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Wohnfläche: Es gilt die Zehn-Prozent-Regel

Die Ermittlung der Wohnfläche sorgt oft für Verdruss zwischen Mieter und Vermieter. Bei der Berechnung gibt’s Varianten.

Neue Urteile zur Wohnflächenberechnung verunsichern viele Mieter. So befand der Bundesgerichtshof, dass die Miete nicht immer gemindert werden kann, wenn die Wohnung kleiner ist, als im Mietvertrag angegeben. Selbst bis zu zehn Prozent Abweichung seien zulässig – Mieter müssen in solchen Fällen also mehr Fläche zahlen, als sie tatsächlich bewohnen.

Genaue Zahlen sind zwar nicht bekannt. Doch Experten schätzen, dass die Wohnfläche von mindestens jeder zweiten Mietwohnung in Deutschland um bis zu zehn Prozent von dem abweicht, was im Mietvertrag steht. „Die Ursache sind unterschiedliche Berechnungsmethoden“, sagt Kai Warnecke vom Eigentümerverband Haus und Grund in Berlin. Während Bauunternehmer nach DIN- Normen abrechnen, gebe es für Vermieter andere Vorschriften: die Wohnflächenverordnung und regionale Berechnungsmethoden etwa.

„Je nach Berechnungsart variieren die Flächen“, erläutert der Rechtsanwalt Thomas Hannemann aus Karlsruhe, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Miet- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein in Berlin ist. Während im Baurecht alles zur Grundfläche zählt, gelten im Mietrecht nur bestimmte Flächen als Wohnfläche. Und das kann laut Warnecke zum Beispiel dazu führen, dass ein Eigentümer zwar eine richtig vermessene 60-Quadratmeter-Wohnung kauft. Nach den örtlichen Mietwohnungs-Berechnungsvorschriften darf er sie aber nur als 55-Quadratmeter-Wohnung vermieten.

Für Mieter sind die im Vertrag genannten Quadratmeter maßgeblich. Mit der Unterschrift treffen Mieter und Vermieter eine „Beschaffenheitsvereinbarung“, wie der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen entschieden hat. „Das heißt gerade nicht, dass die im Mietvertrag angegebene Fläche garantiert ist“, betont Hannemann. Das Gegenteil sei der Fall: Weil die Quadratmeterzahl im Mietvertrag bloß eine „Beschaffenheitsvereinbarung“ und eben keine „Zusicherung“ sei, gelte die „Zehn-Prozent-Regel“.

Diese Regel besagt: Auf die tatsächliche Wohnungsgröße kommt es nur an, wenn die Flächenabweichung gravierend ist. „Und gravierend ist laut dem Bundesgerichtshof nur eine Abweichung von mehr als zehn Prozent“, erklärt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin – so formulierten die Bundesrichter in einer Entscheidung im vergangenen Sommer (Aktenzeichen: VIII ZR 205/08). Eine Mieterin, deren Wohnung nur 51 statt 55 Quadratmeter betrug, durfte die Miete nicht mindern, da die Quadratmeterfläche um weniger als zehn Prozent abweicht.

Dabei gilt die Zehn-Prozent-Regel in beiden Richtungen. So urteilte der Bundesgerichtshof im Rechtsstreit um eine Mietwohnung in Berlin zugunsten der Mieter. Laut Mietvertrag sollte ihre Wohnung 121 Quadratmeter Wohnfläche haben – tatsächlich waren es 131. Als der Vermieter das feststellte, wollte er die Miete anheben. Dem wollten die Richter jedoch nicht folgen. Sie entschieden gegen den Vermieter, „die Abweichung liegt innerhalb der Toleranzgrenze“ und ließen die Erhöhung nicht zu (Aktenzeichen: VIII ZR 138/06). Weicht die Wohnfläche dagegen um mehr als zehn Prozent ab, kann der Mieter einschreiten: In einem weiteren Fall entschieden die Bundesrichter im April 2009 zugunsten eines Mieters, der laut Vertrag 100 Quadratmeter gemietet hatte und tatsächlich nur 77 Quadratmeter zur Verfügung hatte. Er durfte fristlos kündigen und die über die Jahre zu viel gezahlte Miete zurückverlangen (Aktenzeichen: VIII ZR 142/08).

Zur Wohnung und damit zur maßgeblichen Wohnfläche zählen immer alle Räume – inklusive Flur und Abstellkammer. „Entscheidend ist, dass sich die Räume innerhalb der Wohnung befinden“, sagt Ropertz.

Außerhalb der Wohnung gelegene Räume – etwa Keller, Speicher, Waschküchen, Bodenräume, Trocken- und Heizungsräume, Garagen, Abstellräume und Treppenhäuser – bleiben dagegen bei der Wohnflächenberechnung immer außen vor.

Allerdings: Auch das ist nicht unbedingt immer der Fall. So entschied der für Mietrecht zuständige Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, dass auch für einen Dachboden Miete zu zahlen ist. Dieser entsprach zwar noch nicht einmal bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Doch Mieter und Vermieter hatten vereinbart, dass der Dachboden Teil der Mietwohnung sein solle (Aktenzeichen: VIII ZR 275/08). „Grundsätzlich geht eine private Vereinbarung als Ausdruck der Vertragsfreiheit dem Gesetz vor“, erklärt Hannemann. Man müsse aufpassen, welche schriftliche Vereinbarung man treffe. Wer also im Mietvertrag etwas anderes vereinbare als im Gesetz steht, kann sich nicht auf das Gesetz berufen. (dpa)

 Informationen: Die Broschüre „Wohnflächenberechnung“ gibt es für 8,95 Euro plus Versand bei Haus und Grund (Mohrenstraße 33, 10117 Berlin;
Telefon: 030 / 20 21 60), im Internet unter: www.haus-und-grund.net.
Unter www.hug-ebooks.de/mietrecht.html gibt es die Broschüre nach einer kostenlosen Registrierung gegen eine Gebühr von 6,90 Euro auch zum Download als E-Book.  

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