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Wirtschaft: In Deutschland läuft es wie geschmiert

Transparency International fordert entschiedeneres Vorgehen gegen Korruption

Berlin (brö). „Deutschland hinkt im Kampf gegen die Korruption anderen Ländern hinterher.“ Das beklagte Hansjörg Elshorst, Vorsitzender der unabhängigen Organisation Transparency Deutschland, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des WeltKorruptionsberichts 2003. „Die Parteispendenskandale des vergangenen Jahres haben zu einem Vertrauensverlust bei den Bürgern geführt“, sagte Elshorst. Deshalb müsse die Bundesregierung im Kampf gegen Bestechung entschlossener vorgehen und das Informationsfreiheitsgesetz, das in der vergangene Wahlperiode im Bundesrat gescheitert war, schnell auf den Weg bringen. Es soll Bürgern das Recht geben, tieferen Einblick in Verwaltungsverfahren zu nehmen.

In dem internationalen Vergleich der Anfälligkeit für Korruption, aus dem Transparency International (TI) einen Index errechnet, belegt Deutschland Platz 18. Das heißt, dass hier zu Lande öfter Schmiergeld gezahlt wird als in Ländern wie Neuseeland, Island oder Chile, die auf dem Index vor Deutschland liegen. Schuld am schlechten Abschneiden sei die mangelnde Verfolgung von Straftätern durch Politik, Verwaltung und Wirtschaft, beklagt der Verband. „Wir sind nicht besonders beeindruckt von der Intensität, mit der Korruption in Deutschland verfolgt wird.“ Durch mangelnden Eifer gehe auch das Vertrauen der Bürger in den Staat verloren.

Als Beispiele für Korruptionsfälle in Deutschland nannte Transparency den Bau der überflüssigen Müllverbrennungsanlage in Köln, betrügerische Konkurse von Firmen, Manipulationen von Aktienkursen sowie illegale Parteispenden. Beizukommen sei solchen Straftaten vor allem mit mehr Transparenz für die Bürger. Diese dürfe im Zuge des weltweiten Kampfes gegen Terroristen nicht geopfert werden. Außerdem solle der Staat so genannte Schwarze Listen mit solchen Firmen erstellen, die durch Bestechungsdelikte aufgefallen seien. Diese Unternehmen sollten keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen, weil sie die Allgemeinheit geschädigt hätten, verlangte der Verbandschef.

Wolfgang Schaupensteiner, Oberstaatsanwalt in Frankfurt (Main) und Korruptionsexperte, sagte dem Tagesspiegel, in Deutschland werde Wirtschaftskriminalität nicht intensiv genug verfolgt. „Behörden, Polizei und Staatsanwaltschaft sind nicht ausreichend gegen die trickreichen Straftäter gerüstet“, kritisierte er. Bestecher wie Bestochene müssten kaum damit rechnen, überführt zu werden. Der Gesamtschaden, der durch Korruption angerichtet werde, sei wegen der hohen Zahl nicht entdeckter Fälle kaum zu schätzen. „Nur für die Bauwirtschaft kann man von ungefähr fünf Milliarden Euro ausgehen“, vermutet Schaupensteiner.

Die deutsche Wirtschaft kämpfe derzeit noch zu halbherzig gegen die Bestechung. „Ich würde mir bei Unternehmen und Verbänden mehr Eifer wünschen“, sagte der Staatsanwalt. Viele international tätige Konzerne würden Verhaltensvorschriften zur Vermeidung von Korruption nicht einmal kennen oder sie bewusst nicht befolgen. „Es gibt sogar Firmen, die diese Straftaten noch immer bewusst als Mittel zur Verkaufsförderung einsetzen.“ In anderen Unternehmen sei wiederum die Sensibilität für Korruption nicht groß genug. Eine Ausnahme sei die Deutsche Bahn, die seit einiger Zeit entschlossen gegen Kungelei und Bestechung vorgehe.

Milliardenschaden für die Baubranche

Global sieht Transparency International die Korruption dagegen auf dem Rückzug. „Es gibt immer weniger Schlupfwinkel“, sagte TI-Gründer Peter Eigen. Immer mehr Länder und Organisationen hätten erkannt, dass Korruption der Wirtschaft schade und würden dagegen vorgehen. Zudem würden die Medien immer wachsamer. Beispielhaft nannte er Mexiko und Nigeria. Auf der anderen Seite sei es bei internationalen Konzernen üblich, Entscheidungsträger in China oder Indonesien mit Summen von bis zu 30 Millionen Dollar zu kaufen. Eigen sagte, bei Entwicklungshilfe-Projekten müsse mehr Transparenz von den Empfängerländern gefordert werden.

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) bezeichnete Korruption als „Krebsgeschwür“. Sie erschwere die Entwicklung von Ländern und treffe besonders stark die Armen. Zugleich verwies sie darauf, dass in der Entwicklungszusammenarbeit Deutschland in allen Finanzierungsverträgen Antikorruptionsklauseln und die regelmäßige Überprüfung von Projekten festgelegt seien.

Mehr zum Thema im Internet:

www.transparency.org

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