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430.000 Neubauwohnungen werden pro Jahr nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln benötigt. Zum Teil gibt es für sie nur temporären Bedarf – viele Flüchtlinge könnten nach 10 bis 15 Jahren zurück in ihre Heimatländer ziehen. 

© A. Burgi/dpa

Neue Zahlen: "Die Städte müssen wachsen"

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln konkretisiert den Baubedarf bis 2020 mit neuen Zahlen und weist auf Baulandmangel hin. Die Forscher verneinen aber die Gefahr einer Immobilienblase.

„In vielen Städten Deutschlands hinkt der Neubau dem Bedarf deutlich hinterher. Um den Neubau anzukurbeln ist eine Entbürokratisierung erforderlich und die Baukosten dürfen nicht weiter steigen", sagte Christoph Gröner, Vorstandsvorsitzender der CG Gruppe AG, in dieser Woche auf der Jahresauftaktveranstaltung seines Unternehmens in Berlin und sieht sich mit den Branchenvertretern auf einer Linie. Auch die Wirtschaftsforscher stimmen inzwischen ein und weisen auf den immer offensichtlicher werdenden Mangel an Wohnraum hin.

Um dem signifikant gestiegenen Baubedarf nachzukommen, helfe mehr Geld alleine nicht, sagte Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Geld sei auf dem Markt der Projektentwickler in ausreichendem Maße vorhanden. Voigtländer präsentierte auf der Veranstaltung neue Zahlen zum Wohnraumbedarf und der demografischen Entwicklung.

Vor allem seien mehr Flächen und eine bessere Auslastung vorhandener Flächen in Ballungszentren nötig, sagte Voigtländer. In vielen Städten Deutschlands hinke der Neubau dem Bedarf deutlich hinterher – besonders in Berlin. Und die Flüchtlingszahlen sind hier nicht einmal eingerechnet.

Zinswende erst in den 20er Jahren des Jahrhunderts erwartet

Die Gefahr einer spekulativen Blase auf dem deutschen Immobilienmarkt verneinte Voigtländer: „Es wird mit sehr viel Eigenkapital operiert.“ Die enorme Nutzernachfrage sei ein weiterer Grund, warum keine Preisblase vorliege. Die Kreditbestände für Wohnungskäufe seien in Deutschland zudem deutlich weniger stark als in der übrigen Eurozone, insbesondere Spanien und Irland, gestiegen.

Mit durchschnittlichen Wohnnutzerkosten von aktuell 4,60 Euro pro Quadratmeter für Selbstnutzer und 6,80 Euro pro Quadratmeter für Mieter sei Wohneigentum, trotz der über die letzten fünf Jahre kontinuierlich gestiegenen Wohnungspreise, die günstigere Alternative in Deutschland. „Die Selbstnutzerkosten sind gesunken – das liegt an den Zinsen“, sagte Voigtländer. Eine Zinswende sei noch nicht in Sicht: „Das wird sich bis in die zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts noch weiter durchziehen.“

Demografische Prognosen, die bisher von einem Bevölkerungsrückgang in Deutschland ausgegangen sind, müssen dem IW Köln zufolge revidiert werden. „Alle Szenarien ändern sich rasant schnell, die Städte müssen wachsen“, sagte Voigtländer mit Blick auf den Flüchtlingszuzug. So würden im Jahr 2020 in Deutschland schätzungsweise mehr als 83 Millionen Menschen leben, wahrscheinlich sogar noch mehr.

Hoher Neubaubedarf in Berlin, Köln und Frankfurt

Während sich daraus für Berlin der Neubaubedarf von 20.000 Wohnungen pro Jahr bis 2020 ergebe, seien im Jahr 2014 lediglich rund 8700 neue Wohnungen fertiggestellt worden. Auch in den anderen Städten Deutschlands ergibt sich ein sehr hoher Neubaubedarf. In Köln und in Frankfurt am Main sind es 6200 Wohnungen jährlich. Fertiggestellt wurden 2014 in Köln 3824 Wohnungen und in Frankfurt 4418 Wohnungen.

Den Baubedarf schätzte Voigtländer auf 400.000 bis 430.000 Wohnungen bundesweit. „Aktuell könnten wir nur zwanzig Prozent des Wohnungsbedarfs für Flüchtlinge abdecken, wenn sie in allen Regionen mit Leerstand unterkommen würden.“

Zu den Baulandflächen präsentierte das IW Köln Verlaufskurven, die zeigen, dass sich die absoluten Zahlen über die vergangenen Jahre betrachtet auf einer Höhe bewegen. „Die Politik nimmt den einfachen Weg und verfügt eine Mietpreisbremse“, kritisierte Voigtländer. Doch das löse das Problem nicht und könne gefährlich werden: „Dass wir so stark in den Markt eingreifen und das versuchen durch Förderung zu heilen, das hat zu früheren Zeiten wirklich zu einer Blase geführt.“

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