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Hohe Mieten sind so gar nicht Punk Rock, finden immer mehr Berliner. Immobilienexperten beruhigen: Die Mieten in der Hauptstadt steigen nur noch halb so hoch, wie im Vorjahr.

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Mieterstadt Berlin: Selten war Wohnungseigentum erschwinglicher

Der Immobilienverband Deutschland (IVD) bezeichnet Miet- und Kaufpreise in Berlin weiterhin als vergleichsweise günstig.

In Berlin steigen die Mietpreise – es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Münchner Verhältnisse auf dem Immobilienmarkt zu beklagen sind: Diesen Eindruck kann gewinnen, wer manche pauschalisierenden Aussagen zum Wohnungsmarkt in der Hauptstadt für bare Münze nimmt. Die Wirklichkeit ist differenzierter, wie vergleichende Betrachtungen des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) zeigen sollen, die am Donnerstag vorgestellt wurden. Danach ist eine Verlangsamung des Mietanstiegs spürbar. Bei den Quadratmeterpreisen für Eigentumswohnungen sind zwar immer noch Steigerungen zu verzeichnen. Doch sind sie im Durchschnitt immer noch preiswerter zu haben als in München, Hamburg, Frankfurt am Main oder Stuttgart.

„Die Mietpreissteigerungen fallen derzeit nur noch halb so hoch aus, wie das vor einem Jahr der Fall war“, sagte IVD-Vizepräsident Jürgen Michael Schick. Vor einem Jahr seien das acht Prozent gegenüber heute vier Prozent gewesen. Die teuersten Wohnimmobilien mit Nettomieten von bis zu 10,50 Euro kalt seien in Charlottenburg und in Mitte zu finden. Doch das sei eben nur ein Teil des Marktes. Noch immer seien in Berlin bei Neuvertragsabschlüssen Nettokaltmieten von fünf oder 5,50 Euro zu haben. In Standardlagen sei mit sieben Euro pro Quadratmeter (plus 4,5 Prozent), in Vorzugswohnlagen mit 8,50 Euro pro Quadratmeter (plus 3,7 Prozent) zu rechnen. Bei der Betrachtung der abgebildeten Mietenkarte Berlins zeigt sich, dass Gebiete mit sehr hoher Miete nur punktuell auftreten – bereits wenige Straßenzüge weiter zeigt sich ein anderer Teilmarkt.

Die Preise für Eigentumswohnungen sehen die IVD-Analysten in Berlin im Jahresvergleich weiterhin im Aufwärtstrend: Die Quadratmeterpreise für Wohnungen in Standardwohnlagen sind von 1400 auf 1550 Euro pro Quadratmeter angestiegen. Dies entspricht einem Plus von 10,7 Prozent. In beliebten Lagen ist der Schwerpunktkaufpreis von 1850 auf 2050 Euro pro Quadratmeter (plus 10,8 Prozent) angewachsen. Dass die Nachfrage in citynahen Gebieten dabei wesentlich höher ist als in Randlagen, versteht sich. Charlottenburg-Wilmersdorf liegt hier mit 3100 Euro pro Quadratmeter und Mitte mit 2400 Euro pro Quadratmeter an der Spitze; Neukölln sowie Marzahn-Hellersdorf und Spandau mit 1550 bzw. 1600 Euro pro Quadratmeter liegen am unteren Ende der Skala.

„Im Vergleich liegen die Quadratmeterpreise deutlich unterhalb der entsprechenden Niveaus anderer Großstädte in Deutschland“, sagte Schick, „nur in Bremen sind die Preise günstiger.“ Bedeutet das nun, dass, wer heute eine Eigentumswohnung kauft, diese in einem Jahr mit zehn Prozent Gewinn wieder verkaufen könnte? Das funktioniert nicht, sagt Jürgen Kriegisch, Geschäftsführer von Part-B-Immobilien, einem Tochterunternehmen der Skjerven Group.

Wer vor mehr als fünf Jahren ein Portfolio in Berlin erworben habe, für den sei der Zeitpunkt der Aufteilung derzeit gut. Momentan seien Objekte auf dem Markt, die nach dem „Run auf Wohnimmobilien“ seit 2008 erworben wurden. Heute aber seien die Preise für Mehrfamilienhäuser stark gestiegen: „Globalkäufe kommen heute en bloc teurer als Abverkäufe im Einzelverkauf“, sagte Kriegisch. Hinzu komme, dass nicht jede Wohnung „privatisierungsfähig“ sei. Die in den 50er, 60er und 70er Jahren vorherrschenden Bauweisen seien im Vergleich mit Gründerzeitbauten alles andere als ein Hit.

Gleichwohl: „Ich kann heute aufgrund der Zinsentwicklung fast zum Mietpreis kaufen“, sagte Kriegisch. Aber stimmt das mit Blick auf die Nettohaushaltseinkommen wirklich? Ja, sagt Schick, der Löhne und Gehälter mit dem Preisniveau beim Kauf von Eigentumswohnungen in ein indexiertes Verhältnis gesetzt hat: „Wir befinden uns auf einem historisch hohen Niveau, leicht unter dem des Jahres 2012“, sagte Schick. Das bedeutet: Wohnungen sind in Berlin sehr gut erschwinglich für den, der sich traut und es sich leisten kann. Zwanzig Prozent des Nettohaushaltseinkommens im Ostteil und 26 Prozent des Nettohaushaltseinkommens im Westteil müssen für den Erwerb von Wohneigentum derzeit im Durchschnitt aufgewandt werden – dem günstigen Zinsniveau sei Dank.

Überaus unzufrieden zeigte sich Schick mit der Immobilienpolitik des Berliner Senats und vieler Bezirke: „Es kann nicht sein, dass Baugenehmigungen zwei bis drei Jahre dauern“, sagte Schick, ohne konkrete Beispiele zu nennen. Helmut Kunze, Regionalleiter Berlin/Brandenburg NCC Deutschland, mutmaßte, dass manche Verzögerung dem Umstand geschuldet sei, dass die Freude an Berlinzuzüglern in manchen Bezirksämtern durchaus getrübt sei: „Schließlich müssen dann auch neue Infrastruktureinrichtungen geschaffen werden, Kitas und Schulen zum Beispiel. Der Flaschenhals, der da kreiert ist, ist für die Gesamtstadt aber keine Antwort.“

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