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Sozial gerecht? Die Mieter tragen alle Kosten, die Eigentümer können sich zurücklehnen, obwohl der Makler in ihrem Auftrag handelt.

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Unliebsame Kosten: Kampf um die Courtage

SPD und Grüne fordern, dass die Provision künftig der Vermieter zahlt. Die Makler halten dagegen.

Vier Monate hat Hartmut Wagner eine Bleibe für sich und seine Familie in Stuttgart gesucht. Dann fand er eine Vierzimmerwohnung für 1300 Euro kalt. Neben den Umzugskosten wurden 3000 Euro Kaution und die üblichen 2,38 Monatsmieten Provision fällig. „Obwohl der Makler nicht mehr gemacht hat, als das Angebot ins Internet zu stellen und mir einmal die Wohnung zu zeigen.“ Die Unruhe vor allem in Ballungsgebieten nutzen SPD und Grüne jetzt im Wahlkampf. Ihre Landesregierungen in Hamburg, Düsseldorf und Stuttgart wollen über den Bundesrat erreichen, dass künftig die Vermieter die Provision zahlen (wir berichteten).

Das Problem scheint wie gemacht für eine Debatte über soziale Gerechtigkeit: Die Mieter tragen alle Kosten, die Eigentümer können sich zurücklehnen, obwohl der Makler in ihrem Auftrag handelt. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gibt die Marschrichtung vor: „Wer den Makler bestellt, der muss ihn auch bezahlen.“ NRW-Bauminister Michael Groschek (SPD) stimmt zu. Seiner Meinung nach kann ein Normalverdiener „die Kosten von Miete plus Provision plus Kaution kaum noch stemmen“. Damit rennt er beim Deutschen Mieterbund offene Türen ein. „Es ist nicht akzeptabel, dass Makler im Auftrag und Interesse des Vermieters tätig werden, der Mieter aber die Provision zahlt“, sagt der NRW-Vorsitzende Bernhard von Grünberg.

Landesgeschäftsführer Udo Casper aus Baden-Württemberg weiß, dass sich die Wohnungsnot damit nicht lösen lässt. „Aber es entspannt die finanzielle Situation, insbesondere für Studenten.“ Zumal Makler sich nicht immer aufgeschlossen zeigen für die Belange der Mieter. So kam den Hamburger Sebastian Bigalke sein Umzug teuer zu stehen. Bei der neuen Wohnung musste er einen schnellen Mietbeginn akzeptieren, bei der alten Bleibe wartete der Makler dagegen die dreimonatige Kündigungsfrist ab. „Das hat mich am Ende rund 2000 Euro Provision für den Makler der neuen Wohnung und 4000 Euro Doppelmiete gekostet“, berichtet der 40-Jährige. „Die Makler können es sich in Hamburg leisten, die Bedingungen zu diktieren, und der Mieter muss sich fügen.“

Für den Maklerverband IVD ist der Vorstoß dagegen ein rotes Tuch. Professor Stephan Kippes, Sprecher des Südwest-Verbandes und Leiter des IVD- Marktforschungsinstituts, sieht keinen Handlungsbedarf. „Wenn es genug Wohnraum gibt, regelt sich alles von selbst.“ So übernähmen in vielen ostdeutschen Regionen die Vermieter die Provision, um überhaupt Mieter zu finden. „Ein ausgeglichener Wohnungsmarkt ist das beste Heilmittel.“ In dieses Horn stößt auch der NRW-Vorsitzende Ralph Pass. Seiner Meinung nach will die SPD mit ihrem Vorschlag nur vom Wohnungsmangel in Städten wie Köln und Düsseldorf ablenken. Ähnliches ist vom IVD-Nord aus Hamburg zu hören. Zudem gebe es doch nur in den beliebten Vierteln Engpässe.

Die Stuttgarter Maklerin Angelika Schmid warnt, die Provisionsfreiheit für Mieter werde den Markt weiter verengen. „Wir haben jetzt etwa 500 Anfragen für eine Wohnung in guter Lage. Fällt die Provision weg, werden sich auch noch all jene melden, die keine Provision zahlen wollen oder können.“ Das Vorurteil, dass Makler in solchen Regionen ihr Geld leicht verdienen, findet sie ungerechtfertigt. „Viele Leute sehen nicht, was alles zu tun ist: Übergaben, Abnahmen, Verträge.“

Für den Eigentümerverband Haus & Grund in NRW ist die Initiative nur Wahlkampftaktik. Selbst wenn die Umsetzung gelinge, sei der Erfolg zweifelhaft: „Weil die Vermieter nicht auf den Kosten sitzenbleiben wollen, werden sie die Miete anpassen“, ist ein Sprecher überzeugt. Auf diese Ankündigung reagieren die Mieterverbände allerdings gelassen. „Die Mieten sind jetzt schon am Anschlag, mehr geht nicht“, sagt Udo Casper.

In Hamburg etwa liegen die Mieten aufgrund der hohen Nachfrage bei neuen Verträgen deutlich über dem ortsüblichen Mietspiegel. Deshalb will der SPD-Senat des Stadtstaates mit einer weiteren Bundesratsinitiative dafür sorgen, dass die Marke von 20 Prozent nicht überschritten werden darf. Eine weitere Runde im Mietrechtsstreit kündigt sich an. (dpa)

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