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Wustermark: Ausflug ins Einkaufsdorf als Landpartie

Neuer Anlauf in Wustermark: Designer Outlet jetzt in einem "Village“ mit Fachwerk und Klinker.

Es hat etwas von einer Filmkulisse, was in Wustermark vor den westlichen Toren Berlins fast fertig ist: ein Dorf aus der Retorte mit Fachwerkhäusern und Klinkerfassaden, mit gusseisernen Leuchten und klassischen Kapitellen. Wohnen soll dort niemand. Einkaufen ist angesagt. Denn in dem Village, wie die Investoren das „Dorf“ nennen, gibt es kein Postamt, keinen Friseur und keinen Schuster, sondern nur Geschäfte. Davon allerdings reichlich: In zwei Bauabschnitten entstehen 100 Ladenlokale mit 16 500 Quadratmeter Gesamtverkaufsfläche (das entspricht zwei Drittel der Fläche des Berliner Gesundbrunnen-Centers). Vom 18. Juni an werden zunächst 40 Geschäfte unter dem Namen Designer Outlet Berlin eröffnen. In einem zweiten Bauabschnitt kommen bis 2010 noch 60 weitere Läden hinzu. Zuvor muss jedoch das alte Fabrikverkaufszentrum weichen.

Der im Jahr 2000 als „B 5 Designer Outlet Center“ eröffnete Fabrikverkauf war nie wirklich erfolgreich. Als 2006 die britische Immobiliengesellschaft Henderson Global Investors das Center von der ebenfalls britischen Hammerson-Gruppe erwarb, begann sie deshalb bald damit, ein neues Konzept zu entwickeln.

Das war auch dringend nötig, findet Andreas Malich, Einzelhandelsexperte beim Maklerunternehmen CB Richard Ellis. „Beim alten Center wurden viele Fehler begangen“, sagt er. „Das betrifft zum Beispiel die Gestaltung der Werbung ebenso wie die Auswahl der Marken und die Aufenthaltsqualität.“ Tatsächlich bot das alte Center, eine Ansammlung schlichter Zweckbauten, bisher wenig Anreiz, einen Ausflug in die brandenburgische Provinz zu unternehmen. Das jetzt verfolgte Village-Prinzip, das auch schon bei anderen Factory Outlet Centern in Europa umgesetzt wurde, kommt dagegen nach Einschätzung Malichs in der Regel „fantastisch“ an.

„Wir möchten ein Ausflugsziel bieten, das man nicht ausschließlich des Einkaufs wegen besucht“, sagt Centermanager Christian Trapmann. Mit Kritik an den früheren Betreibern hält er sich zurück. Die seien eben nicht auf den Outlet- Bereich spezialisiert gewesen, sagt er – ganz im Gegensatz zu Trapmanns Arbeitgeber McArthur Glen, der das künftige Designer Outlet Berlin im Auftrag des Eigentümers betreut und in ganz Europa 17 solcher „Dörfer“ verwaltet.

Bis 2014 sollen in Wustermark jährlich 2,5 Millionen Besucher gezählt werden. Trapmann zielt dabei auf die 5,6 Millionen Menschen, die im Einzugsgebiet von 90 Minuten Fahrzeit wohnen, aber auch auf Shoppingtouristen von weiter her, die den Besuch im Designer Outlet zum Beispiel mit einem Abstecher in die Döberitzer Heide verbinden, über die die der Heinz Sielmann Stiftung wacht. „Wir bieten eine Kombination, die es so in Berlin nicht gibt“, sagt Trapmann, „nämlich ein offenes Center in Verbindung mit einem Kleinstadtcharakter und günstigen Preisen.“

Auch Experte Malich sieht keine Konkurrenzsituation zu Berlin. „Das Designer Outlet wird den Einzelhandel in der Berliner Innenstadt nicht stark tangieren“, ist er überzeugt. Die Zielgruppen seien im Wesentlichen andere: Wer zum Beispiel die neuesten Adidas-Kreationen wolle, werde weiterhin den Adidas-Flagshipstore in der Münzstraße in Berlin- Mitte aufsuchen; für den Kunden dagegen, der mit der Ware vom Vorjahr zufrieden sei, könne der Laden in Wustermark eine günstige Alternative darstellen.

Die Berliner Politik sah die Sache vor einigen Jahren deutlich weniger entspannt. Damals gab es Pläne für zwei weitere Factory Outlet Center im Umland, die der Senat energisch bekämpfte, da er eine Gefährdung des innerstädtischen Einzelhandels befürchtete. Dass die derzeit 11 000 Quadratmeter umfassende Verkaufsfläche in Wustermark durch die Neubauten um die Hälfte erweitert wird, entspricht einem vor einigen Jahren ausgehandelten Kompromiss. „Heute“, stellt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, klar, „dürften solche Outlet-Center nur noch in den Oberzentren gebaut werden.“

Centermanager Trapmann freut sich derweil, dass die neuen Flächen zu hundert Prozent vermietet sind. Der Schwerpunkt des 80 Millionen Euro teuren Einkaufsdorfs liegt auf Bekleidung; zu den neuen Marken, die im Center angeboten werden, gehören Strenesse, Camel Active und Marc O’Polo. Ergänzt wird das Sortiment beispielsweise durch Frottierwaren (Möve) und Geschirr (Villeroy & Boch) sowie durch einige gastronomische Einheiten. Unmittelbar nach der Eröffnung des neuen Dorfes beginnen die Abrissarbeiten an den bisherigen Gebäuden; an ihrer Stelle entsteht dann der zweite Bauabschnitt. Wobei allerdings nicht alle Bestandsbauten weichen müssen: Adidas bleibt in seinem bisherigen Haus, bekommt einen neuen Eingang und wird so ins „Dorf“ integriert.

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