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Immobilien: Nur im Notfall

Will der Eigentümer ohne Einverständnis in die Wohnung des Mieters, braucht er dafür schon einen triftigen Grund

Manche Vermieter der alten Schule stehen alljährlich zum Jahreswechsel bei ihren Mietern mit einer Flasche Sekt oder Wein in der Haustür – zumindest solange der Mieter brav seinen Mietzins zahlt. Andere unangekündigte Vermieterbesuche beschäftigen eher Polizei und Gerichte, und zwar als Hausfriedensbruch. Kein Mieter muss es sich bieten lassen, dass der Vermieter urplötzlich im Wohnzimmer steht, „um mal den neuen Anstrich zu überprüfen“ oder „um den neuen Untermieter kennenzulernen“.

Eigenmächtig darf sich der Vermieter nur Zugang zu Mieträumen verschaffen, wenn Gefahr im Verzuge ist. Das ist zum Beispiel bei einem Wasserrohrbruch oder einem Schwelbrand der Fall, wenn der Mieter außer Haus ist. „Aufbrechen darf der Vermieter die Wohnung in Dringlichkeitsfällen nur, wenn er die Polizei oder die Feuerwehr hinzuzieht“, schränkt der Essener Fachanwalt Norman Spreng ein. Andernfalls liegt Hausfriedensbruch vor. Wer in die Wohnung eines anderen „widerrechtlich eindringt, oder wer, ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft“, heißt es in Paragraf 123 des Strafgesetzbuches.

Den Rechten des Vermieters, seine Mietimmobilien zu betreten, setzt der Gesetzgeber also enge Grenzen – auch wenn der Besuch angekündigt ist. Als Gründe für eine Besichtigung gelten neben der Abwehr von Gefahren: Der Vermieter will behauptete Mängel überprüfen oder sich vom Zustand der Wohnung ein Bild machen. Oder die Immobilie soll neu vermietet oder verkauft werden. Ein weiterer Fall: Es besteht Verdacht, dass die Wohnung vertragswidrig genutzt wird, etwa zur Prostitution. Außerdem dürfen Eigentümer oder Verwalter nach Absprache ins Haus, um Messeinrichtungen abzulesen, wenn vor einer Mieterhöhung ein Sachverständiger die Räume inspizieren muss oder wenn eine Sanierung oder Modernisierung ansteht. „Eine allgemeine Besichtigung wird in Abständen von ein bis zwei Jahren als zulässig erachtet“, so Norman Spreng. So entschied auch das Landgericht Berlin (Aktenzeichen LG Berlin, MM, 2004, 125).

Oft entzündet sich Streit, wenn der Eigentümer die Immobilie verkaufen will und scharenweise Interessenten durch die noch bewohnte Wohnung lotsen möchte. Der Mieter muss dafür sorgen, „dass die Mietwohnung während der ortsüblichen Besuchszeit vom Vermieter und den Kauf- oder Mietinteressenten besichtigt werden kann“, so Spreng. Als ortsüblich gelten die Zeiten von wochentags 10 Uhr bis 13 Uhr sowie von 15 Uhr bis 18 Uhr. Es reiche aus, wenn der Mieter einmal wöchentlich für drei Stunden die Besichtigung ermöglicht.

Vom Besuchstermin muss der Mieter 24 Stunden vorher erfahren, bei berufstätigen Mietern kann die Frist auch vier Tage betragen. Ungelegene Termine darf der Mieter ablehnen. Den Besuch anmelden dürfen nur Vermieter oder Bevollmächtigte. Handwerker, Makler oder Kaufinteressenten, die sich selbst ankündigen, muss der Mieter nicht ins Haus lassen. Ein Aushang im Treppenhaus genügt nicht als Ankündigung. Ausnahme: Der Schornsteinfeger kommt.

Verweigert der Mieter generell den Zugang zur Wohnung, darf der Vermieter sich keinesfalls eigenmächtig Zugang verschaffen – außer bei Gefahr im Verzug (OLG Köln, WM 77, 173). Allerdings kann der Vermieter bei Gericht ein Urteil oder eine einstweilige Verfügung erwirken (LG Berlin, WM 80, 185). Betritt der Vermieter ohne Not, ohne Erlaubnis und ohne Wissen des Mieters die Wohnung, begeht er Hausfriedensbruch. Der Mieter kann den Mietvertrag dann fristlos kündigen, entschied das Landgericht Berlin (LG Berlin, WM 99, 332).Literatur: Norman M. Spreng: Rechte und Pflichten des Mieters, dtv nomos, 2005, 234 Seiten, 8,90 €, ISBN 3423580704.

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