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Ein Türmchen steht beim Walde. Auf einer Wiese in Fürstenwalde wächst dieser stattliche Riesenschirmpilz (Parasol-Pilz). Er ist essbar und schmeckt nussartig. Wenn es nach den Ärzten von Giftnotrufzentralen geht, sollten Gourmets ihre Pilze keinesfalls selbst sammeln. Doch trotz der Gefahren zieht es zwischen Mitte September und Oktober jedes Jahr zahlreiche Pilzliebhaber in die Wälder.

© Patrick Pleul/dpa

Pilzzucht auf dem eigenen Grundstück: Ein Pilz, bitte!

Herbstzeit ist Pilzzeit. Die Anzucht kann auch im Garten gelingen.

Wenn irgendwo Pilze schmoren, wird der Kriminalist unwillkürlich hellhörig, soll die englische Krimi-Autorin Agatha Christie einst über Pilze gesagt haben. Die Vertreter aus dem Reich Fungi genießen aber nicht nur den Nimbus einer potenziellen Mordwaffe. Ganz im Gegenteil. „Pilze sind gesünder, als die meisten denken“, sagt Ulrich Groos, Pilzanbauberater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.

Seine Liste an Vorzügen ist lang: „Pilze sind reich an Eiweiß, Ballaststoffen, seltenen Vitaminen und Mineralien, haben aber gleichzeitig nur wenige Kalorien“, erklärt Groos. Auch die Gesundheitsforschung interessiere sich wegen der Heilwirkung zunehmend für sie. Doch in Freizeitgärten sind Speisepilze bislang eher selten anzutreffen.

Dabei seien einige Arten kinderleicht zu Hause anzubauen, wenn man einige Grundregeln beachte, sagt Peter Marseille, Speisepilzbotschafter des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer. „Pilze lieben Feuchtigkeit und ein kühles, schattiges Plätzchen. Ansonsten sind sie relativ anspruchslos.“ Diese Ansicht teilt Holger Wehner, Sprecher des Arbeitskreises Pilzkunde und Ökologie im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Grundsätzlich lassen sich alle Pilzarten relativ leicht kultivieren, die sich saprobiontisch, also von totem organischen Material ernähren.“

"63,8 Grad Celsius ist die magische Zahl"

Besonders gut eignen sich aus Sicht der Fachleute Champignons (Agaricus), Seitlinge (Pleurotus) wie Kastanien-, Austern-, Limonen- oder Kräuterseitling sowie Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus), Riesen-Träuschling (Stropharia rugosoannulata) und Rauchblättriger Schwefelkopf (Hypholoma capnoides). Sie wachsen auf Sägemehl, Stroh, Kaffeesatz, Holz oder Baumstümpfen – und das nicht nur im Garten, sondern auch auf dem Balkon, der Fensterbank und sogar in der Garage.

Auch wenn sich Pilze durch Sporen vermehren, empfiehlt Marseille für den Anbau eine Pilzbrut: Getreidekörner, die mit den wurzelähnlichen Myzelien der Pilze besiedelt sind. Mit dieser werden die Materialien „geimpft“, indem sie beispielsweise gewässertem Stroh oder Sägemehl beigemengt werden. Anschließend kann sich das Myzel über einen längeren Zeitraum in einem feuchten Klima entwickeln und ausbreiten.

Wer Speisepilze auf Sägemehl kultivieren will, sollte das Material nach dem ausgiebigen Wässern zunächst noch dämpfen, erklärt Marseille. „63,8 Grad Celsius ist die magische Zahl, bei der Bakterien und Sporen von unerwünschten Pilzen absterben, die sich bereits im Holz ausgebreitet haben.“ Nach dem Abtropfen kommt das Sägemehl in einen Plastikbeutel, die Samenbrut hinzu und der Beutel fest verschlossenen an einen schattigen, windgeschützten und wohl temperierten Platz.

Wenn Pilze gut gepflegt werden, können sie das ganze Jahr hindurch geerntet werden

„Pilze mögen Sonne ganz und gar nicht, weil sie zu schnell austrocknen“, sagt Marseille. Trockenheit, aber auch Hitze ist tödlich für die sonst recht pflegeleichte Pflanze. „Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius stirbt das Myzel in der Regel ab.“

Sogar zu einem Hingucker kann sich eine Pilzkultur auf abgeholzten Buchen-, Eichen- oder Birkenholzstämmen entwickeln, die mit speziellen Impfdübeln präpariert sind. Dazu wird das Holz angebohrt, die mit Myzel durchwachsenen Holzstecker in die Löcher eingeführt und in den ersten Monaten mit Heu oder Stroh abgedeckt. „Dadurch bleibt das Holz schön feucht und die Pilze haben gute Bedingungen zum Wachsen“, erläutert Pilzexperte Groos das Prozedere. Je nach Material dauert es unterschiedlich lange, bis sich das Myzel ausgebreitet hat. Bei einer Kultur auf Stroh und Sägespänen gehen die Fachleute von drei Monaten aus, bei einer Zucht auf Holzstämmen kann es gut ein halbes Jahr dauern. Dann können die Plastikfolien entfernt werden und der Fruchtkörper entwickelt sich. Je nach Sorte ist er bereits in drei Wochen reif und kann einfach mit der Hand abgebrochen werden.

Wenn man den Pilz schön pflegt, kann man das ganze Jahr hindurch ernten“, erklärt Marseille. Auch eine Überwinterung im Freien ist möglich. Allerdings sollte dann der Fruchtkörper entfernt werden, damit sich die Pilze ins Pflanzmaterial zurückziehen.

{Reiche Ernte 2016- Was Pilzsammler wissen müssen}

Sammler erkennen die Essbarkeit von Pilzen nur mit Wissen und Erfahrung.
Sammler erkennen die Essbarkeit von Pilzen nur mit Wissen und Erfahrung.

© Armin Weigel/dpa

Wie kleine Türmchen wachsen sie aus dem Grün und Braun des Waldbodens heraus. Aber wie geht man sicher, dass die gefundenen Pilze auch essbar sind? Wie schneidet man sie richtig ab? Und wo findet man sie eigentlich am besten? Peter Karasch von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie weiß es:

Wie gut ist die Pilzsaison?

Für Pilze sei es ein exzellentes Jahr, sagt Karasch. Es war feucht, längere Trockenperioden blieben aus. „Bis in den Herbst hinein wird alles gut wachsen“, ist der Pilzsachverständige überzeugt.

Wo wachsen die meisten Pilze?

Das ist nicht pauschal zu beantworten. Manche Regionen haben regelmäßiger Niederschlag abbekommen als andere. Dort steigen die Chancen wegen der besseren Wuchsbedingungen. Der Pilzbestand sei in großen Waldgebieten, etwa im Harz, Bayerischen Wald oder Schwarzwald generell größer. Manche Pilzarten bilden Symbiosen mit bestimmten Bäumen. Steinpilze etwa finden sich eher in Fichtenwäldern.

Welche Speisepilze sind typisch für Deutschland?

Das sind einige. Karasch zählt exemplarisch auf: Maronenröhrlinge, Steinpilze, Riesenschirmlinge, auch Parasol genannt, Täublingsarten, Waldchampignons oder Perlpilze. „Die Arten findet man in fast allen Waldgebieten.“

Bei der Zubereitung von Pilzen ist weniger mehr

Wie erkennen Sammler die essbaren Pilze?

Mit Wissen und Erfahrung, lautet die Antwort. Sammler sollten sich mit Literatur auseinander setzen, auch mal eine geführte Pilzwanderung mitmachen und nur die Pilze zum Essen sammeln, die sie absolut sicher als Speisepilze erkennen. Wer Zweifel hat, ob Pilze essbar sind, sollte lieber einen Pilzsachverständigen aufsuchen. Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie bietet eine Liste mit Kontaktdaten im Internet. Häufig arbeiten die Sachverständigen ehrenamtlich, manchmal kann es aber auch etwas Geld kosten.

Wie werden Pilze richtig geerntet?

Mit einem scharfen Messer schneiden Sammler sie in Bodennähe sauber ab und legen sie in einen luftdurchlässigen Korb. So fangen sie nicht an zu schwitzen.

Wie bereitet man Pilze zu?

Weniger ist mehr. Karasch empfiehlt beispielsweise Parasolpilze als Fleischalternative. Diese könne man paniert oder nur in Öl als Schnitzel braten. „Sie haben einen wunderbaren, milden Pilzgeschmack.“ Wenn Sammler verschiedene Pilzarten finden, können sie eine Mischpilzpfanne machen. Wer will, gibt etwas Speck und Ei dazu. dpa

Melanie Öhlenbach

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