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Die Bauarbeiten für die Reihenhäuser und Geschosswohnungen haben im Oktober 2016 begonnen.

©  Gerd W. Seidemann

Neubauprojekt "Mein Falkenberg": Kraft tanken mit Quartier-Strom

Im nordöstlichen Lichtenberg entsteht ein neues Viertel mit rund 1200 Wohneinheiten – eines der größten Bauprojekte der Hauptstadt.

Gewiss, dort draußen ist weder Prenzlauer Berg noch Dahlem. Doch wohnen lässt es sich im nordöstlichen Lichtenberg, hart an der Grenze zu Brandenburg, durchaus. Die S-Bahn-Anbindung in die Berliner City liegt vor der Tür, und auch sonst ist die Infrastruktur passabel. Nicht zuletzt wird auch das so oft geforderte „bezahlbare Wohnen“ im Großprojekt „Mein Falkenberg“ für viele Menschen möglich gemacht. Derzeit wachsen im ersten Bauabschnitt Reihenhäuschen und Geschossbauten heran. Ein zweiter und dritter Abschnitt sollen bis 2022 fertiggestellt sein.

Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Gesobau, Gewobag und Howoge haben das Projekt im vergangenen Jahr von einem Bauträger für rund 245 Millionen Euro erworben. Die Miete von etwa der Hälfte der geplanten 1250 Wohneinheiten wird vom Land gefördert werden.

Ein „Netto“-Supermarkt steht bereits auf der grünen Wiese vor dem 130 000 Quadratmeter großen Baufeld und erfreut sich insbesondere bei den Bauarbeitern großer Beliebtheit. „Na, wenn die neuen Häuser alle bezogen sind, geht's hier richtig rund“, sagt eine Kassiererin und wischt sich den vorerst imaginären Schweiß von der Stirn. Der Discounter ist jedoch nicht das einzige Anzeichen von Infrastruktur an der Ausfallstraße ins Brandenburgische. Am nahen Bahnhof Ahrensfelde haben sich etwas versteckt eine Apotheke, Gabi's Brotkörbchen, ein Piercing- und Tatoostudio eingerichtet sowie ein Unternehmen, das Touren durch Berlin im Lamborghini anbietet. Was der Mensch halt so braucht. Angesichts dieser Mischung muss einem jedoch nicht bang werden, denn auch das Bibelcenter Berlin der Freien Gemeinde Marzahn ist gleich nebenan, eine „frei messianisch evangelisch überkonfessionelle Gemeinschaft von Gläubigen“, die sich konservativ nach der Heiligen Schrift richtet.

Nettokaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter

Vom privaten Investor in die öffentliche Hand – ganz unüblich ist es dieses Verfahren beim Bauen nicht. Es geschieht jedoch nicht alle Tage, dass sich gleich drei landeseigene Wohnungsbaugesellschaften zusammenfinden, um ein Projekt gemeinsam zu übernehmen. Und bei genauer Betrachtung ist es so auch nicht, denn diese drei kommunalen Unternehmen haben sich das „Falkenberg“ durchaus sauber aufgeteilt.

Projektentwickler und Bauträger des gesamten Neubauprojekts ist die BWBG Berliner Wohnbau GmbH & Co. KG. Bis vor Kurzem war dieses Unternehmen ein Joint Venture der CD Deutsche Eigenheim AG und der Interhomes AG. In der vergangenen Woche teilten die beiden Partner allerdings mit, die Interhomes habe den Anteil der CD Deutsche Eigenheim an dem Neubauprojekt „Mein Falkenberg“ erworben und übernehme damit die Berliner Wohnbau zu 100 Prozent. Die Transaktion stehe jedoch noch unter dem Vorbehalt einer Zustimmung der Hauptversammlung der CD Deutsche Eigenheim AG am 13. November sowie unter einem Finanzierungsvorbehalt, sagt Eigenheim-Sprecher Jaroslaw Plewinski.

Alles im Plan. Projektentwickler und Bauträger des gesamten Neubauprojekts ist die „BWBG Berliner Wohnbau GmbH & Co. KG“.
Alles im Plan. Projektentwickler und Bauträger des gesamten Neubauprojekts ist die „BWBG Berliner Wohnbau GmbH & Co. KG“.

©  Gerd W. Seidemann

Im ersten Bauabschnitt werden für die Gewobag auf dem westlichsten, 71 405 Quadratmeter großen Grundstücksteil 607 Wohneinheiten errichtet. Entlang der öffentlichen Straßen entstehen Wohnungen im Geschosswohnungsbau, auf den dahinter liegenden Flächen Reihenhäuser mit Wohnungsgrößen zwischen 82 und 124 Quadratmetern. Die 110 Einfamilienhäuser sollen angeblich bis Ende 2018 fertiggestellt werden, wer sich jedoch auf der Baustelle umschaut, sieht Umzugswagen womöglich erst im Frühjahr rollen. Die geplanten 318 Wohnungen in Mehrfamilienbauten befinden sich noch in der Rohbauphase. Sie sind als Viergeschosser plus Staffelgeschoss geplant. Nach Angaben der Gewobag werden 40 Prozent der Einheiten als geförderter Wohnraum an WBS-Berechtigte für eine Nettokaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter vergeben. Und schenkt man der jüngsten Ankündigung von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) Glauben, werden die übrigen Wohnungen zu Mieten von durchschnittlich unter 10 Euro pro Quadratmeter angeboten.

Nachhaltiges Energiekonzept für die gesamte Wohnanlage

Östlich wird sich der zweite Bauabschnitt anschließen, den die Gesobau erworben hat. Auf dem mit rund 36 600 Quadratmeter kleineren Grundstücksteil sollen 142 Reihenhäuser, 202 Wohnungen im Geschosswohnungsbau sowie 244 offene Stellplätze entstehen. Für den Geschosswohnungsbau war der Baubeginn im Frühjahr 2018 geplant, wirklich zu sehen ist derzeit jedoch noch nichts; die sich anschließenden Bauabschnitte mit Reihenhäusern sollen bis Mitte 2020 fertig gestellt sein. Hier soll die Hälfte der Wohneinheiten im Förderprogramm vermietet werden.

Die Howoge Wohnungsbaugesellschaft komplettiert die Entwicklung in Falkenberg mit dem Erwerb des dritten Bauabschnitts, in dem 289 Wohneinheiten, davon 66 Reihenhäuser und 151 oberirdische Stellplätze entstehen sollen. Auch hier war der Baubeginn in diesem Jahr vorgesehen, doch außer einem Bauschild der Berliner Wohnbau deutet noch nichts darauf hin. Derweil erfreut sich das freie Gelände weiter als Hundeauslaufgebiet. Nach Fertigstellung soll auch die Hälfte dieses dritten Abschnitts im östlichen Bereich des Baufelds als geförderter Wohnraum vermietet werden.

„Geplant ist ein kleiner, neuer Stadtteil, der Elemente des städtischen und ländlichen Wohnens verbindet“, heißt es in einer Mitteilung der Bauherren. Zentral ist ein kleiner Stadtplatz vorgesehen, an dem die Häuser im Erdgeschoss Gewerbeflächen aufweisen, die kleinteilig vermietet werden sollen. In der Blockrandbebauung werden Mietwohnungen mit 1,5 bis 3 Zimmern und Wohnflächen zwischen 42 und 73 Quadratmetern entstehen. Für die gesamte Wohnanlage wird ein nachhaltiges Energiekonzept entwickelt. Geplant ist die Versorgung mit Strom und Wärme durch ein Blockheizkraftwerk mit moderner Kraft-Wärme-Kopplung. Ebenfalls gehört dazu eine Photovoltaikanlage. Der umweltfreundlich erzeugte Strom wird den Mietern als Quartier-Strom angeboten.

Ein neuer Stadtteil auf dem Lande

Ursprünglich zielte das Bauprojekt auf ein zahlungskräftiges Publikum, das sich jedoch nicht interessiert zeigte. Stadtrandlage? Weder schick noch renditeträchtig. Erst durch den Schwenk des Bauträgers auf „bezahlbare Mieten“ fand Anklang. Das Übernahmeangebot der Landeseigenen erschien dann 2017 finanziell ausreichend attraktiv. Zudem war der Verkauf im Paket an einen „risikofreien Käufer“ verlockend, wie der Vorstand der Berlin Wohnen seinerzeit sagte.

Falkenberg ist ein Ortsteil von Lichtenberg, wurde mit der Gründung von Groß-Berlin im Jahr 1920 in die heutige Hauptstadt eingemeindet. Während im südlich angrenzenden Marzahn in den 1980er Jahren die markante Großsiedlung errichtet wurde, blieb Falkenberg davon unberührt. Die Bebauung ist weitgehend kleinteilig mit viel Grün. Östlich schließt sich die offene Landschaft des Barnim an.

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