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Immobilien: Riskante Kosten

Oft müssen Eigentümer eine Immobilie verkaufen, weil sie unter wirtschaftlichen Druck geraten sind. Das kann teuer kommen. Die Kreditinstitute dürfen für vorzeitige Darlehensrückzahlungen Vorfälligkeitsentschädigungen verlangen – aber nicht immer

Viele Haus- und Wohnungseigentümer sind in den letzten Jahren durch die wirtschaftliche Situation unter Druck geraten. Oftmals sehen sie sich gezwungen, die Immobilie zu verkaufen, um Zahlungsschwierigkeiten abzuwenden. In der Regel gelingt ein Verkauf nur unter erheblichen Verlusten. Hinzu kommt noch, dass die Banken, die das Geld gegeben haben, für die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

Dabei geht es um die Abgeltung des Schadens, den die Bank dadurch erleidet, dass sie für die restliche Laufzeit des Kredites keine Zinsen mehr erhält.

In einem äußerst verbraucherfreundlichen Urteil des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen: XI ZR 398/02) verneinte er einen Anspruch der Bank, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu erhalten.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zugrunde: Ein Immobilienkäufer hatte im Jahre 1997 eine Baufinanzierung mit einem Darlehen von umgerechnet 65 000 Euro und einer Laufzeit von zehn Jahren mit festem Zins abgeschlossen. Das Darlehen war mit einer Grundschuld über 65 000 Euro abgesichert. Das Grundstück hatte eine Größe von 197 Quadratmetern.

Im Januar 2001 fragt der Käufer bei der Bank an, ob er – unter Fortführung des Darlehens – die Grundschuld auf ein neues Haus übertragen könne. Das Grundstück hatte eine Größe von 506 Quadratmetern bei einem Verkehrswert von 400 000 Euro, wobei 100 000 Euro auf den Bodenwert entfielen. Die Bank lehnte den Austausch der Sicherheiten ab und verlangte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von rund 3000 Euro. Der Verbraucher zahlte die Vorfälligkeitsentschädigung unter Vorbehalt.

Im folgenden Rechtsstreit verlangte er diese Entschädigung zurück. Das Landgericht Berlin gab der Bank Recht. Es vertrat die Auffassung, dass die Bank einen Anspruch auf die unveränderte Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen habe. Der grundsätzlich bestehende Anspruch des Verbrauchers auf vorzeitige Darlehensauflösung beim Verkauf einer Immobilie könne nicht auf den Anspruch ausgedehnt werden, gleichwertige Sicherheiten auszutauschen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidung des Landgerichts Berlin wieder auf. Er verwies zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung: Danach könne die wirtschaftliche Situation des Verbrauchers die Bank verpflichten, in eine vorzeitige Darlehensauflösung einzuwilligen – gegen Zahlung einer angemessenen Vorfälligkeitsentschädigung.

Dies gelte insbesondere dann, wenn berechtigte Interessen des Verbrauchers, zum Beispiel der wirtschaftlich notwendige Verkauf einer Immobilie, dies gebieten würde. Der Bundesgerichtshof erweiterte seine bisherige Rechtsprechung und urteilte im vorliegenden Fall, dass der Verbraucher keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müsse, wenn eine von ihm als Ersatz angebotene Grundschuld das Risiko der Bank genauso gut abdecken würde; der Verbraucher zudem bereit und in der Lage sei, alle mit dem Austausch der Sicherheiten verbundenen Kosten zu tragen, und die Bank auch im Übrigen aus diesem Austausch keine Nachteile befürchten müsse.

Im vorliegenden Fall urteilte der BGH, dass das Darlehen auf dem neuen Grundstück wenigstens genauso gut abgesichert gewesen wäre, wie auf dem ursprünglichen Grundstück. Deshalb sei der Bank der Austausch der Sicherheiten (Grundschulden) ohne Vorfälligkeitsentschädigung zuzumuten.

Ein weiteres Beispiel soll hier der Verdeutlichung dienen. Eine Wohnung hat einen Verkehrswert von 300 000 Euro. Es wurde ein Darlehen über 80 000 Euro aufgenommen und eine Grundschuld in gleicher Höhe bestellt. Es soll eine preiswertere Wohnung mit einem Verkehrswert von 200 000 Euro angeschafft werden. Beide Darlehen werden mit einer erstrangigen Grundschuld abgesichert. Auch in diesem Fall wäre das Sicherungsinteresse der Bank abgedeckt.

Für die Praxis bedeutet dies, dass der Verbraucher beim Verkauf seiner Immobilie und dem gleichzeitigen Erwerb einer – möglicherweise preiswerteren – Immobilie, das Darlehen „mitnehmen" kann und dafür keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss, wenn die neue Immobilie der Bank die gleiche Sicherheit bietet.

Der Autor ist Rechtsanwalt und Notar in Berlin.

Ernst-Michael Ehrenkönig

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