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Immobilien: Spekulationsfrist: Reichlich Geld im Niemandsland

Seit Jahren herrscht Unklarheit, wie lange der Staat an Immobilienverkäufen mitverdienen darf

Einer kauft ein Haus, und ein paar Jahre später will er es wieder verkaufen. Macht er dabei Gewinn, muss er diesen versteuern – es sei denn, das Haus hat ihm mindestens zehn Jahre gehört. Früher betrug diese Frist nur zwei Jahre. Im März 1999 beschloss der Bundestag die Verlängerung auf zehn Jahre – rückwirkend und übergangslos ab Januar 1999.

Bis heute ist unklar, ob diese Regelung verfassungsgemäß ist. Die höchsten deutschen Finanzrichter meinten: nein, und legten die Frage dem Bundesverfassungsgericht vor. Tausende warten auf eine Antwort, denn die könnte bedeuten, dass sie noch einen Batzen Steuern nachzahlen müssen – oder Geld zurückbekommen. Doch dieses Jahr wird wohl ohne Entscheidung enden. Dabei geht es um hohe Summen, besonders für Immobilien, die nach Juli 1995 angeschafft wurden: Zu versteuern ist dann nämlich nicht nur die Differenz zwischen Kaufpreis und Verkaufspreis, sondern auch das, was durch Abschreibungen gespart wurde. Das kann eine Menge sein, zum Beispiel wenn im Osten gekauft und hohe Sonderabschreibungen genutzt wurden.

„Es handelt sich um eine hochkomplexe Materie“, sagt Dietlind Weinland, Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts. Dieses Jahr werde es wohl nichts mehr, und ob das Gericht im nächsten Jahr zu einer Entscheidung komme, lasse sich nicht vorhersagen. Beim Bundesfinanzhof hatte man ohnehin nicht mit schnellerer Bearbeitung gerechnet. „Wir haben den Beschluss im Dezember 2003 gefasst und das Verfahren dann für 2008 auf Wiedervorlage gelegt“, heißt es aus der Geschäftsstelle des zuständigen neunten Senats. Fünf Jahre, das sei normal.

Dass die Regelung überhaupt überprüft wird, ist einem Einfamilienhausbesitzer aus Schwaben zu verdanken. Der verkaufte sein Haus, das er 1990 erworben hatte, im April 1999. Das Finanzamt unterwarf seinen Gewinn der Einkommensteuer. Dagegen klagte der Mann. Die Richter des Bundesfinanzhofs sahen sich zu einer Entscheidung außerstande, weil sie die neue Regelung für verfassungswidrig halten. Also legten sie die Frage dem Bundesverfassungsgericht vor. Dabei geht es vor allem darum, ob es rechtmäßig war, die Rechtslage rückwirkend und ohne Übergangsregelung zu ändern. Im Fall des Klägers ist das Haus schon 1992 aus der steuerlichen Verstrickung herausgefallen. Dass das Finanzamt später wieder darauf zugreifen kann, halten die Richter nicht für in Ordnung.

In späteren Prozessen sind noch andere Spielarten aufgetaucht. Zum Beispiel: Welche Frist gilt, wenn jemand sein Grundstück zwischen dem Beschluss des neuen Gesetzes im März 1999 und seinem Inkrafttreten im Januar 1999 verkauft hat? Diese Frage liegt ebenfalls beim Bundesverfassungsgericht. Ob es die Fragen alle in einer gemeinsamen Entscheidung abhandeln wird, konnte seine Sprecherin nicht sagen.

Die unterbrochenen Verfahren können erst zu Ende gebracht werden, wenn die Verfassungsrichter gesprochen haben. Sollte sich herausstellen, dass die Neuregelung in Ordnung war, dann muss nicht nur das nachgezahlt werden, was auf dem Bescheid stand – sondern auch die Zinsen. Das kann teuer werden. „Wenn es um hohe Beträge geht, zahlt man lieber, und wenn man den Prozess dann gewinnt, bekommt man das Geld mit Zinsen zurück“, sagt die Berliner Steuerberaterin Ingrid Woldeit. Und das können sechs Prozent pro Jahr sein. Woldeit dazu: „Eine bessere Rendite ist derzeit am Kapitalmarkt kaum zu erzielen.“

Fatina Keilani

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