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Immobilien: SERIE: DIE ZUKUNFT DER WOHNUNGSGESELLSCHAFTEN - EINE DEBATTE: Going Public oder der Gang an die Börse

Modell Degewo: Verkauf von 50 Prozent auf dem Parkett / Aktien für Mieter und Belegschaft / Nur "Zerschlagung" brächte mehrVON THIES-MARTIN BRANDT Dies ist der zweite Teil einer Serie zum geplanten Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften, dessen Erlöse die Lücken im Berliner Haushalt schließen sollen.Neben den Vorständen von Wohnungsbaugesellschaften beziehen jeweils Sonntags auf dieser Seite auch Politiker Position.

Modell Degewo: Verkauf von 50 Prozent auf dem Parkett / Aktien für Mieter und Belegschaft / Nur "Zerschlagung" brächte mehrVON THIES-MARTIN BRANDT Dies ist der zweite Teil einer Serie zum geplanten Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften, dessen Erlöse die Lücken im Berliner Haushalt schließen sollen.Neben den Vorständen von Wohnungsbaugesellschaften beziehen jeweils Sonntags auf dieser Seite auch Politiker Position. Es ist allseits bekannt, daß das Land Berlin zur Haushaltssanierung voraussichtlich auch einen Teil der Wohnungsbaugesellschaften privatisieren wird.Da auch die Degewo ein potentieller Kandidat ist, hat der Vorstand - in Abstimmung mit der Senats-Finanzverwaltung - die Möglichkeit der Privatisierung im Rahmen einer Börseneinführung prüfen lassen und diese auch bereits vorbereitet. Die Degewo besitzt zusammen mit der Tochtergesellschaft Köwoge circa 50 000 Mieteinheiten.Das Land Berlin stellte ein Grundkapital von circa 271 Mill.DM zur Verfügung.Die Degewo wurde 1924 gegründet und hat Bauvorhaben wie die Schlangenbader Straße oder das Märkische Viertel erstellt.Ziel ist es nun, circa 50 Prozent dieses Grundkapitals zu einem möglichst Vielfachen an der Börse zu verkaufen.Damit bleibt der Einfluß des Landes Berlin erhalten, obwohl die Mieterinteressen bereits durch allgemeine Mieterschutzgesetze weitgehend gesichert sind.In Anbetracht knapper Kassen hat die Gesellschaft auch die Möglichkeit, sich weiteres Kapital für Investitionen über die Börse zu besorgen.Die Aktien werden breit gestreut an deutsche Privatanleger sowie institutionelle Anleger - wie Versicherungen und Pensionskassen - im In- und Ausland verkauft. Für Mieter und Belegschaft wird ausdrücklich ein Teil der Aktien vorbehalten sein.Die letzten Einführungen haben gezeigt, daß trotz hoher Kurse erhebliche Überzeichnungen entstanden, das heißt, daß sich der Aktienmarkt in einer sehr guten Verfassung befindet.Dies wird insbesondere für Wohnimmobilien-Aktien, die es in Form von größeren Gesellschaften überhaupt noch nicht gibt, anzunehmen sein.Hierfür spricht die Verunsicherung über die Einführung des Euro und die zunehmende Verschlechterung der Alterssicherung.Die Degewo-Aktie wird im Gegensatz zu risikoreichen Gewerbeimmobilienanlagen für konservative Anleger, die interessante Sachwerte mit einer angemessenen Verzinsung suchen, sicherlich interessant sein.Der Kaufpreis wird sofort am Tag der Börseneinführung "kassenwirksam".Durch das beim Land Berlin verbleibende Aktienkapital ist weiterhin eine Beteiligung an den voraussichtlichen höheren Dividenden als bisher und damit auch an einer Wertsteigerung des Unternehmens gegeben. Hierbei handelt es sich um eine schnelle Form der Privatisierung, die darüber hinaus noch Modellcharakter für das Land Berlin hat, da bisher noch keines seiner Unternehmen an die Börse gegangen ist.Es ist auch im Interesse des Landes Berlin, daß Mieter und Mitarbeiter an der Gesellschaft beteiligt werden.Die Alternative des Verkaufs an einen "strategischen Investor" würde sicherlich nur bei "Zerschlagung der Gesellschaft" höhere Preiserwartungen ermöglichen und mit langwierigen, das Unternehmen belastenden Verhandlungen verbunden sein.Die Degewo und auch die Tochter Köwoge haben sich bereits in teils schmerzlichen Anpassungsprozessen zu zukunftsträchtigen Unternehmen auf ihrem jeweiligen Gebiet entwickelt oder sind gerade dabei, dies zu tun.So ist die Organisation stark auf den Mieter ausgerichtet.Die Bau- und Verkaufstätigkeit findet in Projektgruppen oder in einer eigenen Vertriebgesellschaft statt.Mit der Börseneinführung hat die Degewo die große Chance, sich weiter von einem öffentlich-rechtlichen zu einem privatwirtschaftlichen Unternehmen zu entwickeln.Die mit dem Börsengang verbundene Wachstumsstrategie schafft und sichert Arbeitsplätze. Die "Unternehmenskultur" wird sich sicherlich in Richtung erhöhter Motivation und Unternehmensidentifikation ändern; auch aufgrund der angestrebten Eigentumsbeteiligung der Mitarbeiter am Aktienkapital.Dies wird aber auch zu erhöhten Leistungsanforderungen an alle Beteiligte führen.Das Unternehmen wird häufig über Fakten - und möglichst positive - berichten müssen und von daher noch stärker in der Öffentlichkeit stehen.Diese Entwicklung beinhaltet aber auch, daß das Engagement zum Mieterschutz beibehalten wird.Ein deutsches und ein ausländisches Bankinstitut, die erfahren in Börseneinführungen sind, haben die Degewo einer genauen Prüfung unterzogen und dem Gesellschafter Land Berlin empfohlen, die Börseneinführung durchzuführen.Wenn das Land Berlin die Entscheidungen kurzfristig trifft, kann die Börseneinführung im April oder Mai 1998 stattfinden. Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Degewo.Nächste Woche bezieht Annette Fugmann-Heesing, Senatorin für Finanzen Stellung.

THIES-MARTIN BRANDT

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