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Studentisches Wohnen: Wenn Studierende aus dem Häuschen sind

Der Bau moderner Apartments lohnt sich, wenn der Standort stimmt. Ein Beispiel aus Potsdam.

So kann entspanntes Studentenwohnen aussehen: In einem offenen Raum mit moderner Küchenzeile geben klare Linien und ein schlichtes Design den Ton an. Beim Mobiliar werden vor allem zwei puristische Tischplatten zum Blickfang, die jeweils aus einem Stück gebogen rechts und links aus den Wänden herauswachsen und je nach Bedarf als Schreib- oder Esstisch fungieren. In der Ecke am Fenster steht ein Bett und auf der breiten Fensterbank aus dunklem Holz, die in Sitzhöhe angebracht ist, liegt Johann Wolfgang von Goethe – in der Pose, die man von Tischbeins berühmtem Gemälde kennt.

Was zunächst nach einem witzigen Gag klingt, war einer der ersten Entwürfe für Studentenapartments des Berliner Architektenbüros becher + rottkamp, die demnächst auf dem 9000 Quadratmeter großen Grundstück an der Kiepenheuerallee in Potsdam gebaut werden. Das Musterzimmer mit Goethe auf der Fensterbank war ein Teil des Projekts für modernes akademisches Wohnen „Green Dorms“, das Andreas Becher mit seiner Entwicklungsfirma konzipierte, und das 2011 von der Youniq AG aus Frankfurt am Main gekauft wurde. Jetzt will Youniq 26 Millionen Euro in den Bau der Wohnanlage in unmittelbarer Nähe zum Campus investieren. Bis Anfang des kommenden Jahres sollen vier Gebäude mit 388 Apartments auf insgesamt 7760 Quadratmetern Wohnfläche fertiggestellt werden.

„Das Wohnungsangebot für möblierte Zimmer ist in Potsdam extrem überschaubar“, sagt Rainer Nonnengässer, Vorstand der Youniq AG, „deshalb finden wir hier ideale Voraussetzungen, um unser Konzept erfolgreich umzusetzen.“

Die Youniq AG ist nach eigenen Angaben der führende Anbieter hochwertiger Studentenwohnhäuser in Deutschland. Das Unternehmen betreibt derzeit über 2841 Studentenapartments. Der Optimismus, mit dem sich Nonnengässer über den neuen, nun zehnten Standort äußert, hat eine solide Basis. Laut der Analyse der Savills-Marktforscher vom vergangenen Jahr ist Potsdam eine der attraktivsten Städte für studentisches Wohnen in Deutschland. Über 23 000 Hochschüler studieren derzeit an den dortigen Universitäten und Fachhochschulen. Das sind rund 28 Prozent mehr als noch vor acht Jahren. Hinzu kommt, dass die vielen Potsdamer Wissenschaftsinstitute stets auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten für ihre Gastwissenschaftler sind. Entsprechend knapp fällt dagegen das Wohnungsangebot aus, zumal das Studentenwerk dort nur etwa neun Prozent des Wohnbedarfs deckt. Wie angespannt die Wohnsituation für Potsdamer Akademiker ist, zeigt sich auch daran, dass Youniq bereits erste Mietanfragen bekommt, obwohl die eigentlichen Bauarbeiten noch gar nicht aufgenommen wurden.

Mangel an Wohnraum – mit diesem Dilemma sehen sich viele deutsche Universitätsstädte konfrontiert. Momentan stehen den Studierenden in den 180 deutschen Hochschulstandorten insgesamt etwa 181 000 öffentliche Wohnheimplätze zur Verfügung. Bei Rekordzahlen von weit über zwei Millionen Studenten rechnet das Studentenwerk mit 25 000 fehlenden Unterkünften. Ein Wohnheimplatz ist nach Angaben der 19. Sozialerhebung des Hochschul-Informations-Systems allerdings nur für zehn Prozent der Studierenden die erste Wahl. Die überwiegende Mehrheit spricht sich für eine Mietwohnung aus. Diese Zahlen beflügeln die Fantasie privater Investoren: Etwa zwei Millionen Studenten gelten als potenzielle Mieter, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt nach einer Bleibe umschauen. Laut Savills-Untersuchung ist darüber hinaus die Zielgruppe klar definierbar. Denn als attraktiv gelten nur jene 51 Universitätsstädte in der Bundesrepublik Deutschland, deren Institute mindestens 10 000 Studierende angelockt haben.

Firmen wie die Frankfurter Youniq AG, die Erlangener GBI AG oder die Münchner IQ Group treffen mit ihrem Angebot deshalb direkt ins Schwarze. Sie sind nicht nur eine Antwort auf die hohe Nachfrage. Sie bringen auch endlich frischen Wind in das etwas muffige Image vom typischen Studentenwohnheim. Denn mit Gemeinschaftsküche und einem in die Jahre gekommenen Bad haben moderne Studentenapartments wenig gemein. Um den Ansprüchen der Studenten von heute gerecht zu werden, setzen Entwickler vielmehr auf Funktionalität und Design: Flexibel, nachhaltig und stylish sollen die neuen Anlagen sein. Dafür werden ruhig große Namen engagiert. Die Youniq AG hat den international angesehenen Architekten und Designer Matteo Thuns mit ins Boot geholt, der aktuell unter anderem für die Innengestaltung des Hilton Hotels in Barcelona verantwortlich ist.

Das Ergebnis? Die Firma bietet Apartments in drei Einrichtungslinien: Basic Style für Kreative, die sich ihre Wohnung lieber allein gestalten, Organic Style für poetische, naturverbundene Typen und Digital Style für all diejenigen, die auf visionäre Geometrie stehen. Zur Grundausstattung gehört immer eine Einbauküche mit Cerankochfeld, Kühlschrank, Mikrowelle und Spüle. Der Wohnbereich ist mit Einbauschränken, Bett und Schreibtisch möbliert, das Bad hochwertig ausgestattet. Die Wände schlucken Schall und die „All-in-Miete“ beinhaltet alle Nebenkosten, den Highspeedinternetanschluss, Kabel-TV und eine Reihe zusätzlicher Angebote wie Fitnessraum oder Learninglounge.

Der hohe Standard hat jedoch seinen Preis: Ein im Schnitt 20 Quadratmeter großer Wohnraum kostet locker über 400 Euro im Monat und damit deutlich mehr als eine Bleibe im traditionellen Wohnheim. Dennoch ist das Angebot für viele, die weder auf nervige Mitbewohner noch auf WG-Putzpläne Lust haben, eine interessante Alternative. „Sicherlich ist nicht jeder Student gleich ein Youniq-Student“, sagt Knut Martin, der Managing Director von Youniq. Trotzdem sei das Potenzial in diesem Bereich lange nicht ausgeschöpft. Leerstände gebe es nicht. Vielmehr arbeite Youniq wie die Studentenwerke mit Wartelisten.

Auch die wenig erfreulichen Prognosen zum Rückgang der Studentenzahlen seien laut Nonnengässer mit Vorsicht zu genießen. Die demografische Delle sei nur eine Seite der Medaille. Sie könne mit der steigenden Abiturientenquote unter Bildungsinländern und mit ausländischen Studenten wieder kompensiert werden. Immerhin sei Studieren in Deutschland mit seinem hochwertigen Hochschulangebot im internationalen Vergleich recht preiswert.

Sind also Studentenapartments der neuen Generation geeignet, die klassische Wohngemeinschaft an den Rand zu drängen? Die Nachfrage und das Angebot wachsen jedenfalls kräftig. Während die Wohnanlage in Potsdam auf besseres Bauwetter wartet, ist Nonnengässer inzwischen wieder auf der Suche nach neuen Standorten. Vielleicht dürfen sich bald auch Berliner Studenten von den Vorzügen eines Youniq-Apartments überzeugen: Der Youniq-Chef ist bereits auf dem Weg in der Hauptstadt.

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