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Immobilien: Licht macht müde Menschen munter

Wenn sich die Sonne im Winter rar macht, sorgt richtig ausgewähltes Kunstlicht für gute Stimmung

Dass Blaulicht einen kräftigen Adrenalinschub auslösen kann, ist wohl jedem Autofahrer schon einmal aufgefallen. Doch Scherz beiseite – helles Licht mit einem höheren Blau-Anteil wirkt nachweislich anregend. Und wer die Erkenntnisse von Physiologie und Psychologie bei der Beleuchtung von Wohnräumen einsetzt, kann sein Wohlbefinden auch in der meist trüben Jahreszeit steigern.

Erst vor wenigen Jahren fanden amerikanische Mediziner heraus, dass unsere Augen auch Rezeptoren besitzen, die an der Steuerung des Wachbewusstseins beteiligt sind, berichtet Professor Paul W. Schmits. Der promovierte Elektroingenieur lehrt an der Fakultät für Architektur der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus jene Zusammenhänge, die bei der Lichtplanung vor allem in Museen und Ausstellungen zu beachten sind. Zudem ist Schmits als Leiter der Abteilung Lichtanwendung beim Berliner Leuchtenhersteller Semperlux in Marienfelde mit entsprechenden Forschungen befasst.

Das 1948 gegründete Unternehmen hat sich frühzeitig auf die Beleuchtung öffentlicher Bereiche spezialisiert. Es beschäftigt derzeit insgesamt rund 385 Mitarbeiter in Berlin, in Werken bei Nauen und Halle sowie in zwölf Vertriebsgesellschaften weltweit. Die Produktpalette reicht von Straßenleuchten bis hin zu Anlagen für Repräsentations- und Büroräume, wobei in Zusammenarbeit mit Architekten oft auch künstlerische Aspekte integriert werden. Die grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Lichtplanung gelten freilich überall, im Bundeskanzleramt zum Beispiel ebenso wie im privaten Eigenheim.

Kräftiges Licht mit Betonung der Blauanteile also. In der Natur herrscht es bei gutem Wetter vor allem um die Mittagszeit herum, sommers sogar von morgens bis in den Abend hinein – der Mensch ist wach und voller Tatendrang. Das liegt an eben jenen Sensoren, die ihre Signale an eine bestimmte Hirnregion weitergeben, an die so genannte Zirbeldrüse. Dann wird dort die Produktion des „Schlafhormons“ Melatonin gedrosselt. Sie kommt erst wieder in Gang, wenn abends das starke blaue von milderem roten Licht verdrängt wird: Der Mensch ermüdet und bereitet sich auf den Nachtschlaf vor. Unser Körper ist eben immer noch auf den Verlauf des Tageslichts mit seiner wechselnden Intensität und seinem Farbenspiel abgestimmt. Aber was, wenn im Winter viel zu wenig (blau-getöntes) Licht herrscht, wenn man morgens zu Haus oder am Arbeitsplatz gar nicht richtig wach wird? Dann müssen künstliche Quellen den Mangel beheben: Licht ist inzwischen sogar in der Schulmedizin als Therapie gegen Winterdepressionen anerkannt. Auch in der Psychologie sowie bei alternativen Heilmethoden gibt es (unterschiedliche) Verweise auf den Zusammenhang zwischen Farben und Stimmungen.

Dies im Hinterkopf, gingen wir in ein Büro des Semperlux-Hauses. Über mehreren Arbeitsleuchten schwebte ein Bereich blauen Lichts an der Raumdecke, und tatsächlich stellte sich schnell eine anregende Wirkung ein – selbst wenn man eine gehörige Portion Suggestion vom Eindruck abzieht. Die Leuchte – eine preisgekrönte Konstruktion, die in Zusammenarbeit mit dem Berliner Lichtplaner Michael F. Rohde entwickelt wurde – kann mit ihren roten, grünen und blauen Leuchtstoffröhren, die nur nach oben abstrahlen, programmgesteuert jene Farbmischungen nachbilden, die die Sommersonne im Tagesverlauf liefert.

Physiologie und Psychologie – warum sollte man solche Erkenntnisse nicht ausnutzen, wenn sie einen trüben Tag aufzuhellen vermögen? „Wer morgens ins Bad geht und da glimmt nur eine schwache Glühlampe, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er unter der Dusche fast wieder einschläft“, sagt Schmits. Hell muss das Licht dann sein, ruhig etwas „kühler“, also mit einem ordentlichen Schuss Blau.

„Blau-kaltes“ oder „rot-warmes“ Licht, „hartes“ und „weiches“ – alles Kriterien, mit denen man in Wohnräumen durchaus spielen kann, je nach Stimmung und dem gewünschten Effekt. „Hart“ empfundenes Licht kommt aus hellen Glühlampen, vor allem aus Niedervolt-Halogenspots. Es ist stark gebündelt, was auf unebenen Flächen und Körpern kräftige Schatten verursacht. So entsteht der Eindruck von Tiefe, die Kontraste lassen Details schärfer hervortreten. Sparsam verwendet, setzt dieses Licht gezielt Akzente in einem Raum.

Je größer die leuchtenden Flächen sind, desto diffuser wird das Licht, es wirft weniger Schatten, wirkt „weicher“, das Beleuchtete verliert an Tiefe, Oberflächen erscheinen glatter. Halogen-„Deckenfluter“, die ihre Leuchtkraft über helle Wände und Decken weit verteilen, haben eine solche Wirkung. Leuchtstofflampen mit „warmweicher“ Charakteristik ebenfalls. Beide eignen sich gut für Wohnräume, wenn es gilt, einen großflächigen Hintergrund auszuleuchten.

Auch die Helligkeit kann zur Veränderung der Raumcharakteristik eingesetzt werden, wobei allerdings erst eine Verzehnfachung des physikalischen Werts (gemessen in Lux) als Verdoppelung empfunden wird. Je heller es gleichmäßig im ganzen Raum ist, desto „öffentlicher“ wirkt er – eben wie ein Platz im hellen Sonnenlicht. Oder umgekehrt: Wer sich das Gefühl des Rückzugs in seine ganz private „Höhle“ verschaffen will, muss „Lichtinseln“ schaffen, „wie einst am Lagerfeuer“, macht Schmits anschaulich. Über einem Tisch etwa kann man eine etwas tiefer hängende Pendelleuchte verwenden.

Und wer sich das Licht zum entspannenden Lesen einstellt, darf es ruhig etwas spärlicher angehen lassen. Eine Leuchte mit einem kräftigen Schirm ist dabei besser als eine Schreibtischleuchte, die Arbeitsatmosphäre verbreitet. Der Schirm hüllt den Rest des Raumes in Schummerlicht – das hilft beim Konzentrieren auf die Lektüre.

Für jede Tätigkeit gutes Licht – das ist vom Stromverbrauch her übrigens gar nicht so teuer wie man fürchten mag. Es müssen nur genug unterschiedliche Lichtquellen vorhanden sein, damit man für den jeweiligen Zweck die richtige Auswahl treffen kann. Zudem helfen Stromsparlampen auf Leuchtstoffbasis – an den passenden Stellen eingesetzt – spürbar. In der Farbtönung unterscheiden sie sich nicht mehr von Glühlampen und mit speziellen Dimmern lassen auch sie sich auf die gewünschte Helligkeit einregeln.

Ebenfalls sehr sparsam arbeiten Leuchtdioden. Es gibt sie bereits als Strahler (aber mit deutlich geringerer Leuchtkraft als Halogen-Spots) sowie in farblicher Zusammensetzung, als modisches Effektlicht.

Gideon Heimann

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