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Auf dem Wohnungsmarkt klaffen Nachfrage und Angebot weit auseinander.

© Stephanie Pilick/dpa

Zu viel Zuzug, zu wenig Neubau: Mieten und Kaufen von Wohnungen immer teurer

In Berlin setzt sich der Aufwärtstrend fort. Bundesweit sehen Experten "extremen Druck auf dem Kessel Stadtgebiet". Potentiale gibt es aber noch im ländlichen Raum, heißt es in einer neuen Studie.

Die Preise für Wohnimmobilien steigen so rasant wie zuletzt in den Boomjahren nach der Wiedervereinigung. Daran wird sich – auch wegen des Flüchtlingszustroms – auf absehbare Zeit nichts ändern. Das war zuletzt dem am Mittwoch veröffentlichten Berlin-Hyp-CBRE-Wohnungsmarktreport 2016 zu entnehmen.

Um die Nachfrage zu bedienen, müssten mehrere Jahre in Folge 400.000, besser noch 450.000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt werden, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Eine große Herausforderung“, sagt IW-Experte Michael Voigtländer. Schließlich hinke in einigen Ballungsräumen die Bautätigkeit schon seit Jahren der Nachfrage hinterher. Dies gilt für alle Top-7-Städte in Deutschland. Wie könnte die Lösung aussehen?

„Wir haben einen extremen Druck auf dem Kessel Stadtgebiet, und der wird sich noch verstärken“, sagte Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp AG anlässlich der Vorstellung des Wohnmarktreports. Sein Vorschlag: „Wir müssen den Speckgürtel erweitern und ermöglichen, dass Menschen schnell den Arbeitsplatz erreichen.“

Der Vorstand hatte dabei nicht nur die deutsche Hauptstadt, sondern auch München, Frankfurt (Main), Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Hamburg im Blick. Hier ist kein Leerstand mehr zu verzeichnen. „Wir benötigen an diesen Standorten rund 20.000 neue Wohnungen pro Jahr – doch sind wir im Trend weit von diesen Zahlen entfernt“, sagte Bergmann.

Der Grund für die Entwicklung ist der Zuzug in die großen Städte – die Flüchtlinge nicht einmal eingerechnet – und die viel zu geringe Neubautätigkeit. Der Trend der Urbanisierung bleibt gleich, während der Flüchtlingszuzug zahlenmäßig explodiert.

Umnutzung von Gewerbe- in Wohnflächen empfohlen

Bundesweit indes besteht kein Wohnungsmangel. „Ist es also richtig, Flüchtlinge in die Regionen zu entsenden?“, fragte Bergmann. Es gehe beim ländlichen Raum aber nicht nur um den Faktor Wohnen, sondern auch um Jobs und Gewerbeansiedlung. „Integration kann – besonders im Falle von Familien – in der Region geleistet werden“, gab Bergmann zu bedenken. Er schätzte, dass rund ein Drittel der Personen, die in Deutschland Asyl suchen, bleiben werden.

Bergmann verwies darauf, dass nicht nur die öffentliche Hand gefordert sei: „85 Prozent der Grundstücke sind in privater Hand – da muss Druck aufgebaut werden.“ Es gehe um Joint Ventures zwischen Öffentlichen und Privaten. Bei letzteren sei „ein größeres Maß an Bescheidenheit auch bei der Rendite wünschenswert“, damit Bauflächen zur Verfügung stehen. Für Ballungsräume wie Berlin warben die Auftraggeber der Studie für eine Umnutzung von Gewerbe- in Wohnflächen und Hochhausrahmenpläne.

Angesichts der Wohnraummangelverwaltung in den Großstädten erwarten die Analysten weiter steigende Preise, sowohl bei Mieten, als auch bei Eigentumswohnungen.

„Im oberen Segment haben wir mit 13 Prozent bei den neuen Eigentumswohnungen den größten Preisanstieg in Berlin festgestellt“, sagte Michael Schlatterer vom Immobiliendienstleister CBRE. Die mittleren Angebotspreise pro Quadratmeter für Eigentumswohnungen stiegen auf 3000 Euro. Auch bei Mehrfamilienhäusern halte der Anstieg an.

"Grundstück gekauft, Bodenplatte rein, Grundstück 50 Prozent teurer verkauft"

So wird es wohl bleiben; das Angebot wird knapper. Der Neubau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern hat zwar stark zugenommen, war aber 2014 der schwächste in den Top-7-Städten, gemessen an der Einwohnerzahl. „Wir hatten in den vergangenen zwei Jahren den stärksten Preisanstieg seit Jahren.“

Für Mehrfamilienhäuser wurde ein Anstieg um 18,5 Prozent auf 1947 Euro pro Quadratmeter verzeichnet. Dies liegt auch an Spekulation. „Grundstück gekauft, Bodenplatte rein, Grundstück 50 Prozent teurer verkauft“, beschreibt Schlatterer den „typischen Fall“.

Trotz des deutlichen Auseinanderklaffens von Mietpreisanstieg (rund fünf Prozent) und Kaufpreisanstieg (rund zehn Prozent) verneinen die Auftraggeber der Studie die Gefahr einer Immobilienblase. Diese werde durch eine extreme Finanzierungsbereitschaft aufgeblasen und sie platze, wenn es zum zyklischen Abstieg komme, sagte Bergmann.

„Die Fundamentaldaten passen einfach“, sagte Schlatterer. „Angebot und Nachfrage klaffen weit auseinander, die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist groß, sodass die Preise automatisch steigen.“

Kein Grund zur Sorge also? Die steigenden Mieten in Berlins In-Bezirken sieht die Branche differenziert: „Haushalten, denen ein monatliches Nettoeinkommen von 5000 Euro zur Verfügung steht, fällt es leichter als anderen, 30 bis 35 Prozent für Mieten auszugeben“, gab Henrik Baumunk, CBRE Head of Residential Valuation, zu bedenken.

„Die aktuelle Entwicklung wäre auch ohne Mietpreisbremse eingetreten“, sagte er zu Bemühungen, den Markt zu regulieren. Die Fluktuationsrate im Mietmarkt sei gering, doch die Zeit seit Einführung der Mietpreisbremse zu kurz, um deren Effekte zu beurteilen. (mit Reuters)

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