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Immobilien: Ost gleich West: Die Grundsteuer wird reformiert Nach einem Machtwort des Bundesfinanzhofs diskutieren Bund und Länder drei neue Modelle

Die Grundsteuer wird reformiert, und die bange Frage kommt zuerst: Wird es teurer, und für wen? Die Finanzminister von Bund und Ländern müssen auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs reagieren, das die bisherige Besteuerung als Verstoß gegen das Gleichheitsgebot brandmarkt.

Die Grundsteuer wird reformiert, und die bange Frage kommt zuerst: Wird es teurer, und für wen? Die Finanzminister von Bund und Ländern müssen auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs reagieren, das die bisherige Besteuerung als Verstoß gegen das Gleichheitsgebot brandmarkt. Die obersten Steuerrichter hatten im August erklärt, dass allen nach dem 1. Januar 2007 erteilten Steuerbescheiden die verfassungsrechtliche Grundlage fehlt (AZ: II R 60/08). Der Tipp an Betroffene lautet wie bei allen Steuersachen: Nur wer Einspruch erhebt, kann später Nachbesserung verlangen.

Die Besteuerung von Grundbesitz fußt auf dem fiktiven Einheitswert einer Immobilie – nicht zu verwechseln mit dem Verkehrswert, der den Marktwert eines Hauses wiedergibt. Der Einheitswert soll eigentlich eine gerechte Besteuerungsgrundlage schaffen. Dazu wird vom zuständigen Finanzamt unter großem Aufwand berechnet, welcher Sach- oder Ertragswert für die Immobilie anzusetzen ist. Um alle Häuser nach dem gleichen Schema einschätzen zu können, denken sich die Finanzbeamten in alte Zeiten zurück: für den Westteil Berlins ins Jahr 1964, für Ostberliner Immobilien in die Vorkriegstage des Jahres 1935.

Heraus kommt dabei ein Bescheid mit einem Steuermessbetrag für die Grundsteuer B – etwa 164 Euro für ein Einfamilienhaus. Die Stadt Berlin legt dann in eigener Zuständigkeit den Hebesatz auf diesen Messbetrag fest: 810 Prozent verlangt sie und ist damit einsamer Spitzenreiter. Dresden fordert 635 Prozent, Hamburg 540, München 490 und Frankfurt/Main 460 Prozent. Der Berliner Hauseigentümer in unserem Beispiel zahlt also 810 Prozent auf seinen Messbetrag von 164 Euro: 1328,40 Euro im Jahr. Häuser im Ostteil der Stadt werden auf der Basis des Jahres 1935 eingeschätzt, kommen also beim Messbetrag günstiger weg. Der Hebesatz ist aber für alle gleich.

Eigentlich hätten die Finanzverwaltungen die Bewertungsmaßstäbe alle sechs Jahre anpassen müssen, um neue Bauweisen und Ausstattungen zu berücksichtigen. Doch die Finanzminister (West) hatten ihren Verwaltungen diese Herkulesarbeit nur einmal zumuten wollen: als Sprung ins Wirtschaftswunderjahr 1964. Für Ostimmobilien gilt seit der Wiedervereinigung wieder das Jahr 1935 als Maßstab, so wie ihn das Reichsgrundsteuergesetz von 1936 gesetzt hatte.

Jetzt ist aber der Blitz des obersten Finanzgerichtes in die behördliche Ruhezone gefahren. Auf der Finanzministerkonferenz am 9. September sollen die drei diskutierten Reformmodelle auf den Tisch kommen.

Der ursprüngliche Vorschlag aus Bayern und Rheinland-Pfalz will die Bodenrichtwerte zur Grundlage der Steuerbewertung machen. Dazu gehört eine Einteilung der Gebäude in Gruppen sowie eine Abstufung nach entsprechender Typisierung. Der Reform-Oldtimer der seit 1997 andauernden Diskussion gilt allerdings als zu umständlich.

Neu vorgetragen wird ein schwarz-gelbes Pauschalmodell: Hessen, Bayern und Baden-Württemberg wollen die Grundsteuer radikal vereinfachen. Bei einer Bewertung nach Wohnfläche und Geschosszahl kämen beispielsweise 20 Cent je Quadratmeter jährlich als Steuer zustande. Wer eine Villa besitzt, findet Gefallen an diesem Modell, Eigentümer von bescheidenen Immobilien dagegen weniger. Klarer Verlierer wären Eigentümer und Pächter unbebauter Grundstücke in den neuen Bundesländern und Ostberlin.

Umgekehrt ist es bei Variante drei: Die Grundsteuer wird auf der Basis von vereinfachten Verkehrswerten – also den realitätsnahen Grundstückswerten – erhoben. Dahinter stehen Berlin, Bremen, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein. Die guten Lagen wären dann auch teure Lagen.

Die Einigungschancen gelten als bescheiden – nicht zuletzt wegen der Konstruktion dieser Steuerart. Sie liegt unter der Gesetzgebungsgewalt des Bundes, während der Ertrag den Kommunen zusteht, die Finanzverwaltungen der Länder aber die aufwendige Abwicklung tragen. Und die Gemeinden wollen „mehr Geld sehen“, wie der Städte- und Gemeindebund offen bekennt. Deutlich mehr als die knapp elf Milliarden Euro, die die Grundsteuer 2010 einbringen wird.

Luft nach oben wäre ja noch da – blickt man über die deutschen Grenzen. Während die jährliche Steuerzahlung bei uns gerade 0,2 Prozent des Verkehrswertes ausmacht, sind es bei den europäischen Nachbarn meist ein Prozent. Und in den USA werden Hauseigentümer regelrecht abgeschöpft: mit 8000 bis 10 000 Dollar „Real Property Tax“ jährlich, in manchen Städten auch deutlich mehr.

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