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Immobilien: Sicher ist sicher

Vor allem in Großsiedlungen fühlen sich viele Mieter durch Vandalismus und Lärm unwohl. Mit Wachleuten wollen Wohnungsunternehmen Abhilfe schaffen

Seit einigen Monaten können die Bewohner des Märkischen Viertels abends und nachts einem schwarzen Jeep begegnen. „Security“ steht auf dessen Dach, und zwar so groß, „dass man es auch von den Hochhäusern aus sieht“, wie Matthias Gaenzer, Kommunikationschef des landeseigenen Wohnungsunternehmens Gesobau, sagt. Neben der Autopatrouille sind zudem vier Zweierteams zu Fuß im Märkischen Viertel unterwegs: „große, breite, stark aussehende Männer“.

Die Sicherheitsteams sind Teil eines Konzepts, mit dem die Gesobau gegen Ruhestörungen, Vandalismus, illegale Sperrmüllbeseitigung und sonstige Verstöße gegen die Hausordnung in ihrer Nord-Berliner Großsiedlung vorgeht. Damit liegt das Wohnungsunternehmen im Trend. Denn angesichts eines zunehmenden Konkurrenzkampfs auf dem Wohnungsmarkt setzen sich immer mehr Vermieter dafür ein, „dass sich die Mieter in ihren Wohnungen sicher und wohlfühlen“, sagt Lutz Freitag, Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Dies tun sie durchaus im eigenen Interesse. „Kriminalitätsfurcht“, stellt der oberste Vertreter der Wohnungswirtschaft fest, „ist der stärkste Umzugstreiber. Sicherheitsprobleme können deshalb für Wohnungsunternehmen rasch zu wirtschaftlichen Problemen werden.“

Die Gesobau hat ihr schon länger existierendes Sicherheitskonzept in diesem Jahr auf Anregung des Mieterbeirats überarbeitet. Dabei verstärkte sie die optische Präsenz der Wachleute – nicht nur mit dem Jeep, sondern auch mit einer uniformähnlichen Dienstkleidung, die vor allem die Jugendlichen beeindrucken soll. Als Zweites optimierten die Verantwortlichen der Gesobau und der von ihr beauftragten Firma Group 4 Securicor (G4S) die Routen. Und als dritter Punkt sind die Mitarbeiter der G4S jetzt mit einem technisch ausgeklügelten System ausgestattet. Dieses besteht aus einer Kombination von Mobiltelefon und GPS-Ortungssystem und erlaubt es, dass die Sicherheitszentrale auf einem Monitor jederzeit erkennen kann, wo sich die mobilen Teams gerade befinden.

Für die Mieter hat dies den Vorteil, dass die Wachleute innerhalb weniger Minuten vor Ort sind. Alarmiert werden können die jungen Männer über die Telefonnummer des 24 Stunden besetzten Callcenters. Im Einsatz sind die Teams zwischen 16 Uhr und 3 Uhr (am Wochenende 4.30 Uhr) früh. Durchschnittlich müssen sie pro Monat etwa fünfhundert Mal eingreifen, wobei Konfrontationen mit Jugendlichen und Lärmbelästigung die mit Abstand häufigsten Gründe sind.

Gezielt auf Lärmbelästigung abgesehen hat es die zur Degewo-Gruppe gehörende WBG Marzahn mit ihrer Lärmpolizei, die sie täglich von 18 bis 3 Uhr in Marzahn patrouillieren lässt. Durchschnittlich kommt die Lärmpolizei auf 140 Einsätze pro Monat. In letzter Zeit wird sie weniger gerufen; für Degewo-Pressesprecherin Erika Kröber ein Zeichen für die erzieherische Wirkung der Maßnahme.

Bei übergroßer Lautstärke sucht das Zweierteam zuerst das Gespräch mit dem Störenfried. Nach der dritten Ermahnung kann die WBG Marzahn die Kündigung aussprechen. Etwa vierzig Mal ist dies seit Einführung der Lärmpolizei 2004 passiert, allerdings immer kombiniert mit anderen Gründen wie zum Beispiel Mietschulden. In manchen Fällen könne man aber, sagt Kröber, auch nachweisen, dass – anders als von einem überempfindlichen Mieter behauptet – gar keine Störung stattgefunden habe.

„Unsere Lärmpolizei ist eine Service-Leistung, die sich auf die Stimmung in den Häusern sehr positiv ausgewirkt hat“, bilanziert die Degewo-Pressesprecherin. Vor allem ältere Mieter schätzen den Dienst. Sie merken, so Kröber, dass der Vermieter die Partei desjenigen ergreift, der sich ordentlich verhält. Gerade in einer Großsiedlung sei es eben unabdingbar, dass sich die Bewohner an Regeln hielten. Beschwerden von Mietern über den Sicherheitsdienst sind Kröber nicht zu Ohren gekommen. Auch Michael Roggenbroth, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, hat grundsätzlich den Eindruck, dass Lärmpolizei und Sicherheitsdienste „deeskalierend wirken können und von den Mietern eher als wohltuend empfunden werden“.

Doch führt der Einsatz uniformierter Wachleute nicht dazu, dass der Ruf eines Viertels leidet? Bei einer intakten Nachbarschaft, könnte man argumentieren, wären solche Maßnahmen ja gar nicht nötig. „Es ist nicht so, dass im Märkischen Viertel schlimmere Dinge als anderswo passieren“, entgegnet Gesobau-Geschäftsbereichsleiterin Bettina Bastgen. Die Mieter empfänden solche Maßnahmen denn auch nicht als Stigmatisierung, sondern im Gegenteil als Beweis, dass sich der Vermieter um Sicherheit und Sauberkeit kümmere. Der Sicherheitsaspekt bestimmt zunehmend die Wohnqualität, stellt auch Volker Hartig, Pressesprecher der ebenfalls landeseigenen Gewobag, fest. Die Sicherheitsdienste, die abends und nachts in verschiedenen Gewobag-Siedlungen unterwegs sind, bezeichnet er als „soziales Engagement mit wirtschaftlichem Hintergrund“ – nämlich mit dem Ziel, die Mieterfluktuation zu senken und den Leerstand zu reduzieren.

Den Schwerpunkt auf die Bekämpfung sozialer Probleme legt dagegen die GSW. Sie setzt nach Worten ihres Kommunikationschefs Thomas Rücker auf „ein aktives Quartiersmanagement, das dazu beiträgt, die Ursachen von Vandalismus und Kriminalität zu bekämpfen“. Zu diesem Konzept gehören die (auch bei anderen Unternehmen bekannten) Conciergen, also Pförtnerlogen, die in großen Wohnhäusern eine Kontrollfunktion ausüben.

Die GSW hat im Übrigen schon vor Jahren die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit bei den Mietern gut ankommen. Ein Pilotprojekt, mit dem in der Wasserstadt Spandau Eltern über den Mieterkanal des Kabelfernsehens einen Spielplatz überwachen konnten, musste das Unternehmen abbrechen: Die Mieter kamen sich beobachtet vor, die Kinder suchten andere Spielplätze auf, und die Kamera wurde immer wieder zerstört.

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