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Immobilien: So schmal kann Stadt sein

Vor einigen Jahren kamen die „Townhouses“ nach Berlin – inzwischen haben sie sich etabliert und locken Familien wieder in die City

Ein eigenes Haus, mitten in der Stadt. Mit ausreichend Platz für die Kinder und zum Arbeiten, aber trotzdem erschwinglich. Mit einem Garten, der groß genug ist, um sich darin zu erholen, und klein genug, um keine Arbeit zu verursachen. Was jahrzehntelang wie die Quadratur des Kreises erschien, etabliert sich in der Berliner City: schmale Einfamilien-Reihenhäuser, modern Townhouses genannt. Auf meist vier Etagen verfügen die Stadthäuser über mindestens 150 bis 200 Quadratmeter Wohnfläche – und das auf Grundstücken, die oft nur 150 bis 180 Quadratmeter groß sind. Egal, ob einzeln in Baulücken oder in größerem Stil auf dem Friedrichswerder, in der Rummelsburger Bucht oder im Bötzow-Viertel: Besonders bei Familien sind die Townhouses beliebt.

Alle 47 Grundstücke auf dem Friedrichswerder, mitten im Regierungsviertel gelegen, waren binnen kürzester Zeit vergeben – trotz erheblich höherer Preise als andernorts. Jetzt ist das erste Haus fast bezugsfertig. Auch in der Rummelsburger Bucht gebe es kaum noch Potenzial, sagt Heike Brandhorst von der Wasserstadt GmbH. Rund 200 Häuser des Haustyps „Berlin Terrace“ (140 bis 200 Quadratmeter, 3 bis 5 Geschosse) seien binnen kürzester Zeit in Baugruppen errichtet worden. Dabei überwiege ein Käufertyp, so Heike Brandhorst: „Leute aus der Innenstadt zwischen Ende 20 bis Anfang 50 mit Kindern, darunter viele Akademiker.“

Und Hilmar von Lojewski, Leiter Städtebau bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bestätigt: „Die Nachfrage nach innerstädtischem Wohnen nimmt deutlich zu.“ Es sei eine Rückbewegung in die Stadt und eine Verlangsamung der Abwanderung ins Umland zu beobachten. Besonders profitieren davon die Bezirke Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Andere Projekte wie die „Townhouses Neubritz“ an der Neuköllner Wederstraße haben es zwar schwerer, denn für viele Bauherren ist die Lage entscheidender als der Haustyp. Doch Horst Evertz, Sanierungsbeauftragter der BSG Brandenburgischen Stadterneuerungsgesellschaft, ist optimistisch, noch in diesem Jahr mit dem Bau der ersten drei oder vier Häuser beginnen zu können.

Zu den weiteren Projekten gehören der Bau von rund 50 Townhouses an der Scharnhorststraße und am Mauerstreifens an der Bernauer Straße. Noch in diesem Jahr bezugsfertig sein sollen die ersten 14 von 60 Häusern in den „Prenzlauer Gärten“. Die Townhouses im „englischen Renaissance-Stil“ werden von der Asset-Firmengruppe errichtet und fast ausschließlich an Familien aus dem Prenzlauer Berg, vorwiegend Freiberufler, verkauft, sagt Projektleiter Willi Göpel.

Mittelfristig könnten in der Innenstadt rund 500 der Einfamilien-Reihenhäuser entstehen. Langfristig seien gar bis zu 1000 Townhouses denkbar, so von Lojewski. Die Vorteile für das Wohnen in der Stadt: Lange Wege zur Arbeit entfallen. Dadurch lassen sich Benzinkosten sparen, vor allem aber Zeit. Bedenkt man, dass Eltern jene rund 300 Stunden, die ein Pendler durchschnittlich im Jahr in seine Fahrzeit investiert, ihren Kindern widmen könnten, erscheint ein Townhouse nicht weniger familienfreundlich als das klassische Häuschen im Grünen. Hinzu kommt die bessere Infrastruktur: Kino und Theater, Kindergärten und Schulen sind schnell zu erreichen. Allerdings ist ein Stadthaus mit durchschnittlich 1800 bis 2500 Euro je Quadratmeter zunächst einmal erheblich teurer als ein vergleichbares Reihenhaus auf dem Land. Und die vielen Ebenen machen die Häuser zwar individuell, für kleine Kinder und Ältere sind Treppen aber problematisch.

Architekt Jörg Ebers hat sich in Mitte ein Townhouse gebaut, „mit dem man spielen kann“. Die Wohnung erstreckt sich über fünf Ebenen, ein großer Teil lässt sich von der Terrasse aus einsehen. Lange Zeit galt die nur 154 Quadratmeter große Lücke in der Auguststraße als unbebaubar. Doch Ebers hat es geschafft, auf 75 Quadratmetern Grundfläche 285 Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche unterzubringen. Das Spektakuläre an dem Haus: Auf den unteren Gebäudeteil wurde ein Einfamilienhaus aufgesetzt. Ebers Muster dürfte allerdings kaum in Serie gehen – denn derartig kleine Baulücken, die sich für private Einfamilienhäuser eignen, sind in der Innenstadt fast nicht vorhanden. Und wenn, sind sie kaum erschwinglich. Der Senat hat deshalb ein Tableau für Baulücken erarbeitet, das mit den Bezirken abgestimmt werden soll.

In die gewachsene Umgebung einfügen soll sich auch die Hofbebauung an der Marchlewskistraße (Friedrichshain). Vier Townhouses hat Architekt Paul Ingenbleek geplant, 140 bis 260 Quadratmeter groß und gradlinig, Flachdach, fast komplett verglast. Allein von der Idee her, so der Ingenbleek, seien sie von den benachbarten Plattenbauten gar nicht so weit entfernt. Auch ein Gartenanteil gehört zu den Häusern, die für knapp 2000 Euro je Quadratmeter zu kaufen sind. Wem das zu viel ist, für den gibt es preiswertere Varianten in Spandau, Köpenick, Biesdorf oder Adlershof.

Jutta Burmeister

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