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Ein freistehendes Einfamilienhaus ist immer noch der Traum vieler Deutscher.

© Andrea Warnecke/dpa

Miete oder Eigentum: Kaufen um zu bleiben

Abgesehen vom Finanziellen ist die Entscheidung für oder gegen Wohneigentum auch eine Typsache. Kaufen lohnt sich, wenn man den eigenen Lebensmittelpunkt gefunden hat.

Argumente für den Kauf einer Immobilie liest man zurzeit überall: Die Mieten steigen, Wohnungen sind knapp und die Kreditzinsen niedrig. Fürs Gesparte wiederum gibt es kaum Zinsen, was Betongold als Anlage noch attraktiver macht.

Doch lohnt sich der Schritt? Das hängt von den Kosten, der Lebensplanung und dem eigenen Typ ab.

Die Kernfrage lautet: Kann ich es mir leisten? Christiane Kienitz von der Verbraucherzentrale Hessen vergleicht hierbei zunächst die Ausgaben für Miete und Immobilie. Bei der Mietwohnung sind es die aktuelle Nettokaltmiete plus Nebenkosten und eine Sparrate. Bei der Immobilie fallen die Kreditrate, Nebenkosten, Wohngebäudeversicherung, Grundsteuer und eine Instandhaltungsrücklage an. Bei einer Eigentumswohnung kommt noch das monatliche Hausgeld hinzu.

Kienitz Erfahrung zufolge müssen bei einem Haus 250 bis 400 Euro, bei einer Wohnung um die 300 Euro zu den monatlichen Immobilienkosten hinzugerechnet werden. Fällt die erwartete Gesamtbelastung unter dem Strich ähnlich hoch aus wie die Warmmiete, ist das eine gute Ausgangslage für die Verwirklichung des Traums vom eigenen Heim.

"Bis zur Rente sollten die Schulden weg sein"

Jörg Sahr von der Zeitschrift „Finanztest“ betrachtet die Gesamtfinanzierung. Ein Grundstock an Eigenkapital ist für ihn ein unbedingtes Muss. Das eigene Budget sollte mindestens einen Teil des Kaufpreises und die Nebenkosten hergeben. Diese betragen je nach Höhe der Grunderwerbssteuer und zusammen mit der Maklercourtage zwischen 10 und 15 Prozent des Kaufpreises.

Um herauszufinden, wie hoch Kredit und Preis maximal sein dürfen, geht Sahr von der Bruttomiete aus: Auf zum Beispiel 800 Euro Miete packt er 300 Euro Spargroschen obendrauf, zieht 400 Euro Nebenkosten für das geplante Wohneigentum ab und bestimmt auf diese Weise 700 Euro Kreditrate pro Monate oder 8400 Euro im Jahr. Wie viel Kredit ein Käufer damit höchstens aufnehmen sollte, hängt ab vom Zinssatz und dem Zeitpunkt, wann der Kredit abbezahlt sein soll. „Bis zur Rente sollten die Schulden weg sein“, empfiehlt Sahr.

Um das zum Beispiel in 25 Jahren zu schaffen, muss der angehende Immobilienbesitzer aktuell mit einer Tilgung von drei Prozent jährlich beginnen: Betragen Zins- und Tilgungssatz zusammen fünf Prozent, reicht die Jahresrate von 8400 Euro für ein Darlehen über 168 000 Euro. Mit 81 000 Euro Eigenkapital sind sogar 249 000 Euro für Kauf und Nebenkosten drin.

In einem hohen oder gar überteuerten Kaufpreis steckt das Risiko eines Wertverlustes

Die Nettomiete hilft weiter, wenn es zu prüfen gilt, ob ein Kaufpreis realistisch ist. Dazu wird dieser durch die Höhe der Monatsmiete einer einer vergleichbaren Wohnung geteilt. Das kann auch die eigene sein.

„Je ungünstiger das Verhältnis, desto eher ist es ein Argument, weiter zur Miete zu wohnen“, erläutert Jörg Sahr. Vor allem in begehrten Lagen sei das Kaufpreis-Miete-Verhältnis für Käufer ungünstig: „Dort wird oft schon das 30-fache der Jahresmiete bezahlt. Das kann sich nicht rechnen.“ Sein Tipp: Mal in der zweiten Reihe nach einer günstigeren Immobilie suchen.

Max Herbst von der FMH Finanzberatung in Frankfurt am Main warnt, dass in einem hohen oder gar überteuerten Kaufpreis ein Wertverlustrisiko steckt:. „Das Objekt verliert wie das Auto schon beim Kauf an Wert.“ Wer teuer kauft, sollte also eine geringere Wertsteigerung erwarten. Und: „Ob ich in 30 Jahren viel mehr für meine Immobilie bekomme, als ich gezahlt habe, weiß ich nicht.“ Im Zweifel gilt die alte Regel für die drei Komponenten der Immobilienbewertung: Die Lage, die Lage und die Lage.

Trotzdem zieht Herbst unter den derzeitigen Bedingungen das Kaufen dem Mieten vor. Denn Mieter müssten zum einen regelmäßige Mieterhöhungen hinnehmen. Kalkuliert werden nach Angaben von Max Herbst zwei Prozent pro Jahr.

Zum anderen baue sich das Vermögen von Mietern auf lange Sicht langsamer auf, weil die kletternde Miete einen Teil der Rendite aus Geldanlagen auffrisst. Dagegen sinke die prozentuale Belastung der Immobilienkäufer im Laufe der Jahre. Diese könnten ihre zumutbare Belastung auch anhand des derzeitigen Nettoeinkommens ermitteln, wenn sie es wie die Banken betrachteten. Diese ziehen die Grenze bei 40 Prozent des Nettoeinkommens die Höhe der maximalen monatlichen Belastung.

Bin ich der Typ, der es lieber bequem mag und bei jedem Problem gleich den Vermieter anruft?

Ein freistehendes Einfamilienhaus ist immer noch der Traum vieler Deutscher.
Ein freistehendes Einfamilienhaus ist immer noch der Traum vieler Deutscher.

© Andrea Warnecke/dpa

Jenseits der finanziellen Fragen empfehlen Max Herbst und Verbraucherschützerin Christiane Kienitz, die eigene Lebenssituation in die Entscheidung für Kauf oder Miete einzubeziehen. „Ich würde heute kaufen, wenn ich meinen Lebensmittelpunkt gefunden habe“, sagt Herbst. Zehn Jahre sollte die Immobilie schon selbst genutzt werden, damit sich die Ausgaben rentieren und bei einem Verkauf die verauslagten Nebenkosten wieder hereinkommen. Steht alle paar Jahre ein Umzug an, spricht das eher für mieten.

Nach Einschätzung von Christiane Kienitz sollten sich Verbraucher auch vor einer Entscheidung selbst auf den Prüfstand stellen, weil die eigene Persönlichkeit eine Rolle spielt. „Bin ich der Typ, der es lieber bequem mag und bei jedem Problem gleich den Vermieter anruft. Oder bin ich bereit, mich selbst zu kümmern?“

Klassische Pflichten im Eigenheim sind zum Beispiel Rasenmähen und Schneeschippen – das muss nicht jeder Mieter tun, weil es grundsätzlich Sache des Vermieters ist. (dpa)

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