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Das Mehrgenerationenhaus ist für moderne Migranten heutiger Tage meist ein Auslaufmodell.

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Wohneigentum: "Ich bleibe hier"

Zuwanderer kaufen in ihren Kiezen. Erste repräsentative Studie zur Wohneigentumsbildung von Migranten.

Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) erwerben immer mehr Migranten in Deutschland Wohneigentum zur Selbstnutzung. Zudem steigt die Wohneigentumsquote bei Migranten derzeit deutlich stärker, als die von Einwohnern ohne Migrationshintergrund, teilte das Difu in dieser Woche in Berlin mit. Warum das so ist, lässt sich noch nicht exakt belegen. „Die Frage nach dem Warum ließe sich nur durch die Befragung von Nicht-Migranten beantworten“, sagte die Difu-Projektleiterin Bettina Reimann auf Anfrage. Möglicherweise sind die in den entsprechenden Heimatländern herausgebildeten Traditionen ausschlaggebend dafür, dass Migranden derzeit stärker ihren Wunsch nach Wohneigentum realisieren als Nicht-Migranten.

Das Deutsche Institut für Urbanistik ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Die Studie „Wohneigentum als Chance für Stadtentwicklung und Integration“ über den Umfang und die Entwicklung selbstgenutzten Wohneigentums von Zuwanderern entstand im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) sowie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Rahmen des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt)“. Die Studie ist nach Angaben des Instituts die erst repräsentative Erhebung für diesen Themenbereich.

Für die Projektbearbeitung wurde eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Methoden gewählt. Ausgangspunkt des Forschungsprojekts war die Analyse von Literatur und Studien, auf deren Basis der aktuelle Forschungsstand aufbereitet wurde. Mittels Auswertung von Daten aus dem Mikrozensus und dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) wurden Umfang und Entwicklung des selbstgenutzten Wohneigentums von Menschen mit Migrationshintergrund erhoben. Zur weiteren qualitativen Bearbeitung wurden zehn Fallstudien ausgewählt und analysiert.

Wohneigentumsbildung von Zuwanderern hat positive Effekte

Zuwanderer leben in Deutschland vorrangig in städtischen Regionen. In Haushalten von Migranten, die Wohneigentum bilden, leben mehr Menschen, sie sind im Schnitt jünger und sie verdienen insgesamt weniger Geld als in Haushalten von Menschen ohne Migrationshintergrund. In Deutschland lebende Personen mit italienischem Pass bilden dabei prozentual die größte Gruppe, die Wohneigentum bildet. Die Forscher fanden weiter heraus, dass die hier lebenden Menschen mit türkischem Pass in absoluten Zahlen die größte Teilgruppe stellen.

Anders als die erste „Gastarbeiter“-Generation der sechziger Jahre, erwirbt die dritte Generation heute in der Regel Wohneigentum im fremden und im Herkunftsland. Wenn es um die Gründe für den Erwerb von Wohnraum geht, unterscheiden sich Migranten nicht von Nicht-Migranten: Es geht um die Verbesserung der Wohnsituation, den Wunsch nach mehr Platz infolge von Familiengründungen, um die Unabhängigkeit vom Mietmarkt und um die Geldanlage.

Wohneigentumsbildung von Zuwanderern hat positive Effekte und zwar vor allem in den Stadtvierteln, die als benachteiligt eingestuft sind. In diesen Gebieten unterstützt die Wohneigentumsbildung eine Stabilisierung. Gleichwohl sei aber auch festzustellen, dass meist dort Immobilien erworben würden, wo der Anteil von Personen mit Migrationsanteil hoch sei – zu einer stärkeren ethnischen Mischung tragen die Käufer meist nicht bei. Weil es problematisch sei, wenn sich eine soziale Benachteiligung räumlich konzentriere, sei die Wohneigentumsbildung von Migranten ein Potential, das zu wenig genutzt werde, sagt die Soziologin Reimann zur Untersuchung.

Auch auf dem Wohnungsmarkt kommt es zu Diskriminierung

Mit der Wohneigentumsbildung seien vielfältige Chancen für die Stadtentwicklung verbunden. Sie sollten von den Kommunen frühzeitig für das jeweilige Stadtviertel identifiziert und in die Stadtentwicklungsplanung einbezogen werden, empfiehlt das Difu.

Gruppen, die bereits länger in Deutschland ansässig seien, würden eher Wohneigentum kaufen, als jene, die erst in den neunziger Jahren zugewandert seien, beobachtete die Difu-Projektleiterin. Dies sei mit dem Trend zur Selbstständigkeit in den Migrantengruppen vergleichbar.

„Der Status bei Migranten, die Eigentum erwerben, wächst schon“, sagt Reimann, „dennoch bestehen vielerorts Ängste, wenn sich der Anteil von zugewanderten Wohnungseigentümern in bestimmten Gebieten ausprägt.“ Bisher sind dies häufig Wohnlagen, die lärm- und umweltbelastet, aber eben auch finanziell attraktiv sind für Käufer, die in der Regel weniger Geld haben als Nicht-Migranten. „Es wird von politischer Seite zu wenig wahrgenommen, dass es auch auf dem Wohneigentumsmarkt zu Diskriminierung kommt“, sagt Reimann. Hier gebe es Handlungsbedarf.

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