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Untervermietung darf vertraglich nicht prinzipiell ausgeschlossen, kann aber von der Erlaubnis des Vermieters abhängig gemacht werden. Die darf er nur dann verweigern, wenn in der Person des Untermieters ein "wichtiger Grund vorliegt. Der Mieter muss ein berechtigtes Interesse für die Untervermietung nachweisen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Mietrecht: Auf der Suche nach dem gläsernen Untermieter

Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte erfragt mit Formularen Aufenthaltsstatus und Beruf.

Patrick Müller hat ein Problem. Er hat seit einem Jahr eine 2-Zimmer-Wohnung in Friedrichshain gemietet. Weil er finanziell auf etwas wackligen Beinen steht und gerne in einer Klein-WG wohnen möchte, bat er seine Vermieterin um eine Erlaubnis zur Untervermietung. Doch die kommunale Wohnungsbaugesellschaft WBM verweigert Müller das gesetzlich verbriefte Recht nach Paragraf 553 BGB. Danach kann der Mieter nach Abschluss des Mietvertrags verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt. Was einfach klingt, ist es aber nicht. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (Claim: „Finde Deine Mitte“) hat an Müller viele Fragen und verlangt eine „Selbstauskunft des angefragten Mitbewohners“. Gefragt wird – unter anderem – nach anhängigen Räumungsklagen, Berufstätigkeit, Staatsangehörigkeit, derzeitigem Vermieter, fristlosen Kündigungen, Vermieter und „Aufenthaltstitel“. Geht das zu weit? Ist das ein Politikum?

Müller findet, diese detaillierten Fragen müssen nicht beantwortet werden. Nachdem er – zunächst erfolglos – den Berliner Mieterverein eingeschaltete, hat er nun Klage beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg eingereicht. Verweigert der Vermieter nämlich die Zustimmung, kann der Mieter seinen Anspruch auf Untervermietung gerichtlich einklagen. Die Vertreter der WBM verweisen auf die Rechtslage, die aber interpretationsbedürftig ist.

„Der Vermieter kann die Zustimmung unter anderem dann versagen, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für eine Ablehnung vorliegen würde“, sagt Thomas Grabig, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Dies sei auch der Grund dafür, dass der Vermieter vor der Zustimmung Auskünfte über den Untermieter verlangen könne. „Im Übrigen ergibt sich daraus auch, dass die Zustimmung eben nur für diese bestimmte Person erteilt wird und keine Generalzustimmung für eine solche Gebrauchsüberlassung eines Teils des Wohnraumes erteilt wird“, sagt der Berliner Rechtsanwalt auf Anfrage.

Unstrittig ist wohl, dass der Mieter im vorliegenden Fall ein berechtigtes Interesse an der Untervermietung nachweisen kann und dieses nach Abschluss des Mietvertrages entstanden ist. Die Kosten für Müllers Wohnung wurden bei Vertragsabschluss zunächst vom Jobcenter übernommen. Die Miete für knapp 57 Quadratmeter beträgt 555,43 Euro. Nun möchte Müller aber nicht mehr alleine wohnen und sich einen Teil der Wohnkosten nebst Kosten für Internet, Versicherung, Reinigung und weiteres mit einer Untermieterin teilen. „So wie sich der Fall für mich nach den vorliegenden Angaben darstellt, dürfte der Anspruch des Mieters auf Zustimmung auch gegeben sein. Insbesondere dürfte hier einer der typischen Fälle vorliegen, dass nach Abschluss des Mietvertrages sich die Verhältnisse des Mieters so geändert haben, dass er eine weitere Person in der Wohnung aufnehmen möchte“, sagt Grabig.

Der Berliner Mieterverein schrieb an die WBM: „Das berechtigte Interesse Herrn Müllers an der Untervermietung besteht darin, die laufenden Kosten wie etwa Miete und Strom teilweise abzufangen. Er hat inzwischen einen Job gefunden, so dass er die Miete nun selbst tragen muss.“ Das berechtigte Interesse muss Müller im Streitfall belegen können; es wird aber von den Gerichten weit gefasst.

„Häufige Fälle sind jene, in denen der Mieter nach Vertragsschluss in eine Situation gerät, in der er die Miete allein nicht mehr oder nur unter erheblichen Mühen aufbringen kann oder aufgrund beruflicher Entwicklungen die Wohnung nicht mehr im bisherigen Umfang benötigt“, sagt Grabig.

Die Kommentare zur Rechtsprechung sind lückenhaft

Die WBM antwortete auf Müllers Antrag auf Untervermietung am 7. August mit Hinweis auf den einschlägigen Paragrafen 553 BGB und lässt auch den BGB-Paragrafen 540 („Gebrauchsüberlassung an Dritte“) nicht unerwähnt. Hier wird geregelt, dass der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt ist, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen. Das allerdings ist gar nicht geplant, wie aus dem Antrag auch hervorgeht. Insofern Paragraf 540 BGB verhindern will, dass dem Vermieter eine Person als neuer Mieter aufgedrängt wird, mit der er keinen Mietvertrag hat und die er nicht haben will, ist dieses Gesetz im konkreten Fall unbrauchbar: Es soll ja kein neues Vertragsverhältnis mit der WBM eingegangen werden.

Ein Berliner Richter, der sich aus dienstrechtlichen Gründen nicht zur Einordnung des Falles in der Presse äußern darf (er ist dem Tagesspiegel aber namentlich bekannt), findet, dass die WBM sich nicht dafür zu interessieren hat, welchen Aufenthaltsstatus der Untermieter hat und welchem Beruf er – oder sie – nachgeht. Die gängigen Kommentare in der Rechtsprechung sollten aber zu den angesprochenen Fragen etwas „aufrüsten“ und Haltung einnehmen, findet der Richter. Er meint damit Antworten auf die Frage, was der Vermieter fragen darf und was der Datenschutz dazu sagt. Die Rechtslage sei hier „nicht gesichert“. Zumal: „Wenn er von vornherein nicht richtig zahlen konnte, ist die gesetzliche Vorgabe nicht erfüllt.“

Die WBM wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern.

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