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Frauen Heimwerker

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Selbst ist die Frau: Alles halb so wild

Frauen sind beim Bauen und Renovieren nicht schlechter als Männer – auch, wenn die selbstbewusster zu Werke gehen. Spezielle Kurse wollen Heimwerkerinnen zunächst die Scheu vor Elektrogeräten nehmen

Er ist nicht da, hat keine Zeit oder gerade keine Lust. So bleibt das Rohr verstopft, die Glühbirne flackert weiter, und die Regalböden verstauben in der Ecke. Doch statt sich in langwierige Diskussionen zu verstricken, greifen immer mehr Frauen selbst zu Bohrer und Wasserwaage. Haben sie sich erstmal überwunden, entdecken viele, dass Heimwerken gar nicht so schwierig ist und großen Spaß machen kann. Obendrein wird die Mühe reichlich belohnt. „Etwas selbst zu bauen, stärkt das Selbstbewusstsein ungemein“, sagt Monika Lehn vom Heimwerkerinnenhaus in Köln.

Knapp jede zweite Frau findet es wichtig, kleine Reparaturen im Haus selbst ausführen zu können, ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa in Berlin. Rund 80 Prozent trauen sich zu, ein verstopftes Abflussrohr zu reinigen, drei von vier Frauen glauben, dass sie Wände tapezieren können. Mehr Respekt haben Heimwerkerinnen davor, Fliesen zu verlegen oder eine Spülmaschine anzuschließen. Nur rund jede Dritte würde diese Arbeiten erledigen, alle anderen lieber einen Handwerker damit beauftragen.

Angst haben viele Frauen auch vor dem Umgang mit Elektrowerkzeugen, sagt Anja Meyer, Sprecherin der Deutschen Heimwerker-Akademie (DHA) in Leonberg (Baden-Württemberg). Männer seien unbekümmerter und legten gleich los. Eine Erfahrung, die auch Monika Lehn macht: „Frauen haben größere Furcht vor Maschinen, sind vorsichtiger, arbeiten dann aber häufig sorgfältiger.“ Die Anbieter von Heimwerkerkursen haben sich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse eingestellt und bieten Kurse speziell für Frauen an. Die Volkshochschule Regensburg beispielsweise hat einen Kurs „Schreinern für Frauen“ im Programm, die Volkshochschule Nordwestmecklenburg einen Kurs „Heimwerken nur für Frauen.“ Auch die KursWerkstatt aus Wendlingen und die Heimwerker-Akademie, die deutschlandweit Kurse anbieten, sprechen gezielt Frauen an – mit zunehmendem Erfolg.

Für viele Frauen sei wichtig, dass sie sich in den Kursen unbeobachtet fühlen und keiner daneben steht, der ständig alles besser weiß, erzählt Jens Alberts, Leiter der KursWerkstatt. Zuhause sei das nämlich meist der Fall, wenn der Partner mit von der Partie ist. In den Einführungskursen lernen die Teilnehmerinnen alltägliche Arbeiten für zu Hause: ein Loch bohren, Bretter sägen oder Wände tapezieren.

Zunächst erklären die Trainer die Geräte. „Sicherheit spielt dabei eine große Rolle“, sagt Alberts. Mit einer Kreissäge beispielsweise dürfe nicht einfach losgelegt werden. Auch die Bohrmaschine kann schwere Verletzungen verursachen. „Verhakt sich der Bohrer in der Wand, kann die Maschine ausbrechen und das Handgelenk verdrehen“, warnt Reinhold Auth, Trainer bei der DHA. Um das zu verhindern, müsse die Bohrmaschine mit zwei Händen festgehalten werden. „Sie sollten sich die Werkzeuge von jemandem erklären lassen, der sich wirklich gut damit auskennt“, sagt Meyer. Die Experten empfehlen zudem dringend, Anleitungen und Warnhinweise sorgfältig zu lesen.

„Erst wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie das Werkzeug verstehen, sollten Sie anfangen, damit zu arbeiten“, rät Monika Lehn vom Heimwerkerinnenhaus. Laut Ausbilder Auth ist es sinnvoll, eine Bohrmaschine zunächst an Probestücken zu testen – einige Baumärkte stellen dafür Vorführgeräten zur Verfügung. „Da merken Sie, wie sich der Bohrer bei unterschiedlichen Materialien verhält.“

Voraussetzung ist aber gutes Werkzeug. „Das sollte man nicht für wenige Euro im Discounter kaufen. Wer gute Ergebnisse erzielen möchte, braucht gutes Material“, sagt Alberts. Andernfalls komme es schnell zu Frust. „Vor allem Frauen schließen schnell auf sich und denken, dass sie es nicht können“, sagt Meyer. „Dabei klappen Arbeiten oft nur nicht, weil das Material nichts taugt.“ Vor dem ersten Heimwerkerprojekt sollten die einzelnen Arbeitsschritte genau besprochen werden. „Sie müssen sich bewusst sein, dass in der Wand Rohre und Leitungen liegen, die sie mit dem Bohrer treffen können“, warnt Alberts. Grundlegende Kenntnisse, etwa wie Leitungen verlaufen, seien daher wichtig. Für das Bohren, Sägen oder Tapezieren sollte zudem reichlich Zeit eingeplant werden. „Sonst gerät man leicht in Zeitdruck und das verursacht Stress“, sagt Meyer.

Zum Lernen ideal ist nach Ansicht der Experten, wenn ein erfahrener Handwerker das Vorgehen erklärt, die wichtigsten Handgriffe zeigt und den Anfänger dann machen lässt. Doch gerade in Beziehungen funktioniere das oft nicht, sagt Auth. „Der Partner ist besonders kritisch, und wenn es nicht klappt, greift er sofort ein.“ Dabei sei es wichtig, den anderen probieren zu lassen, auch wenn das Ergebnis schief wird. Denn erst die Übung führt zu guten Ergebnissen.

Viele Frauen hätten jedoch den Anspruch, die Arbeit gleich perfekt zu erledigen. „Wenn es nicht funktioniert, denken sie, sie können es nicht und geben entmutigt auf“, erzählt Lehn. Um möglichst schnell ein Erfolgserlebnis zu haben, sollten sich Anfänger zunächst einfache Arbeiten suchen. „Ein Hakenloch beispielsweise muss nicht unbedingt gerade gebohrt sein“, sagt Auth.

Carina Frey

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