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Hoch die Schieber. Gemeinden geben die Pflicht zur Räumung der Gehwege meist an die Anlieger weiter.

© Wolfgang Kumm/dpa

Verkehrssicherung: Sicherer Gang für zwei

Bei Schnee und Eis muss ab 7 Uhr geräumt werden. Ausrutscher können teuer zu stehen kommen.

Die Gehwege sind tief verschneit, dicke Flocken wirbeln durch die Luft: Wenn über Nacht der Winter kommt, ist die Freude über die weiße Pracht am Morgen groß. Doch gerade für Hausbesitzer bedeuten Schnee und Eis meist auch Stress. Wer muss streuen und räumen? Wie oft und wie lange? Und was droht, wenn man seine Pflicht vernachlässigt?

Bei öffentlichen Gehwegen tragen zunächst die Gemeinden die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Doch fast immer machen sie von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch, diese Pflicht auf die Straßenanlieger abzuwälzen – also auf die Hauseigentümer. Diese wiederum dürfen die Verkehrssicherungspflicht ihrerseits weiterreichen, zum Beispiel an einen Verwalter, Hausmeister oder ihre Mieter.

Hat ein Hauseigentümer seine Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß auf Mieter übertragen, muss er nach einem Glatteisunfall in der Regel nicht haften. Er kann vielmehr davon ausgehen, dass die Mieter ihren vertraglich vereinbarten Pflichten auch nachkommen werden (Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, AZ: 7 U 905/96). Wer Aufgaben delegiert, muss aber seine Hilfspersonen allerdings sorgfältig aussuchen und gelegentlich auch kontrollieren.

Auch an Zugänge zu Müll, Keller und Garagen denken

Um welche Uhrzeit die Streupflicht beginnt und endet, steht in der Regel in der jeweiligen Gemeindesatzung. Meist ist sie zwischen 7 und 20 Uhr vorgesehen, also für die typische Zeit des Berufsverkehrs. Am Wochenende beginnt die Streupflicht meist ab 9 Uhr. Stürzt zum Beispiel ein Mieter morgens um 6.05 Uhr auf einer rutschigen Außentreppe, so kann der Vermieter dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (AZ: 24 U 143/99).

Zu dieser Zeit – außerhalb der „allgemeinen Verkehrsstunden“ – habe für ihn noch keine Pflicht bestanden, die Treppe zu streuen. Anders kann das aber aussehen, wenn besondere Anlässe außerhalb dieser „Kernzeit“ es notwendig machen, noch einmal zum Besen zu greifen, zum Beispiel Veranstaltungen wie Karnevalsfeiern.

Für den Umfang der Streu- und Räumpflicht gilt: Alle Wege, die üblicherweise genutzt werden, müssen ohne Gefahren benutzbar sein. Neben dem Gehweg vor dem Haus sind daher auch der Hauseingang sowie die Zugänge zu Mülltonnen, Keller und Garagen zu räumen. Die Gemeindesatzungen geben oft Auskunft darüber, wie viel Weg begehbar sein muss. Faustregel: Ein Gehsteig sollte so geräumt sein, dass zwei Fußgänger aneinander vorbei kommen können. Dafür reichen im Allgemeinen 80 bis 120 Zentimeter, meinte zum Beispiel das Oberlandesgericht Bamberg (AZ: 5 U 46/75).

Verletzen sich Passanten, drohen Bußgelder

Und wie oft muss man an einem Wintertag zum Schneeschieber greifen? Während der allgemeinen Verkehrszeiten müssen die Wege im Grunde ständig frei sein. Wenn aber wegen starken Schneefalls oder sich ständig erneuerndem Glatteis erkennbar ist, dass die Arbeit erfolglos bleibt, kann gewartet werden. So entschied unter anderem das Oberlandesgericht Schleswig in einem Fall mit Eisregen (AZ: 11 U 14/2000).

Die Rechtsprechung dazu ist allerdings nicht einheitlich. So hatte ein Hamburger Vermieter bei gefrierendem Regen nichts getan, weil er Streumaßnahmen für „von vornherein aussichtslos und damit unzumutbar“ hielt. Ein Mieter stürzte und verletzte sich schwer. Das Landgericht Hamburg verdonnerte den Vermieter zu Schadenersatz: Er hätte außergewöhnliche Anstrengungen zur Gefahrenbeseitigung zeigen müssen (AZ: 309 S 234/97).

Wer seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt, kann bei Verletzungen von Passanten nicht nur für Behandlungskosten, Verdienstausfall und Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Es droht sogar ein Bußgeld, welches keine Haftpflichtversicherung übernimmt. Als Ausrede gilt übrigens nicht, dass man gerade im Urlaub war. Wurde die Pflicht – zum Beispiel per Mietvertrag – übernommen, dann muss für eine Vertretung gesorgt werden (Oberlandesgericht Köln, AZ: 26 U 44/94).

(Ftx)

Marc Lehmann, Ftx

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