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Loungefeeling pur. Studenten können in einem Luxus-Appartementhaus – wie hier von Youniq – häufig auf einen kompletten Hausservice zurückgreifen.

© Boris Roessler/dpa

Studentenwohnungen: Fitnessraum, Lern-Lounge, Bar mit Schampus

Immer mehr Studenten wohnen in komfortablen Appartementanlagen privater Anbieter.

Zum Semesterstart ist die Wohnsituation für Studierende deutlich kritischer als im Vorjahr – Berlin ist deutlich teurer geworden und die Zahl der Plätze, die etwa das Studentenwerk Berlin vorhält, ist viel zu gering. Und doch gibt es eine Renaissance für das Studentenwohnheim. Es heißt nur nicht mehr so, wie eine aktuelle Untersuchung des Immobiliendienstleisters Jones Lang LaSalle (JLL) zutage förderte, die mit der Berlinovo Immobilien Gesellschaft erarbeitet und am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Heute spricht man von „Studios“, „Micro-Living“ oder „Mikro-Apartment“. Gemeint sind Neubauten, die zum Kochen, Waschen, Schlafen in der möblierten Einzelzelle einladen.

Die Nische dieser möblierten Wohnungen mag mit 0,5 Prozent des gesamten Wohnungsmarktes klein sein. „Doch Berlin hat ein starkes Defizit in diesem Segment“, sagt Roland Stauber, Geschäftsführer der Berlinovo für den Immobilien- und Fondsbereich. Rund 11 000 „Serviced Apartments“ gibt es derzeit in der deutschen Hauptstadt. „Ich kann mir eine Verdopplung vorstellen“, sagt Julius Stinauer, Wohnbauexperte bei JLL, zu den Ergebnissen der Studie, die auf der folgenden Seite ausführlich dargestellt wird.

Die Bildungsmetropole Berlin braucht Wohnungen für Studenten. Einmal mehr hat die kommerzielle Wohnungswirtschaft die Zeichen der Zeit erkannt. Und so hat eben der Vertrieb für das „Studio House Berlin“ begonnen. Insgesamt 193 möblierte Studentenapartments sollen bis zu ihrer Fertigstellung im August 2017 verkauft werden. Bei der Lage am Mauerpark, der szenigen Schnittstelle zwischen Prenzlauer Berg, Mitte und Wedding, eine solide Kapitalanlage mit prognostizierten Renditen von über vier Prozent.

Denn hier ist „der Bedarf an kleineren Wohneinheiten für Studenten und Auszubildende besonders hoch“, so der Verkaufsprospekt. Für die 21 bis 38 Quadratmeter großen Studios müssen Investoren und gut betuchte Eltern künftiger Studierender allerdings rund 5600 Euro pro Quadratmeter aufbringen.

Nebenkosten, W-Lan und Waschküche inklusive

„Die Apartments kommen mit allem, was heute zum Standard gehört“, sagt Thomas Groth, Geschäftsführer der Groth Gruppe und verantwortlich für die Produktentwicklung. „Die gut geschnittenen Ein-Zimmer-Apartments sind mit Bad, Pantryküche und hochwertigen Einbaumöbeln ausgestattet. Die Mieten, die sich in etwa zwischen 350 und 550 Euro bewegen werden, sind all inclusive.“

Dazu gehören nicht nur die üblichen Nebenkosten, sondern auch die Nutzung des hauseigenen W-Lans und der Gemeinschaftsräume wie Coworking Spaces, Lounge und Waschküche mit Kicker. Zudem soll es eine große Gemeinschaftsküche geben, die man bei Bedarf beim Verwalter anmieten kann.

Für die Dinge des täglichen Lebens werde es auch eine Art Concierge geben. „Im Gegensatz zu unserem Projekt in der Lehrter Straße, wo wir 265 Mikroapartments bauen und wo es einen echten Concierge geben wird, wird es im ‚Studio House‘ eher ein verlässlicher Ansprechpartner oder Betreuer sein“, sagt Groth. Alles kein Luxus, sondern zeitgemäß und zweckmäßig. Das gelte auch für die Einrichtung. „Sie ist robust und muss einiges aushalten können. Die Mieterfluktuation ist in Studentenapartments naturgemäß relativ hoch.“

Das Studentenwerk hinkt dem Bedarf hinterher

Damit reiht sich dieses Projekt in die Riege der vielen neuen Studentenwohnanlagen ein, die derzeit in der Stadt entstehen. „Wir haben einen gewissen Nachholbedarf gegenüber anderen Hochschulstandorten und traditionellen Universitätsstädten“, sagt Daniel Dreier, General Manager der Wohnungsvermittlungsplattform Uniplaces.

So konnte der Mietwohnungsmarkt bis vor wenigen Jahren die rund 160 000 Studierenden der Stadt absorbieren. Aber seit 2012 steigen die Zahlen jedes Wintersemester um rund 5000. Berlin ist zum europäischen Bildungs-Hotspot geworden. „Mittlerweile studieren über 176 000 junge Menschen an den Berliner Hochschulen“, erklärt Jürgen Morgenstern, Sprecher des Berliner Studentenwerks. „Mit einem durchschnittlichen Monatsbudget von etwas mehr als 900 Euro haben sie es schwer, auf dem freien Markt eine Wohnung zu finden. Da sind dann 500 Euro für 20 bis 25 Quadratmeter nicht angemessen, auch nicht für ein Studentenapartment mit Service.“

Da das Studentenwerk nicht die Möglichkeit hat, Kredite aufzunehmen, um neue Wohnheime zu bauen, muss es mit Nachverdichtung an existierenden Standorten kleine Lösungen schaffen, um den aktuellen Bestand von rund 9500 Wohnheimplätzen aufzustocken. So entstehen bis April 2018 an derzeit vier Standorten neue Apartments, darunter 86 Plätze in der Mollwitzstraße und 50 am Dauerwaldweg.

Die öffentlich geförderten Wohnheime bieten, ähnlich wie die privaten Apartments, Komfort und Privatsphäre in Kombination mit Gemeinschaftsflächen und Freizeitangeboten. Entsprechend lang sind die Wartezeiten. „Momentan haben wir fast 2700 Studierende auf der Warteliste“, sagt Morgenstern. Da könne man schon mal ein halbes Jahr oder länger auf ein Apartment für durchschnittlich 217 Euro im Monat warten.

Gute Angebote unter 500 Euro monatlich sind rar

„Am Ende ist die Politik gefordert“, sagt Daniel Dreier. „Berlin will wachsen, auch international. Aber wohin mit den internationalen Vollzeit- oder Austauschstudenten, die bei Studienbeginn nicht ohne Weiteres eine Schufa-Auskunft oder einen Einkommensnachweis vorlegen können? Wo bringt man etwa schnell 70 Studierende aus Taiwan für zwei Semester unter?“

Dass Investoren, die traditionell in Gewerbeimmobilien investiert haben, jetzt Studentenwohnungen als Assetklasse entdeckten, sei gut. „Es sind aktuell viele Projekte in der Pipeline. Wir haben fast wöchentlich Zuwächse bei den studentischen Apartmentanlagen. Neben dem Neubau gibt es auch einige private Anbieter, die ihre Bestandsapartments bisher über Airbnb angeboten haben, aber jetzt umdenken.“

Allerdings gibt Dreier zu, dass es eine Herausforderung sei, auf dem privaten Studentenwohnungsmarkt gute Angebote für 300 bis 500 Euro pro Monat zu finden. Das gelte etwa für Erasmus-Studierende, für die die Szenekieze oft zu teuer sind. Für sie sei der Mietpreis entscheidender als die Lage, während sich deutsche Studierende bei der Wohnungssuche eher an ihrem Leben außerhalb der Hochschule orientieren. „Am Ende zählt die Anbindung, nicht die Nähe zur Uni“, so Dreier. Eine Miete jenseits von 600 Euro pro Monat könnten allerdings nur wenige bezahlen.

"Es war schöner, aber etwas einsamer"

Den Erfolg der teilweise recht teuren All-inclusive-Apartments privater Anbieter wie „Twenty First“, „Youniq“ oder „The Fizz“ führt er darauf zurück, dass sie eine gewisse Sorglosigkeit ermöglichen. „Die administrativen Dinge fallen weg. Ich muss mich nicht um einen Internet- oder Telefonanschluss kümmern. Bestimmte Versicherungen sind in meiner Miete enthalten, ebenso alle Nebenkosten. Und es gibt es einen Community-Manager, der mir helfen kann.“

Gerade internationale Studierende würden sich so gut zurechtfinden. „Man ist Teil einer Community, in der alle die gleichen Herausforderungen meistern und einen ähnlichen Tagesablauf haben“, meint Dreier.

Das kann Claudia-Marlene Kühling nur zum Teil bestätigen. „Ich musste mich damals sehr schnell entscheiden“, sagt die heute 26-Jährige. „Die Zusage von der Hochschule kam Anfang September und meine Eltern wollten sichergehen, dass ich zum Semesteranfang ein Dach über dem Kopf hatte.“ Was für das All-inclusive-Apartment gesprochen habe, sei die Tatsache, dass sie sich keine Möbel anschaffen musste und dass es am Jahresende keine böse Überraschung bezüglich der Nebenkosten geben würde.

Für rund 500 Euro hatte sie ihr eigenes Reich in einer umgebauten Kaserne, die nur fünf Minuten von ihrer Uni entfernt war. „Alles in allem ziemlicher Luxus, auch wenn es manchmal ganz schön laut war, wenn auf der Dachterrasse Partys gefeiert wurden. Aber meine Freunde im Wohnheim des Studentenwerks hatten es besser, weil sie zusammengewohnt haben. Das Studentenwerk hat bei der Belegung auf Fachrichtungen geachtet. Bei mir war es zwar schöner, aber dafür etwas einsamer.“ Alle haben etwas anderes studiert, gemeinsame Unternehmungen waren selten. Auch in der Lounge habe man sich nicht wirklich auf einen gemütlichen TV-Abend getroffen. „Aber zum Ankommen in einer fremden Stadt war es dennoch eine gute und vor allem bequeme Lösung“, sagt Kühling.

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