbH unseriöse Geschäftspraktiken auf Kosten von Bauunternehmen.Inwiefern?HERMES: Er betätigt sich bei den zitierten Bauvorhaben in Roßlau und Leipzig sowohl als Bauträger als auch als Generalunternehmer (GU).In seiner Eigenschaft als GU holt er sich ausländische Partner ins Boot, die das Bauvorhaben vorfinanzieren.Sind die Häuser erstellt, verweigert er als Bauträger aufgrund von Baumängeln die Begleichung der Rechnung des GUs.Darauf geht der GU konkurs.Dann braucht er die Rechnung nicht zu begleichen.Das erhöht seinen Gewinn, weil der Käufer ja voll bezahlt hat. TAGESSPIEGEL: Und die Gerichte schreiten nicht ein?HERMES: In Deutschland haben Schuldner in Zivilverfahren fast die gleichen Rechte wie Angeklagte in Strafverfahren.Er wird erst zur Rechenschaft gezogen, wenn er für "schuldig" befunden wurde.Da sich bei Bauten, insbesondre bei Wohnparks, oft Fehler entdecken lassen, ist es ein Leichtes für Bauträger die Rechnung des GUs zu reduzieren.Bei Bauschäden von zwei Mill.DM kann er die Rechnung zum Beispiel um 6 Mill.DM reduzieren, also um das Dreifache.Wenn der GU vor Gericht klagt, führt das aufwendige Gerichtsverfahren erst nach drei bis vier Jahren zu einem Urteil.Das kann der Bauträger anfechten.Nach sieben Jahren kommt dann vielleicht das Berufungsgericht zu einem Urteil.TAGESSPIEGEL: Reine Verschleppungstaktik...HERMES: Zumindest hat der Bauträger hinreichend Zeit, sein Unternehmen finanziell ausbluten zu lassen.Außerdem droht dem Generalunternehmer der Bankrott, weil er sich solche Rückstände nicht leisten kann.Dann setzt der Dominoeffekt ein.Der GU kann seine Handwerksbetriebe nicht bezahlen.Die können ihre Arbeiter nicht bezahlen.Der Handwerksbetrieb geht pleite.Die Arbeiter werden arbeitslos.GU und Handwerker können ihre Steuern nicht bezahlen.Die Entlassenen beziehen Arbeitslosengeld.TAGESSPIEGEL: Und der Häuslekäufer?HERMES: Der kann sein Haus erst beziehen, wenn er dem Bauträger den Kaufpreis in voller Summe überwiesen hat.Wenn er einen Teil seines Geldes wegen aufgefundenen Mängeln zurückhaben will, muß er gegen den Bauträger klagen.Auch das dauert wieder viele Jahre.Der unseriöse Bauträger wendet dem Häuslebauer gegenüber ein, das Haus sei hervorragend.Er spricht mit gespaltener Zunge, weil er gegen den GU unter Hinweis auf die Beschwerde des Häuslekäufers einen weiteren Abzug von der Rechnung legitimiert.Die Beanstandung eines einzelnen Käufers gibt er als allgemeinen Mangel an allen errichteten Bauten aus. TAGESSPIEGEL: Sind Konkurse als strategische Mittel an der Tagesordnung?HERMES: An der Tagesordnung hoffentlich nicht, aber für einen unseriösen Bauträger ein überlegenswertes Instrumentarium.Diese Unternehmen werden in der Regel für ein paar Projekte gegründet und nach deren Erledigung wieder aufgelöst oder aufrechterhalten ohne nennenswertes Kapital.Ganz Große können sich das nicht leisten, weil sie einen Ruf zu verlieren haben.TAGESSPIEGEL: Woran erkennt man unseriöse Bauträger?HERMES: Vorsicht ist geboten, wenn das Stammkapital der GmbH gering ist, etwa nur 50.000 DM beträgt.Man kann auch fragen, welche Bauvorhaben in der Vergangenheit und mit welchen Generalunternehmern gebaut wurden.Häufig tun unseriöse Bauträger solche Fragen als unwichtig ab.Außerdem sollten Häuslekäufer das Recht in Anspruch nehmen, für Gewährleistungsfälle fünf Prozent der Bausumme zurückzubehalten.Der Bauträger verfährt gegenüber dem Generalunternehmer ebenso.

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