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Immobilien: Tauben als Hausbesetzer

Bindet ein Sondernutzungsrecht neue Eigentümer auch dann, wenn es nicht im Grundbuch steht?

WAS STEHT INS HAUS?

Beim Bau unserer Eigentumsanlage im Jahr 1975 sollten Duplex-Garagen erstellt werden, in denen zwei Pkw übereinander parken können. Aus technischen Gründen war dies nicht möglich. Ein Eigentümer war deshalb bereit, zwei Eigentümern für den Bau von normalen Garagen einen Teil seines Sondernutzungsrechts abzutreten. Ihm wurde dafür von allen Eigentümern der Bau eines Taubenhauses auf dem Gemeinschaftseigentum gestattet. Eingang in das Grundbuch haben aber nur die Garagen, nicht das Taubenhaus gefunden. Mittlerweile haben Eigentümer gewechselt und die Existenz des Taubenhauses ist umstritten. Zu Recht?

WAS STEHT IM GESETZ?

Das Gesetz kennt Gemeinschaftseigentum (es gehört allen Eigentümern zusammen) und Sondereigentum (es gehört dem jeweiligen Eigentümer). Das in der Praxis wichtige Sondernutzungsrecht ist im Gesetz hingegen nicht näher geregelt. Es entsteht, wenn sich alle Eigentümer einig sind, dass ein einzelner Eigentümer bestimmte Flächen des Gemeinschaftseigentums exklusiv nutzen darf.

Für das Taubenhaus bedeutet dies, dass sein Bau aufgrund der Vereinbarung von 1975 rechtmäßig war. Denn die Eigentümer haben damals ein Sondernutzungsrecht begründet. Problematisch ist, dass dieses Sondernutzungsrecht nicht in das Grundbuch eingetragen wurde. Rechtsfolge ist, dass ein später in die Gemeinschaft eintretender Käufer an das Sondernutzungsrecht nicht gebunden ist; Paragraf 10 Absatz 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG).

Nun könnte man daran denken, dass die Mehrheit der Eigentümer das Taubenhaus einfach durch Beschluss legitimiert. Denn Beschlüsse wirken gegenüber neuen Eigentümern automatisch, also ohne eine Grundbucheintragung (Paragraf 10 Absatz 4 WEG) – das Problem wäre gelöst. Dieser Weg ist allerdings versperrt, weil der Bundesgerichtshof (BGH; AZ: V ZB 58/99) entschieden hat, dass ein Sondernutzungsrecht durch Beschluss nicht begründet werden kann.

Um das Taubenhaus dauerhaft zu legalisieren, müssten vielmehr alle Eigentümer ein Sondernutzungsrecht vereinbaren und dieses dann im Grundbuch eintragen lassen. Sonst droht die unerwünschte Folge, dass neue Eigentümer erfolgreich die Beseitigung des Taubenhauses verlangen können.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Auf den ersten Blick erscheint die Beseitigung des Häuschens ungerecht: Der Taubenfreund half seinerzeit aus der Klemme und so wird es ihm nun gedankt? Allerdings können auch nicht die damaligen, sondern nur neue Eigentümer die Beseitigung verlangen. Und hier sieht das Gesetz vor, dass Sondernutzungsrechte den Käufer nur binden, wenn sie im Grundbuch stehen.

Andererseits: Bei der Besichtigung müsste das Taubenhaus dem Käufer doch aufgefallen sein – und muss er sich dieses Wissen nicht entgegenhalten lassen? Die Antwort auf diese Frage ist also alles andere als leicht. Mit Verjährung kann man das Problem nicht lösen. Denn der Anspruch auf Freimachung des Gemeinschaftseigentums ist unverjährbar, sagt Paragraf 902 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Rechtsprechung hat in ähnlichen Fällen aber mit dem Argument geholfen, ein Anspruch auf Rückbau sei zumindest verwirkt (etwa das Oberlandesgericht Hamburg, AZ: 2 Wx 28/04).

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