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Immobilien: Wenn die Räumung ansteht

Glücklicherweise dürfte es nicht allzu oft vorkommen.Denn wenn Mieter bei etwaigen Mietschulden und Zahlungsnot unverzüglich das Wohnungs- oder Sozialamt einschalten und sich an die Gepflogenheiten des üblichen Miteinanders halten, sind sie weitestgehend davor geschützt, ihre vier Wände plötzlich räumen zu müssen.

Glücklicherweise dürfte es nicht allzu oft vorkommen.Denn wenn Mieter bei etwaigen Mietschulden und Zahlungsnot unverzüglich das Wohnungs- oder Sozialamt einschalten und sich an die Gepflogenheiten des üblichen Miteinanders halten, sind sie weitestgehend davor geschützt, ihre vier Wände plötzlich räumen zu müssen.

Einer Aufforderung des Hausbesitzers zur Räumung einer Wohnung geht immer eine - fristgemäße oder fristlose - Kündigung voraus, sei es wegen Zahlungsverzugs, Eigenbedarfs oder anderer Unbill.Schon darauf sollte man unbedingt reagieren, nicht panisch das Weite suchen, sondern sich zunächst mietrechtlichen Beistand sichern, die Rechtmäßigkeit der Kündigung prüfen lassen und auch, ob man die gesetzlicherseits für Härtefälle vorgesehene "Sozialklausel" des BGB (§ 556a) für sich beanspruchen kann.

Selbst nach einer Räumungsaufforderung, die allerdings nahezu zwangsläufig kommt, wenn man trotz Kündigung in der Wohnung verharrt, ist der Mieter nicht völlig schutzlos.Eigenmächtig dürfen weder der Vermieter noch seine Helfer handeln, geschweige denn, sich gewaltsam Zutritt verschaffen, etwa um den Mieter zur Aufgabe der Wohnung zu zwingen.Auf das Recht zur Selbsthilfe des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 229) könne sich der Vermieter dabei nicht berufen und somit den staatlichen Rechtsschutz für den Mieter umgehen, entschied sinngemäß das Oberlandesgericht Köln (Az.Ss 340 / 95).

Im Gegenteil: Rechtskommentaren läßt sich entnehmen, daß sich ein Vermieter, der auf dem Wege der Selbsthilfe die Wohnung des Mieters eigenmächtig ausräumt, in mehrfacher Hinsicht strafbar macht und in jedem Fall Nötigung (§ 240 StGB) sowie Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) begeht.Je nach Lage des Einzelfalls komme "auch eine versuchte oder vollendete Erpressung (§§ 253, 22 StGB) in Betracht", heißt es in der Broschüre "Geld und Mietende", herausgegeben von der Vermieterorganisation Haus & Grund Deutschland.Bei einem "derart massiven Eingriff in die Privatsphäre des Mieters", mahnt der Autor und Anwalt Hans Reinold Horst, "muß sich jedem besonnenen Vermieter aufdrängen, seine Absichten vor ihrer Umsetzung rechtlich überprüfen zu lassen."

Seinen berechtigten Anspruch kann der Vermieter nur mittels einer Räumungsklage durchsetzen.Er muß vor Gericht einen sogenannten Räumungstitel erwirken, auf dessen Grundlage dann ein Gerichtsvollzieher mit der Räumung der Wohnung beauftragt wird.Ist die Klage eingereicht, kann der Mieter allerdings eine Räumungsfrist beantragen.Damit soll er vor Wohnungslosigkeit geschützt werden und Zeit bekommen, sich intensiv um eine neue Bleibe zu kümmern.Erweist sich die gerichtlich festgesetzte Räumungsfrist als zu kurz, kann sie auf Antrag auch wiederholt verlängert werden - insgesamt bis zu einem Jahr, heißt es dazu in der Zivilprozeßordnung (§ 721,5).Dieser Antrag auf Verlängerung muß spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist gestellt werden.

Mitunter stellt sich dann aber die Frage: Wann ist eine Wohnung tatsächlich geräumt? So gebe es in der Praxis immer wieder Zweifel, ob eine "vollständige Räumung verlangt werden kann oder die Rückgabeverpflichtung auch dann erfüllt ist, wenn sich nur noch Gerümpel in der Wohnung befindet", sagt der Kölner Rechtsanwalt Klaus Lützenkirchen, und weist in einem Aufsatz der Zeitschrift Wohnungswirtschaft & Mietrecht (WM 3 / 97) darauf hin, daß der Ausgangspunkt dieser Überprüfung immer die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sei, demzufolge der Mieter dem Vermieter die Räume vorenthält, wenn er ihm zwar den Besitz überläßt, aber seine in den Räumlichkeiten befindlichen Gegenstände nicht entfernt (BGH, in: WM 1988, S.270).

Das Oberlandesgericht Hamm bekräftigt: "Der Rückgabeanspruch des Vermieters umfaßt außer der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung der Räume.Läßt der Mieter vor allem im Keller und auf dem Dachboden eine Vielzahl von Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen sowie Gerümpel zurück, enthält er die Mietsache dem Vermieter vor." Als Folge davon steht dem Vermieter für die Zeit der nicht vollständigen Räumung ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu (Az.29 U 80 / 95).

Allerdings kann, so beschloß sinngemäß das Bundesverfassungsgericht, "das Grundrecht des Mieters auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art.2 Grundgesetz) in absoluten Ausnahmefällen dazu führen, daß Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Räumungstitel auf unbestimmte Zeit einzustellen ist" (Az.1 BvR 1147 / 97).Der Vermieter hatte in diesem Fall dem Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt, wogegen der Bewohner Verfassungsbeschwerde einlegen ließ.Der Mieter lebte seit 38 Jahren in besagter Wohnung, war wegen der drohenden Zwangsvollstreckung suizidgefährdet - und 99 Jahre alt.

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