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Auf den ersten Blick ist nicht immer ersichtlich, ob ein Angebot seriös ist oder nicht. Betreiber von Internetportalen müssen tagtäglich gegen eine Flut von fragwürdigen Anzeigen kämpfen.

©  imago/Peter Widmann

Unseriöse Angebote: „Ich interessiere mich für Ihre Wohnung“

Identitätsdiebstahl im Internet: Oft geht es um Vorauszahlungsbetrug. Wenn ein Objekt für die Lage sehr günstig ist, sollte man vorsichtig sein.

„Hallo Frau Hecker, ich rufe nochmal an wegen Ihrer Wohnung. Melden Sie sich doch bitte kurz zurück – danke!“ Der Anrufbeantworter blinkt hektisch, als ich aus dem Sommerurlaub mit der Familie nach Hause komme. Drei Wochen sind wir im Campingbus unterwegs gewesen, aber wer wird denn deshalb gleich die Wohnung aufgeben wollen?

Im Gegenteil: Ich bin froh, wieder in den eigenen vier Wänden zu sein! In meinen sozialen Netzwerken häufen sich Kontaktanfragen mir fremder Menschen, alle interessieren sich für eine Wohnung. Bis endlich die Nachricht von Nutzerin S. erscheint: „Es scheint, als wenn jemand deinen Namen für Betrugsmaschen im Internet nutzt.“

Pro Jahr kommt es in Deutschland zu rund 14,7 Millionen Internetstraftaten. Das hat eine Befragung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben. Den größten Teil – mit mehr als sechzig Prozent der Delikte – macht Schadsoftware aus, wenn beispielsweise über den Download kostenloser Programme aus dem Internet Viren auf den Computer gelangen und dort ihr Unwesen treiben.

Auf Platz zwei und drei stehen mit 16 und 14 Prozent der Waren- und Dienstleistungsbetrug sowie der Identitätsdiebstahl.

Den Schlüssel bekommt man gegen Kaution von 1900 Euro

Ein Identitätsdiebstahl liegt vor, wenn jemand Identifizierungsdaten einer anderen Person annimmt, um in deren Namen Geschäfte abzuwickeln. Über betrügerische Mails und Webseiten im Internet werden beispielsweise Passwörter oder Kontodaten abgefangen, mit denen der Täter ungehindert im Netz einkaufen gehen kann.

In meinem Fall hat ein Betrüger meinen Namen benutzt, um damit eine Wohnungsanzeige zu schalten. Wer an die angegebene eMail-Adresse schreibt, bekommt eine ausführliche Antwort in bruchstückhaftem Deutsch. Der Vermieter befinde sich in Großbritannien, man könne sich den Schlüssel für die Wohnung aber gegen eine Kaution von 1900 Euro schicken lassen.

Den Wohnungsportalen ist diese Masche nicht neu. „Pro Woche deaktivieren wir etwa 500 Objekte bundesweit“, so Sonja May von Immobilienscout24.

Fälle von versuchtem Vorkasse-Betrug gebe es vor allem in Großstädten, wo der Druck auf dem Wohnungsmarkt größer sei. „Der Betrüger verwendet die Identität einer realen Person, um möglichen Interessenten vorzugaukeln, dass es sich um ein seriöses Inserat und einen seriösen Anbieter handelt.“

Suche nach einem seriösen Angebot am besten zwischen 12 und 18 Uhr

Die Seite wohnungsbetrug.blogspot.com sammelt und listet betrügerische Wohnungsangebote, täglich kommen laut Betreiber der Seite hunderte von gefälschten Inseraten zusammen. Die meisten Betrugsangebote würden in den frühen Abendstunden ab 19 Uhr geschaltet, denn erst ab dem darauf folgenden Morgen könnten große Portale wie Immonet und Immoscout falsche Anzeigen wieder aus dem Netz nehmen. Für die Suche nach einer seriösen Wohnung empfehlen die Betreiber des Blogs daher den Zeitraum zwischen 12 und 18 Uhr.

Neben spezieller Software, die auffällige Inserate ausfindig machen soll, setzen die Wohnungsportale vor allem auf aufgeklärte Nutzer: „Als Suchender sollte man immer vorsichtig sein, wenn ein Angebot für die angebotene Lage unverhältnismäßig günstig ist, die Fotos nicht zur Objektbeschreibung passen oder als einzige Kontaktmöglichkeit eine E-Mail-Adresse angegeben ist“, warnt Sonja May.

Wenn dann auch noch eine Zahlung im Vorfeld der Besichtigung gefordert werde, sei dies ein eindeutiges Kennzeichen für ein unseriöses Angebot.

Mehr als eine E-Mail-Adresse haben die wenigsten in der Hand

Auf den ersten Blick ist nicht immer ersichtlich, ob ein Angebot seriös ist oder nicht. Betreiber von Internetportalen müssen tagtäglich gegen eine Flut von fragwürdigen Anzeigen kämpfen.
Auf den ersten Blick ist nicht immer ersichtlich, ob ein Angebot seriös ist oder nicht. Betreiber von Internetportalen müssen tagtäglich gegen eine Flut von fragwürdigen Anzeigen kämpfen.

©  imago/Peter Widmann

Wer erst einmal Geld überwiesen hat, kann kaum auf eine Entschädigung hoffen. Pro Monat behandelt die Berliner Polizei im Durchschnitt nicht mehr als zwanzig Fälle in Sachen Vorauszahlungsbetrug. „Die Aufklärungsquote ist gering, weil die Opfer kaum Angaben zu den Tätern machen können“, erklärt Sprecher Martin Dams. Mehr als eine E-Mail-Adresse des vermeintlichen Vermieters haben die wenigsten in der Hand.

Dams appelliert bei der Wohnungssuche an den gesunden Menschenverstand: „Sie würden auch kein neuwertiges Auto für 500 Euro kaufen.“

Interessenten rät er, sich einen Ausweis des Vermieters zeigen zu lassen und zu überprüfen, ob das Bild mit der Person übereinstimme und ob das Dokument noch gültig sei. „Wer rechtmäßig eine Wohnung vermieten will, der wird sich auch nicht scheuen, Informationen über sich preiszugeben.“ Bei einer Wohnungsbesichtigung empfiehlt er, zur Sicherheit immer eine zweite Person mitzunehmen, die notfalls als Zeuge auftreten kann. Und: „Sobald irgendwo rumgedruckst wird, sollten alle Warnsignale angehen.“

Bei wohnungsbetrug.blogspot.com gehen regelmäßig Beschwerden ein

In meinem Fall des Namensmissbrauchs kann mir die Polizei nicht weiterhelfen. Dass jemand meinen Namen für einen Betrug nutzt, könne ein Indiz dafür sein, dass man mir Böses wolle, vermutet Martin Dams. Strafrechtliches Handeln sei jedoch nicht erkennbar.

Wer der Ansicht ist, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gegen Datenschutzvorschriften verstoßen wurde, kann sich an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wenden. Die Behörde prüft, ob die Wohnungsportale datenschutzrechtlich belangt werden können, weil dort jemand mit falscher Identität aufgetreten ist.

Auf der Seite wohnungsbetrug.blogspot.com gehen regelmäßig Beschwerden von Menschen ein, mit deren Namen betrogen wurde und die sich von der Webseite verleumdet fühlen. Ihnen entgegnet der Betreiber auf seinem Blog: „Jede Person, die im Internet erscheint, kann damit rechnen, dass ihr Name von den Betrügern verwendet wird. Die Verantwortlichen sind außer den Betrügern die jeweiligen Anzeigenportale, die den Betrug mit falschen Daten ermöglichen.“

Geschützt ist nur, wer im Internet möglichst wenig von sich preisgibt

Sonja May von Immobilienscout24 hält dagegen: „Aufgrund der enormen Anzahl von Immobilienangeboten auf unserem Portal können wir Inserate nicht einzeln vor der Einstellung und auch nicht die einzelnen Identitäten der Anbieter überprüfen.“ Der Gesetzgeber habe das erkannt und Onlinemarktplätze wie ImmobilienScout24 darum von Prüfungspflichten im Hinblick auf fremde Inhalte freigestellt.

Geschützt vor Identitätsmissbrauch ist somit nur, wer im Internet möglichst wenig von sich preisgibt. Wer bei Facebook sein Geburtsdatum angegeben hat, kann es vor Fremden verbergen. Das deutsche Recht erlaubt es zudem, in Foren und Netzwerken Pseudonyme statt Klarnamen zu benutzen.

Für mich als Journalistin ist das hingegen keine Option: Wer wie ich eine Webseite betreibt, muss wahre Angaben zu Namen und Adresse machen – so schreibt es die Impressumspflicht vor.

Alena Hecker

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