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Das Kaufhaus Jandorf in der Brunnenstraße erwachte bei der Fashion Week aus dem Dornröschenschlaf.

© Doris Spiekermann

Ungenutzte Locations erwachen aus dem Dornröschenschlaf: Glamour trifft Geschichte

Veranstaltungsräume auf Zeit leben vom Charme der Vergangenheit, dem Rohen und Unfertigen.

Jetzt steht das Kaufhaus Jandorf in der Brunnenstraße wieder leer – wie eigentlich seit Jahren. Aber zur Fashion Week hatte es sich kurzzeitig in das „Zalando Fashion House“ verwandelt. Hier konnten Fashionistas Workshops, Talk-Runden und Präsentationen erleben und gleichzeitig ihre neuesten Handyfotos per kostenlosem WLAN bei Instragram posten. Und das obwohl im Haus eigentlich gerade Sanierungsarbeiten stattfinden.

Seit 1993 ist das ehemalige Kaufhaus im Besitz eines Frankfurter Hoteliers. Seine Pläne, das Haus zu sanieren und Büros, Praxen und Konferenzräume einzurichten, warten immer noch auf ihre Realisierung. Und so wird das Gebäude seit einiger Zeit zur Zwischennutzung als Eventlocation vermietet.

Ob als Zwischenlösung oder als zusätzliches Angebot, in Berlin werden zahlreiche Flächen und Gewerbeobjekte regelmäßig zur Messe- oder Eventlocation. Zu den Klassikern gehören Orte wie die Ofenhalle der Königlichen Porzellan-Manufaktur. Auch alte Industrieflächen erleben eine Renaissance als Eventfläche. Diese Orte leben von ihrer sichtbaren Geschichte, vom Charme der Vergangenheit, dem Rohen, Verfallenen, Unfertigen. Sie sind der typisch Berliner Kontrapunkt und Hintergrund, vor dem mondäne Modenschauen oder andere hochkarätige Veranstaltungen stattfinden.

Designer in der Trafohalle

So hat die Modemarke Hugo Boss 2003 im Alten Postbahnhof am Ostbahnhof eine gigantische Modenschau zelebriert. Das war die Geburtsstunde für diese Location. Seitdem taucht das Gebäude regelmäßig auf dem Radar von Locationscouts und Eventagenturen auf und wird für Veranstaltungen aller Art genutzt.

Auch in den Rathenau Hallen in Oberschöneweide, vor allem in die leerstehende Großtransformatorenhalle, zieht von Zeit zu Zeit Glamour ein, wenn Modedesigner ihre Kollektionen präsentieren oder Musikvideos gedreht werden.

Andere industrielle Locations spielen mehr mit der Geschichte und nutzen ihre Patina, um zur permanenten Eventfläche zu werden. Darunter etwa die Festsäle auf dem Gelände der ehemaligen Meierei Bolle in Alt-Moabit oder die Fabrik 23 in Wedding. Hier leben die vier mietbaren Lofts vom Kontrast des äußeren Verfalls mit innerem Styling. Wobei die Mischung aus Vintagemöbeln und speziell für die Eventlofts entworfenen Stücken ein besonderes Berlin-Feeling verbreitet, das zum Aufstieg der Stadt zu einem der wichtigsten europäischen Messe- und Tagungsplätze beiträgt.

"Ein wiedereröffnetes ICC wäre wichtig"

„In Deutschland belegt Berlin laut Eventbarometer des German Convention Bureau den ersten Platz vor München, Frankfurt, Köln und Hamburg“, erklärt Burkhard Kieker von Visitberlin. „Weltweit positioniert sich die deutsche Hauptstadt auf einem sehr guten vierten Platz vor Singapur, London und Barcelona.“ Führend sind Paris, Wien und Madrid.

Entsprechend vielfältig sind die nachgefragten Präsentationsorte. „Penthouses und Private Dining Rooms, moderne und ungewöhnliche Locations aller Art, Kongresshotels – es ist alles dabei“, sagt Kieker. So sei etwa der CityCube Berlin am Funkturm, der seit rund einem Jahr im Betrieb ist, sehr gefragt. Dem Raumbedarf von Leitmessen wie der IFA, der Innotrans oder der ITB kommt dieses neue Kongress- und Tagungszentrum entgegen, besonders nach der Schließung des ICC.

„Ein wiedereröffnetes ICC in absehbarer Zeit wäre wichtig, um neben dem CityCube Berlin und dem Estrel Convention Center als dritte große Spielstätte die weltweite Nachfrage nach unserer Stadt zu bedienen“, sagt Kieker.

Westhafen liegt noch unter dem Radar

Das Kaufhaus Jandorf in der Brunnenstraße erwachte bei der Fashion Week aus dem Dornröschenschlaf.
Das Kaufhaus Jandorf in der Brunnenstraße erwachte bei der Fashion Week aus dem Dornröschenschlaf.

© Doris Spiekermann

Eine Spielstätte, die vielleicht noch ein wenig unter dem Radar vieler Veranstalter liegt, ist das 2014 eröffnete Westhafen Event & Convention Center in der ehemaligen Lagerhalle I des Westhafens. Hier trifft industrieller Charme auf moderne Eventtechnologie. Aber auch im Olympiastadion geht weitaus mehr als nur Fußball.

„Wir haben über 70 verschiedene Räume plus das Atrium, wo insgesamt 200 bis 250 Veranstaltungen im Jahr stattfinden“, sagt Christoph Meyer, Veranstaltungsdirektor des Olympiastadions. In der Konnektivität der Räume liege eine große Stärke des Stadions. So können bis zum 2500 Personen auf mehreren Etagen direkt über dem heiligen Rasen des Stadions tagen und feiern. Zusätzlich sei auch der Cooking Club für Events buchbar.

„Der Cooking Club macht richtig Spaß“, sagt Meyer. „Wenn man hier mit 20 Leuten und dem Stadion-Chefkoch werkelt und den Blick über das weite Rund schweifen lässt, hat man ein bisschen das Gefühl, dass einem das Stadion gehört.“ Wenn das ICC am Ende doch noch zum Abfertigungsterminal für den BER wird, findet sich bestimmt ein guter Ersatz in der Stadt.

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