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Alt gegen neu. Viele Mieter fürchten bei einer Modernisierung um ihre günstigen Wohnungen. Auch in Berlin finden sich wie hier viele sanierte neben unsanierten Häusern. Foto: dpa

© dpa-tmn

Immobilien: Luxus ist Ansichtssache

Nach einer Modernisierung darf die Miete steigen – aber nur in begründeten Fällen.

Viele Mieter in Großstädten fürchten um ihre günstigen Wohnungen. Straßenzüge werden aufwendig modernisiert, für die bisherigen Bewohner wird die Miete unbezahlbar, finanzkräftige Klientel zieht ein. Luxussanierung heißt das Schreckenswort. Was genau darunter zu verstehen ist, ist Auslegungssache. „Gesetzlich definiert ist der Begriff nicht“, sagt Gerold Happ, Jurist des Eigentümerverbands Haus und Grund Deutschland mit Sitz in Berlin.

Für Experten wie Happ und Hermann-Josef Wüstefeld vom Deutschen Mieterbund spielen persönliche Einschätzung und die Nachbarschaft eine Rolle. „Was ist in der Gegend Standard?“ lautet eine Orientierungsfrage. Der Einbau eines Marmortreppenhauses geht im exklusiven Villenviertel als Anpassung an den üblichen Standard durch. Genauso der goldene Wasserhahn, ein roter Teppich oder ein Spiegel im gepflegten Ambiente der Gründerzeit. In einer Gegend mit sehr niedrigen Mieten dürften die Bewohner auf so etwas wenig Wert legen. „Wenn sich dann noch die Miete verdreifacht, ist es Luxus“, erklärt Happ. Und der muss von den Mietern genauso wenig akzeptiert werden wie die daraus resultierende sogenannte Modernisierungsmieterhöhung.

Sie birgt das größte Konfliktpotenzial zwischen den Parteien. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) darf ein Vermieter elf Prozent pro Wohnung und Jahr aufschlagen, wenn er „bauliche Maßnahmen durchführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern“ oder Energie und Wasser einsparen (BGB § 559). Beispiel Badezimmer: Wird zusätzlich zur Badewanne eine Dusche eingebaut, steigt der Wohnwert – die höhere Miete geht folglich in Ordnung. Auch dann, wenn dem Mieter die Ausstattung des alten Badezimmers genügte und er die neue Dusche für überflüssig hält. Auch ein angebauter Balkon geht nach Ansicht des Berliner Landgerichts als Maßnahme durch, die den Wohnwert tatsächlich verbessert (Az. 65 S 285/09).

Das eingesetzte Material dient nach Meinung des Mieterbund-Fachmanns Hermann-Josef Wüstefeld auch als Gradmesser für Luxus. „Vernünftige Arbeiten ausgeführt mit außergewöhnlichem Material“ deuteten auf Luxus hin: zum Beispiel der Fußboden aus italienischem Marmor zum fünffachen Preis statt Laminat. Der Austausch eines PVC-Bodens gegen Laminat ist nach Ansicht des Amtsgerichts München jedoch „unzweifelhaft keine Luxussanierung“ (Az. 474 C 31317/09).

Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg wiederum stufte eine Edelstahl-Wasserleitung als Luxus ein, die eine intakte Leitung aus gängigem Material ersetzen sollte (Az. 14 C 561/05). In dem Fall durfte der Hausbesitzer von seinen Mietern keine Mehrzahlung verlangen. Eine edle Designerarmatur im Normalo-Bad als Ersatz für einen funktionierenden Hahn müssen Mieter ebenfalls nicht hinnehmen. „Es verbessert sich nichts. Daher wäre es eine Luxussanierung“, sagt Wüstefeld.

Trotzdem dürfen Vermieter hochwertiges, teures Gerät verwenden. Sofern es der Wirtschaftlichkeit dient, schränkt Gerold Happ ein. Gegen die Argumente Wartungsfreundlichkeit oder höhere Lebensdauer können Mieter daher wenig einwenden. Die Kosten dürfen in der Regel jedoch nur teilweise auf sie umgelegt werden. Gerichte unterscheiden zudem gelegentlich spitzfindig zwischen Luxus und luxuriös: Das Landgericht Hamburg bewertete zwar den Einbau von Mahagonifensterrahmen anstatt Rahmen aus Kiefernholz als luxuriös, aber nicht als Luxus, weil dem Mieter später das Streichen der Fenster von innen erspart blieb (Az. 11 S 268/85).

Zum Schutz der Mieter muss der Eigentümer Modernisierungen mindestens drei Monate im Voraus schriftlich ankündigen. Im Detail sind Dauer, Art und Umfang sowie Kosten und vor allem die voraussichtlich daraus resultierende Mieterhöhung aufzulisten. So können Mieter sorgfältig prüfen, was auf sie zukommt, und davon ihre Zustimmung abhängig machen.

Grundsätzlich dürfen Handwerker nur mit dieser Erlaubnis in die Wohnung kommen. Bei Zweifeln können Mieter der geplanten Modernisierung widersprechen. Dafür gibt es keine ausdrückliche Frist. Im eigenen Interesse sollten Mieter jedoch „nicht im letzten Moment den Mund aufmachen“, rät der Mieterbund.

Im Einzelfall geht es um unzumutbare Härten. Darunter fallen zum Beispiel finanzielle Schwierigkeiten infolge der Mieterhöhung, Krankheit oder seelische Belastungen. Oder schlichtweg unzulässige, die Miete nach oben treibende Luxussanierung. Aus finanziellen Gründen können Mieter zum Beispiel ablehnen, wenn sie wegen der dann teureren Wohnung auf Hartz IV angewiesen wären. Für alte oder kranke Menschen ist möglicherweise eine Modernisierung unzumutbar. In allen Fällen kann nach Angaben von Haus & Grund ein Sonderkündigungsrecht bestehen.

Der Mieterbund empfiehlt bei Problemen, mit dem Hauseigentümer zu sprechen, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Die könnte etwa sein, dass die Mieterhöhung weniger hoch ausfällt als ursprünglich geplant oder dass an der einen oder anderen Stelle gespart wird beim Modernisieren. (dpa)

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