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Im Herbst 2017 steht in Deutschland die Bundestagswahl an.

© imago/Ralph Peters

Vor der Bundestagswahl 2017: So stehen die Parteien zum Thema Wohnen

Wohnungspolitik wird bei der kommenden Bundestagswahl für Diskussionen sorgen. Was ist von den Parteien zu erwarten? Wahlprogramme im Vergleich.

Die Mieten und Kaufpreise in den Ballungsräumen steigen und steigen, während Wohnungen und Häuser in ländlichen Räumen immer schwerer zu vermieten oder zu annehmbaren Preisen zu verkaufen sind. Ständig neue Anforderungen an den Klimaschutz und die Erhöhung von Abgaben – Stichwort Grunderwerbsteuer – machen das Bauen und Wohnen teuer. Vielen Normalverdienern und Rentnerhaushalten droht Altersarmut. Der ältere Wohnungsbestand soll auf einen modernen energetischen Standard gebracht werden, der sich zunächst wirtschaftlich gar nicht rechnet. Man muss kein Prophet sein, um anzunehmen, dass der Themenkomplex Wohnen und Bauen die Diskussionen über die nächste Bundestagswahl mitbestimmen wird. Allein die wohlfeile Forderung nach bezahlbaren Mieten („Mietpreisbremse“) hilft nicht weiter. Zwar haben die Parteien noch keine Wahlprogramme vorgelegt, doch es gibt erste Thesenpapiere und Anträge. Was ist von den Parteien zu erwarten? Aus Platzgründen beschäftigen wir uns in dieser Ausgabe zunächst mit der CDU, der SPD, den Bündnisgrünen und der FDP. Die wesentlichen Positionen der Partei Die Linke und der AfD werden in einer Woche nachgetragen.

CDU

Die CDU hatte sich auf ihrem 29. Parteitag in Essen für die gezielte Förderung junger Familien durch ein Baukindergeld ausgesprochen. Zudem will die Partei einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer einführen, um so die Baunebenkosten zu senken. „Ein Freibetrag von 100 000 Euro, der pro Kind um jeweils weitere 5000 Euro aufgestockt wird, würde jungen Familien die Bildung von Wohneigentum erheblich erleichtern und Mitnahmeeffekte vermeiden“, sagt Jan-Marco Luczak als Mietrechtspolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Vorstellungen seiner Partei, der CDU.

Darüber hinaus sollen ländliche Gebiete durch eine Verbesserung der Infrastrukturen für Familien wieder interessant werden. Vor allem wünscht sich die CDU ein Land der Wohneigentümer. Über eine zusätzliche Sonderabschreibung von insgesamt 29 Prozent der Baukosten über drei Jahre soll der Mietwohnungsbau in Ballungsräumen angekurbelt werden, sagt Luczak weiter. Eine Verschärfung der Mietpreisbremse lehnt die Union ab, hält die Begrenzung der Mieten in angespannten Wohnungsmärkten aber für das „richtige Instrument, um kurzfristig den Anstieg der Mieten zu dämpfen“. Mieter will die CDU vor Verdrängung aus ihren angestammten Wohnviertel durch Modernisierungsmaßnahmen schützen. „Angesichts niedriger Zinsen ist eine angemessene Absenkung der Modernisierungsmieterhöhung möglich“, schreibt Luczak auf Anfrage, „diese Absenkung muss jedoch maßvoll erfolgen.“ Gesetzliche Vorgaben etwa für Baustandards und Energieeinsparvorschriften, die das Bauen verteuern, will die Union kritisch überprüfen.

Neu geordnet werden könnten auch die Zuständigkeiten beim Zuschnitt der Ministerien: „Deutschland braucht eine Wohnungspolitik aus einem Guss“, sagt Luczak: „Die Verteilung der wohnungspolitischen Zuständigkeit auf drei Ministerien sollte zu Beginn der nächsten Legislaturperiode geprüft werden. Eine stärkere Bündelung der Zuständigkeit ist wünschenswert.“ Der Unions-Experte weist darauf hin, dass diese Eckpunkte möglicherweise nicht 1:1 Eingang in das Wahlprogramm der Union finden werden. Aber es seien die aktuell geltenden Positionen des Mietrechtsexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Auch die Bündnisgrünen sind mit dem derzeitigen Zuschnitt der Ministerien mit Blick auf die immobilienwirtschaftliche und -rechtlich Politik unzufrieden. „Wir sehen die Zusammenlegung von Umwelt und Bauen als zentrale Chance vor allem mit Blick auf Ressourceneffizienz und Flächenverbrauch“, lässt Chris Kühn, Sprecher für Bau- und Wohnungspolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mitteilen: „Allerdings müssten nach der nächsten Wahl auch die Bereiche energetische Gebäudesanierung aus dem Bundeswirtschaftsministerium und Raumordnung aus dem Verkehrsministerium dazukommen, um Dienstwege und Abstimmungen zwischen den einzelnen Bereichen möglichst kurz zu halten, denn der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum ist riesig.“ Die Bündnisgrünen unterstützen, so Kühn, die Idee, junge Familien beim Wohnen durch ein Familienbaugeld zu unterstützen. Die Begrenzung auf Ballungsräume – wie von der SPD vorgeschlagen – sei aber kurzsichtig. Dort finde man kaum noch bezahlbare Wohnungen oder Häuser. „Daher sollte die Förderung auch auf Bestandsimmobilien in Ortskernen ausgeweitet werden“, so Kühn: „So können Dorfkerne wiederbelebt und Familien ein günstiges Heim ermöglicht werden.“ Eine Neuauflage der Eigenheimförderung , wie es Teile der CDU fordern, lehnen Bündnis 90/Die Grünen strikt ab. Den Kündigungsschutz will die Partei für Mieter verbessern und die Mietpreisbremse verschärfen: Es soll weniger Ausnahmen geben, und die Mietpreisbremse soll zehn anstatt nur fünf Jahre gelten. Es sei ein Fehler des Bundes gewesen, beim sozialen Wohnungsbau die Kompetenz an die Länder abzugeben, meinen die Bündnisgrünen. Der Bund müsse „zurück in die Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum – mit der Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit“.

SPD

Auch die Sozialdemokraten wollen die Mietpreisbremse weiter verschärfen. Vermieter sollen zur Offenlegung der Vormiete gesetzlich verpflichtet werden, teilt Michael Groß, wohnungs- und baupolitischer Sprecher der SPD-Bundestagfraktion unter Hinweis auf ein entsprechendes SPD-Papier mit. Die Modernisierungsumlage will die SPD von derzeit elf Prozent auf acht Prozent absenken. Das Bestellerprinzip bei den Maklergebühren soll nach dem Willen der Sozialdemokraten auch beim Verkauf eines Grundstücks und/oder einer Immobilie gelten. Den Erwerb von Wohneigentum will die SPD durch bessere Bedingungen bei den Erwerbsnebenkosten erleichtern. Entsprechende KfW-Programme sollen längere Laufzeiten haben. Tilgungsfreie Jahre sollen ausgeweitet oder flexibilisiert werden. Den Zeitraum für zulässige Mieterhöhungen will die SPD in angespannten Wohnungsmärkten von drei auf vier Jahre erhöhen. Die Vergabe von bundeseigenen Grundstücken will die SPD durch eine Änderung des Gesetzes für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) zugunsten der Kommunen erleichtern. Die Kommunen sollen ein Erstzugriffsrecht zum Verkehrswert erhalten. Nicht Höchstpreise, sondern Nutzungskonzepte sollen entscheidend sein. Bodenspekulanten wollen die Sozialdemokraten den Boden entziehen: „Dazu gehört die konsequente Anwendung z.B. von Sanierungs- und Entwicklungsgebieten oder die kooperative Baulandentwicklung durch die Gemeinde wie etwa in München oder Berlin“, heißt es in einem Positionspapier.

FDP

Der zuständige Bundesfachausschuss der FDP hat sich vor zwei Wochen mit den Bausteinen für das Bundeswahlprogramm beschäftigt, das aber noch nicht beschlossen ist, teilt Stefan Förster auf Anfrage mit. Er gehört dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Nach seinen Angaben will die FDP sowohl die so genannte Mietpreisbremse wie auch die Grunderwerbsteuer für selbstgenutztes Wohneigentum abschaffen. Der Neubau von Wohnungen soll dadurch attraktiver gemacht werden, dass zum Beispiel die jährliche Abschreibungsrate für Gebäude von zwei auf vier Prozent erhöht wird. Schlussendlich fordern die Freidemokraten eine Zweckbindung der Bundesmittel zur Wohnungsbauförderung. Um diesen Engpass zu bekämpfen, stelle der Bund zwar jährlich rund 500 Millionen Euro zur Verfügung. Doch anstatt damit die dringend benötigten Wohnungen zu bauen, versinken diese Gelder zum Teil in den Kassen der Länder und Städte, schreibt Förster: „Wir fordern daher eine Zweckbindung der Bundesmittel: Geld, das zur Errichtung von Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wird, muss auch dafür eingesetzt werden.“

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