zum Hauptinhalt
Gründer im Dienste der Allgemeinheit. David Barnowsky, Daniel Frese, Ernest Karlsons und Florian Purchess (v.l.n.r.) verdienen mit ihrer Plattform noch kein Geld. Das wollen sie aber noch – durch Premium Features und gewerbliche Anzeigen.

© Promo

Wohnungsjagd im Netz: Zocker sucht Zimmer

Neue Online-Plattform „Dreamflat“ will die WG-Suche via Facebook erleichtern.

Philipp Mayer hat einen neuen Mitbewohner für seine WG gefunden. Endlich. Mehr als 300 Bewerbungen waren bei ihm und seinen Mitjuroren eingegangen. Nach vielen Stunden am Computer mussten sie entscheiden, wer das freie Zimmer in der Vierer-WG bekommen soll: Jannick, ein Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums. Gefunden haben sie ihn über das neue Wohnungsportal „Dreamflat“.

Dass er einmal mit jemandem aus dem Finanzministerium zusammenwohnt, hätte Mayer nicht gedacht. „Über die bisherigen Wohnungsportale – wie wg-gesucht.de – wäre die Wahl wohl nicht auf Jannick gefallen“, gibt er zu. Bei Dreamflat haben sie auf den ersten Blick aber noch etwas anderes gesehen: Jannick ist Fußballfan – und zwar „für das richtige Team“, wie Mayer lachend erzählt.

Gesehen haben sie das an Jannicks „Gefällt mir“-Angabe von Facebook. Denn Dreamflat ist direkt mit dem sozialen Netzwerk verknüpft. So soll man mehr übereinander erfahren als in den üblichen „Warum-ihr-mich-nehmen-solltet“-Mails. Die werden normalerweise verschickt, wenn jemand zum Beispiel via wg-gesucht.de in eine bestimmte Wohnung einziehen möchte.

Jeder, der schon einmal ein Zimmer in Berlin gesucht oder vergeben hat, weiß, wo das Verschicken oder Empfangen dieser Mails oft endet: In einem Stuhlkreis mit vierzig Bewerbern und Fragen in Dreißig-Sekunden-Rotation. Der Grund dafür: Menschen kommen schneller nach Berlin, als Wohnraum entsteht. Im vergangenen Wintersemester 2012/2013 gab es laut statistischem Bundesamt 160 145 Studierende in der Hauptstadt, davon allein 31 386 Erstsemestler. Sie sollen über Dreamflat schneller ein Zimmer finden – durch möglichst präzise Angaben.

Die beiden Gründer des Portals, Daniel Frese und David Barnowsky, sind selbst Studenten. Sie kennen die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Frese hat vor zwei Jahren hundert Mails geschrieben, um eine Bleibe zu finden. Er hat weniger als zwanzig Antworten erhalten, kam auf fünf Besichtigungstermine und am Ende: stand er trotzdem ohne ein Zimmer da. Statt in seinen eigenen vier Wänden wohnte er zunächst im Hostel, zog dann in eine Ferienwohnung und landete schließlich in einer Unterkunft auf dem Lande.

Als er nach fast drei Monaten endlich ein WG-Zimmer gefunden hatte, wollte er irgendetwas tun, um derartige Odysseen zu vermeiden. Gedacht, getan: Im vergangenen Herbst gründeten er und Barnowsky dann gemeinsam mit zwei Verbündeten – Florian Purchess und Ernest Karlsons – die Dreamlabs GmbH.

Das Konzept geht auf

Das Portal soll die Wohnungs- oder Mitbewohnersuche mittels moderner Aufmachung und via Facebook persönlicher und vertrauter machen. „Wir wollen, dass es so einfach wird, wie ein Eis zu kaufen“, sagt Frese. Das heißt: Hingehen, aussuchen, kaufen, genießen.

Das Ergebnis ist seit Anfang Januar online zu besichtigen. Wer die Seite öffnet, muss sich beschreiben: Überlebenskünstler oder Zocker? Skater oder Veganer? Raucher wie James Dean oder ordentlich wie Meister Propper? Die Elemente auf der Seite kommen ein bisschen frischer und ein bisschen witziger als auf den herkömmlichen Plattformen daher: Sowohl Anbieter als auch Suchende werden mit Profilfoto von Facebook, persönlichen Beschreibungen und WG-Vorlieben vorgestellt.

Außerdem sieht man direkt übereinstimmende „Gefällt mir“-Angaben von Facebook sowie gemeinsame Freunde. Dadurch sei die Beziehung zwischen Suchenden und Bietenden gleich auf einer anderen Ebene, so Frese. Wenn man sehe, dass jemand die gleiche Uni besuche oder die gleiche Person kenne, antworte der Wohnungsgeber „instinktiv“.

Das Konzept von Frese und Barnowsky scheint zu funktionieren. Seit Januar haben sich in Berlin schon mehr als 2000 Nutzer auf dem Portal angemeldet, etwa hundert Zimmer waren bereits online, derzeit sind rund 45 Angebote zu sehen. Einziger Haken an der Suche: Anmelden kann sich nur, wer auch ein Facebook-Profil besitzt. „Aber das zu ändern, steht auf unserer Liste ganz oben“, sagt Frese. Außerdem will die Firma in andere Städte expandieren. Theoretisch gibt es schon die Möglichkeit, Wohnraum in München, Hamburg und anderen Universitätsstädten zu suchen, praktisch aber wird sie noch nicht genutzt.

„Wir haben uns erst einmal auf Berlin fokussiert, weil wir hier vor Ort sind“, sagt Frese. So könnten sie sich bei einer Tasse Kaffee das Feedback von Nutzern anhören. Das ist wichtig für sie, weil sie darauf setzen, dass Leute Dreamflats weiterempfehlen oder die Idee auf Facebook posten – wie Philipp Mayer.

Der will seine Mitbewohner jetzt immer über das Portal suchen. „Dreamflat ist der Hammer“, sagt er. Um ein persönliches Gespräch käme man trotz aller Vorteile des World Wide Web nicht herum – aber Dreamflat verkürze den Weg zum Ziel. Auch für Jannick haben sich Mayer und Co. endgültig erst nach einem Kaffee in ihren vier Wänden entschieden. „Da hat er uns gesagt, wann er aufstehen muss“, sagt Mayer. „Gott sei Dank früher als wir – damit waren die Badzeiten dann auch geklärt.“

Valerie Schönian

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false