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Herrschaftliches Ambiente oft bereits im Entree.

© Promo Ziegert

Sanierarbeiten am Kudamm: Eine ganz bemerkenswerte Geschichte

Gründerzeithäuser nahe Kurfürstendamm werden saniert – und zu stattlichen Preisen verkauft.

Was für eine Treppe! Etwa zwanzig Stufen führen steil von der Eingangstür in die Beletage hinauf – wie haben das beleibte Senioren des frühen 20. Jahrhunderts bloß geschafft? Immerhin: Auf dem ersten Treppenpodest wartet ein historischer Fahrstuhl, der den Weitertransport in die oberen Stockwerke übernimmt. Von diesem Podest aus kann man dann auch in aller Ruhe die Wandmalerei bewundern, die den Eingangsbereich des Gründerzeithauses in der Meinekestraße 10 ziert.

Bald wird die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes in der Kudamm-Seitenstraße beginnen. Damit wird ein neues Kapitel in der bemerkenswerten Geschichte der Immobilie aufgeschlagen. Vor ziemlich genau 116 Jahren, am 12. August 1898, beantragte der Chirurg und Orthopäde Ferdinand Karewski (1858–1923), auf dem zuvor als Garten genutzten Grundstück in der Meinekestraße 10 ein Wohnhaus mit Sanatorium errichten zu dürfen. Sein Architekt war Max Fraenkel. Fortan diente das Hinterhaus der Meinekestraße 10 als Privatklinik, während in den 340 Quadratmeter großen Wohnungen des Vorderhauses Angehörige des gehobenen Bürgertums residierten.

1925, nach dem Tod Karewskis, erwarb der Verlag der „Jüdischen Rundschau“ das Gebäude mit seiner repräsentativen Fassade. „Es wurde für einige Jahre zur Zentrale der Zionisten in Deutschland“, heißt es auf der historischen Webseite „Luise Berlin“. Auch die „Jewish Agency for Palestine“ (Palästina-Amt) hatte hier bis 1941 ihren Sitz. Eine Gedenktafel an der Hausfassade erinnert an diese Institution, die in den 1930er Jahren Tausenden von Juden die Auswanderung nach Palästina ermöglichte.

2,5 Millionen Euro werden für eine großzügige Dachgeschosswohnung fällig

Darüber hinaus sei keine Erinnerung an die geschichtliche Bedeutung der Immobilie geplant, sagt Jan Taschlizki von der Immobilienfirma TTI Investment, der zusammen mit Albert Kopitzki von der Berolina Leasing das Haus saniert. 2012 erwarben es die beiden von der Gesellschaft Grand City Hotels, die bis vor kurzem darin das Grand Hotel Berlin Zentrum betrieb – eine Herberge, deren Name deutlich nobler war als ihre Ausstattung. Das Hotel ist mittlerweile ebenso geschlossen wie die Alt-Berliner Kneipe „Meineke X“ im Erdgeschoss, die in Internet-Portalen als Tipp für original Berliner Speisen gehandelt wurde.

Auch künftig könnte es wieder eine Gaststätte im Haus geben, sagt Ko-Investor Kopitzki. Im Erdgeschoss sind nämlich zwei Gewerbeeinheiten geplant, für die sich allerdings nicht nur Gastronomen, sondern auch Ärzte interessieren. In den oberen Etagen entstehen nach Plänen des Architekten Gero Leuttner 23 Wohnungen mit einer Wohnfläche zwischen 50 und 340 Quadratmetern. Erstmals überhaupt wird damit das Hinterhaus, in dem einst das Sanatorium untergebracht war, für Wohnzwecke genutzt. Auf historische Details wie Stuck, Flügeltüren und original Parkett dürfen die künftigen Bewohner jedoch auch im Vorderhaus nicht hoffen: Als Folge der jahrzehntelangen Nutzung als Hotel hätten sich kaum bauliche Merkmale aus der Entstehungszeit erhalten, bedauert Architekt Leuttner.

Auf die Preisgestaltung wirkt sich das allerdings nicht dämpfend aus: Die Wohnungen kosten zwischen 5100 und (im Dachgeschoss) 7500 Euro pro Quadratmeter. Für die 340 Quadratmeter große Dachgeschosswohnung werden damit rund 2,5 Millionen Euro fällig – auch für eine Seitenstraße des Kurfürstendamms eine stolze Summe.

Nutzer und Anleger zeigen großes Interesse

Dass es sogar noch teurer geht, zeigt ein anderes Projekt, das bereits weitgehend fertig ist. Im sogenannten Maison Ouest (Französisch für Haus West) hat jetzt der Innenausbau der 22 Wohnungen begonnen. Dabei handelt es sich um zwei Gründerzeithäuser in der Ansbacher beziehungsweise Passauer Straße, die direkt an das KaDeWe angrenzen. Dort wurden für die riesigen Penthouses Quadratmeterpreise von bis zu 10 500 Euro aufgerufen; die teuerste Dachgeschosswohnung kostete somit die Kleinigkeit von 3,8 Millionen Euro.

„Das Interesse von Selbstnutzern und Kapitalanlegern war von Beginn an enorm“, sagt Bernd Ehret, Vorstand der F&B-Gruppe, die gemeinsam mit der Pantera AG das Maison Ouest saniert. Ehret begründet dies damit, dass solche Objekte auf dem Berliner Wohnungsmarkt einen „echten Seltenheitswert“ hätten.

Ähnlich sieht dies Makler Nikolaus Ziegert, der die Vermarktung der Wohnungen in der Meinekestraße 10 übernommen hat. „Um den Kurfürstendamm dürfte künftig kein sanierter Altbau für unter 5000 Euro pro Quadratmeter mehr zu bekommen sein“, sagt er. Wohnungen in dieser Gegend profitieren laut Ziegert davon, dass „die City-West kräftig Fahrt aufnimmt“.

Dabei glauben Bauträger mittlerweile auch an das Potenzial der nicht ganz so prestigeträchtigen Gegend nördlich der Kantstraße. In der Schlüterstraße 12 (Ecke Goethestraße) jedenfalls wird ein weiteres Gründerzeithaus saniert, das unter dem Namen „Schlüterpalais“ vermarktet wird – und auch hier liegen die Preise der Wohnungen zwischen 3925 und 7600 Euro pro Quadratmeter.

Allerdings sind anscheinend nicht alle Kaufinteressenten bereit, so tief in die Tasche zu greifen. Darauf deutet hin, dass vor Ziegerts Unternehmen bereits eine andere Maklerfirma mit dem Vertrieb der Wohnungen in der Meinekestraße 10 beauftragt war. Bisher sind 8 der 23 Einheiten verkauft. Während die mit dem Denkmalstatus verbundenen Steuervorteile in der Regel vor allem Kapitalanleger ansprechen, haben in der Meinekestraße hauptsächlich Eigennutzer zugegriffen. Investor Taschlizki hat dafür eine Erklärung: „Den Käufern ist die Deckenhöhe von 3,80 Meter wichtiger als die Denkmal-Afa.“

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