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Immobilien: Was außer ärgern?

Sich wehren gegen eine unberechtigte Abmahnung vom Vermieter: Geht das? Und wenn ja, wie?

WAS STEHT INS HAUS?

Wir sind Mieter in einem Mehrfamilienhaus. Ein Nachbar hat sich über uns beschwert: Angeblich hielten wir uns nicht an die Ruhezeiten und sähen zu laut fern. Der Vermieter hat das überhaupt nicht überprüft, sondern uns nur aufgefordert, in Zukunft die Hausordnung einzuhalten. Außerdem hat er uns die fristlose Kündigung angedroht, falls sich noch jemand über uns beschwert. Wir fühlen uns aber unschuldig. Deshalb wollen wir die Rücknahme der Abmahnung verlangen, beziehungsweise deren Unterlassung sowie die Feststellung der Unrechtmäßigkeit. Was können wir tun?

WAS STEHT IM GESETZ?

Sie müssen überhaupt nichts tun. Aus der Abmahnung ergeben sich für Sie keine Nachteile. Denn der Bundesgerichtshof hat am 20. Februar 2008 definiert: Die Abmahnung solle den Mieter nur darüber informieren, welches Verhalten vom Vermieter missbilligt werde (AZ: VIII ZR 139/07). Weitere Konsequenzen müssen Sie nicht befürchten. Denn falls es später zur Kündigung und zum Prozess kommt, können Sie dort die Berechtigung der Abmahnung immer noch bestreiten und überprüfen lassen. Der Vermieter müsste dann beweisen, dass sie tatsächlich wiederholt gestört haben. Eine Klage zum jetzigen Zeitpunkt wäre daher nicht nur sinnlos, sondern nach Auffassung des Bundesgerichtshofs auch nicht zulässig.

In Sachen Abmahnung unterscheidet sich das Mietrecht damit vom Arbeitsrecht: Da hat der Arbeitnehmer das Recht, sich gegen eine unberechtigte Abmahnung gerichtlich zu wehren. Dies gilt aber nur deswegen, so der BGH, weil im Arbeitsverhältnis die ausgeprägte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bestehe und die damit einhergehenden persönlichkeitsrechtlichen Bindungen. Daraus ergibt sich die Pflicht, für das Wohlergehen der Mitarbeiter Sorge zu tragen und sich auch um den Schutz anderer Rechtsgüter des Arbeitnehmers, wie etwa den Schutz vor Verleumdung, zu kümmern. Eine solche Fürsorgepflicht sei aber im Mietvertragsrecht nicht gegeben oder zumindest nicht in einer auch nur annähernd vergleichbaren Form anzutreffen.

UND WIE STEHEN SIE DAZU?

Aus meiner Sicht ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs problematisch. Denn sie zwingt Mieter, unberechtigte Abmahnungen zunächst hinzunehmen. Das Urteil kann Vermieter auch dazu verleiten, vorschnell und zu Unrecht vermeintliche Vertragsverletzungen des Mieters abzumahnen. Und trotz der BGH-Entscheidung: Eine Abmahnung ist Voraussetzung für eine fristlose Kündigung wegen Vertragsverletzungen. Mieter sollten deshalb die Möglichkeit haben, schon gegen diese Vorbereitungen für eine Kündigung vorzugehen und sich gegen unzutreffende Behauptungen zu wehren. Wenn diese Möglichkeit ausgeschlossen wird, wird die gesamte Problematik in den Räumungsprozess verlagert. Damit verschlechtert sich auch für beide Seiten die Beweissituation. Und es entsteht Rechtsunsicherheit, die das Mietverhältnis unnötig belastet.

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