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Leipziger Platz 12. Für 450 Millionen Euro soll dort bis 2013 ein Einkaufscenter mit über 50 000 Quadratmetern Verkaufsfläche und über 200 Geschäften entstehen. Da Berlin bereits über 60 Shoppingcenter hat, warnen Experten vor einem Überangebot. Foto: Rainer Jensen dpa/lbn

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Immobilien: Neue Shoppingcenter bis zum Ausverkauf

Nach den großen werden nun die mittelgroßen Städte zugebaut.

Riesige Baugrube im Herzen Berlins: Nach jahrelangem juristischen Tauziehen wird am Leipziger Platz ein weiteres Shoppingcenter hochgezogen. Dort, wo einst mit Wertheim das größte Warenhaus Europas stand, entsteht jetzt auf einer Fläche von rund drei Fußballfeldern neben Wohnungen eine überdachte Einkaufsmeile mit knapp 200 Geschäften. Bis 2013 soll das 450-Millionen-Projekt fertig sein. Fast fünf Millionen Quadratmeter Verkaufsfläche hat die eigentlich eher arme Hauptstadt schon. Rund 600 000 Quadratmeter zu viel, warnen Experten.

Und der Komplex auf historischem Grund am Leipziger Platz ist in Berlin nicht der einzige, der soeben entsteht. Mindestens fünf weitere neue Einkaufsgalerien sind noch in Planung oder schon im Bau. Gut 60 Shoppingcenter hat Berlin bereits für seine knapp 3,5 Millionen Einwohner, mehr als alle anderen deutschen Großstädte.

Berlin ist aber eher die Ausnahme. Anderswo hat sich der Boom der Einkaufszentren längst gelegt. In diesem Jahr sind bundesweit gerade mal 18 neue Komplexe geplant. In den 90er Jahren entstanden viele dieser Konsumpaläste auf der grünen Wiese, vor allem im Osten. 1995 gab es einer Studie des Einzelhandelsinstituts EHI noch 179 Einkaufscenter, mit den neuen Projekten dürften es in diesem Jahr 444 werden. Doch die Projektentwickler haben nicht mehr so sehr die Metropolen im Visier. Jetzt wird eher für die kleineren und mittelgroßen Städte geplant.

„Gerade in den größeren Städten ist ein Sättigungsprozess zu beobachten“, erklärt EHI-Geschäftsführer Marco Atzberger. Dort gebe es neben den Centern auch attraktive Einkaufsstraßen oder Warenhäuser. In vielen kleineren Städten hingegen wünschen sich die Verantwortlichen sogar die Ansiedlung solcher Konsumtempel und erhoffen damit eine Aufwertung ihrer Stadtzentren. Atzberger nennt als Beispiel die Stadt Leer in Ostfriesland, wo eine neue Einkaufspassage die Abwanderung der Kunden nach Emden, Papenburg oder Oldenburg verhindern soll.

Oft regt sich aber auch heftiger Widerstand gegen solche Projekte, die in kleineren Städten sehr dominant sein können. Alteingesessene Einzelhändler haben da oft das Nachsehen und geben auf. Kritiker fürchten meist eine Monostruktur und Verödung. „Daher“, sagt Atzberger, „ist es wichtig, dass solche Komplexe gut in das bestehende Stadtumfeld integriert werden.“ Der Hamburger Projektentwickler ECE, der als Marktführer bisher in Deutschland gut 70 Center baute, führt hingegen Kaiserslautern als Beispiel an. Dort votierten nach langen Debatten die Wähler per Bürgerentscheid für ein neues Shoppingcenter auf dem Gelände eines leer stehenden Karstadt-Hauses. Oft gehe es mehr um die Frage des „Wie“, betont ECE-Sprecher Christian Stamerjohanns. Da stünden Größe, Architektur und Branchenmix im Vordergrund.

Norbert Portz vom Städte- und Gemeindebund plädiert dafür, dass sich die Kommunen untereinander abstimmen. „Vielfach entstehen auch neue Einkaufsflächen, wo gar nicht genügend Kaufkraft sitzt“, kritisiert der Stadtentwicklungsexperte. Der Ruf eines Investors sei für viele Kommunen verlockend. Solche Projekte dürften aber nicht zur Verdrängung des bestehenden Einzelhandels führen. Insbesondere kleinere Geschäfte fühlten sich bedrängt, wollten jedoch auch nicht unbedingt immer in ein Shoppingcenter einziehen wegen langer Laufzeit von Mietverträgen und Vorgaben der Centerleitung.

Doch bereichern die Einkaufszentren wirklich die Innenstädte? Tatsächlich erscheinen sie oft in ihrem Branchenmix austauschbar. Zu den 122 Millionen bestehenden Quadratmetern Verkaufsfläche kommen zudem jedes Jahr laut Handelsverband HDE eine Million Quadratmeter hinzu. (dpa)

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