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Wirtschaft: In Deutschland gibt es nur Schmerzensgeld

DÜSSELDORF . Müssen deutsche Unternehmen jetzt wie Toyota oder Philipp Morris vor Milliardenklagen zittern?

DÜSSELDORF . Müssen deutsche Unternehmen jetzt wie Toyota oder Philipp Morris vor Milliardenklagen zittern? Kaum möglich. Denn die kontinentaleuropäische Rechtssprechung urteilt anders. So kennt das deutsche Zivilrecht auch keinen Strafschadensersatz ("punity damage") wie die Amerikaner, sondern nur einen Schadensersatz. Strafrechtliche Erwägungen spielen keine Rolle. Der deutsche Jurist will den Kläger so stellen, wie er vor dem Schaden stand, nicht das Unternehmen bestrafen. Der Kläger kann höchstens Schmerzensgeld verlangen, um seine immateriellen Schäden auszugleichen. Doch auch diese Summen sind relativ klein. Nun unterscheiden sich der Fall Toyota und der Fall Philipp Morris insofern, daß gegen den japanischen Autohersteller die amerikanische Regierung geklagt hat, gegen den Tabak-Konzern einzelne Verbraucher. Man stelle sich den Fall Toyota in Deutschland so vor, daß der Autohersteller die deutsche Luft wegen technischer Mängel an seinen Fahrzeugen verunreinigt hätte. Dann zöge aber keine Regierung zu Gericht, sondern der geschädigte Verbraucher. Oder die Landesbehörden würden prüfen, ob Toyota mit diesen Fahrzeug-Typen gegen die Umweltgesetze verstoßen hat und die Autos und Lastwagen gegebenenfalls aus dem Verkehr ziehen. Aber selbst dann würde das deutsche Umweltstrafrecht kaum eine hohe Buße für den japanischen Autokonzern vorsehen. Insgesamt spielt Geld in der amerikanischen Rechtskultur als Ausgleich für erlittenen Schaden eine größere Rolle als in Europa, wo monetäre Interessen schneller als sittenwidrig betrachtet werden. Deutsche Juristen sind mißtrauischer gegenüber finanziellen Motiven ihrer Kläger und Anwälte. Auch deswegen können deutsche Verbraucher keine Sammelklagen gegen Unternehmen vorbringen. Sie müssen zudem direkt betroffen sein, um sich vor Gericht auf das Bürgerliche Gesetzbuch und das Produkthaftungsgesetz berufen zu können. Daher kann in Deutschland nur ein einzelner 54jähriger Mann gegen Philip Morris und RJ Reynolds Tobacco klagen, der unter Lungenkrebs leidet. Kein Verband vermag für ihn Forderungen auf Schadensersatz zu erheben. Grundsätzlich dürfen Verbände nur klagen, um den Verbraucher zu schützen - vor unlauterem Wettbewerb oder davor, daß das Unternehmen ihm Geschäftsbedingungen aufzwingt, die rechtswidrig sind. Selbst für diese Klagen müssen die Verbände aber eine Verbandsklagebefugnis haben.

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