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Toplagen: Spandau statt Kollwitz-Kiez

Investoren sehen Chancen abseits der Toplagen

Vor kurzem war der Berliner Makler Andreas Habath mit einer dänischen Investorengruppe in der Stadt unterwegs. Die waren auf der Suche nach lohnenden Anlagemöglichkeiten in Berliner Wohnhäuser – wobei sie, wie Habath erzählt, bewusst nicht am Kollwitzplatz oder in Ku’damm-Seitenstraßen suchten, sondern in weniger angesagten Gegenden. Der Grund: Wohnhäuser in Toplagen waren ihnen schlicht zu teuer.

Die Dänen sind kein Einzelfall. Jetzt, da das Geschäft mit Wohnhäusern nach der Schockstarre der Finanzmarktkrise langsam wieder in Fahrt kommt, geraten auch weniger repräsentative Adressen ins Blickfeld der Investoren. „In fast jeder Lage gibt es attraktive Investmentmöglichkeiten, auch in vermeintlich schwächeren Lagen wie etwa Neukölln“, sagt Jürgen F. Kelber, Geschäftsführer der zum österreichischen Conwert-Konzerns gehörenden Alt + Kelber Immobiliengruppe. Torsten Wesch, Geschäftsführer der Kapitalanlagegesellschaft LB Immo Invest, wurde in Spandau fündig: Für die institutionellen Anleger eines Spezialfonds erwarb er im wenig glamourösen Randbezirk eine Anlage mit 140 Wohnungen.

Wichtiger als eine repräsentative Adresse ist für Wesch, dass die von ihm ausgewählten Wohnhäuser auf den demografischen Wandel vorbereitet sind – sprich, dass sie einen Fahrstuhl haben. Die höchsten Ertragschancen, sagte Wesch diese Woche auf einer von professionellen Vertretern der Immobilienbranche besuchten Tagung in Berlin, sehe er bei „guten Bauten aus den Siebziger- und Achtziger-Jahren“ – mithin aus einer Baualtersklasse, die nicht gerade im Ruf besonderer Attraktivität steht.

Ein Ankaufskriterium stellt dabei die Frage dar, ob sich die Mieten erhöhen lassen, wobei Wesch zum Vergleich die Mieten in der Nachbarschaft heranzieht. Trotzdem sind zumindest nach seinen Worten die Kapitalgeber nicht auf den schnellen Euro aus. Vielmehr seien sie langfristig orientiert und erwarteten über mindestens zehn Jahre stabile Ausschüttungen. Damit unterscheiden sie sich von den Investoren, die in der Boomzeit der Jahre 2006 und 2007 in Berlin Wohnimmobilien erwarben. Viele von diesen setzten auf den schnellen „Exit“, wie dies die Immobilienfachleute nennen: Sie erwarteten steigende Preise und wollten die Häuser nach kurzer Zeit mit hohem Gewinn wieder veräußern. Für diejenigen Investoren, die auf dem Höhepunkt der Preisentwicklung gekauft hatten, ging das Kalkül indes nicht auf: Nach Angaben des Maklerunternehmens Catella Property Group sind die Preise für Berliner Rendite-Immobilien seit 2008 um rund 15 Prozent gefallen.

„Investoren denken heute in längerfristiger Perspektive“, bestätigt Catella-Chef Klaus Franken. Deswegen bevorzugen sie nach seinen Worten nun in der Mehrheit pflegeleichte, gut vermietete Wohnhäuser und nicht mehr Immobilien mit hohem Leerstand oder Sanierungsbedarf, von denen sich die „opportunistischen“ Investoren der Boomphase einen besonders hohen Gewinn versprachen. Gerade institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen sind laut Franken mit niedrigeren Renditen zufrieden – Hauptsache, diese sind stabil und sicher. Berlin gilt dabei im bundesweiten Vergleich als besonders attraktiv: 36 Prozent aller bei Catella aufgeführten Investoren wollen ausdrücklich in Berlin Wohnimmobilien kaufen. „Berlin“, begründet dies Franken, „ist ein großer, schöner Markt.“

Das Interesse der Investoren zielt in der Regel auf kleinere Liegenschaften, da die Banken den Kauf von großen Portfolios zurzeit kaum noch finanzieren. Doch diese Zurückhaltung scheint allmählich zu schwinden: In dieser Woche machte das Wohnungsunternehmen Deutsche Annington die bundesweit zweitgrößte Transaktion des Jahres perfekt und übernahm von der Gesellschaft IMW das so genannte Prima-Portfolio mit 4500 Wohnungen im Bezirk Lichtenberg. 

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