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Wirtschaft: Industrie: Clements Initiative greift zu kurz

Verbände halten Mittelstandsförderung der Regierung für „weiße Salbe“ – auch Existenzgründer profitieren kaum

Berlin (asi). Mit einer „Offensive für den Mittelstand“ will die rotgrüne Bundesregierung kleine Unternehmen durch Bürokratieabbau und Steuererleichterungen unterstützen. Ein entsprechendes Konzept von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat am Montag die SPD-Spitze beschlossen.

Kernpunkt des Projektes ist neben der Einrichtung einer Mittelstandsbank und einfacherer bürokratischer Regelungen eine Minimalsteuerregelung für Kleinstbetriebe und Selbstständige. Wie ein Sprecher des Finanzministeriums dem Tagesspiegel bestätigte, ist eine Pauschalierung von Kosten bei der Einkommenssteuer für diese Unternehmer geplant. Noch in den nächsten Wochen sollen die entsprechenden Gesetze dazu im Parlament und im Bundesrat, in dem sie allerdings nicht zustimmungspflichtig seien, beraten und verabschiedet werden. Für Unternehmen, deren Jahresumsatz nicht höher als 17 500 Euro ist, sollen die Vereinfachungen gelten. Das Ministerium will sich jedoch bei der EU-Kommission eine Genehmigung für eine Obergrenze von 25 000 Euro einholen.

Im Prinzip könnten Unternehmer und Selbstständige, aber auch Angestellte mit Nebenverdienst, nach den Plänen Clements dann 50 Prozent ihres Umsatzes als Kosten bei der Einkommensssteuerberechnung ansetzen. Das bedeutet, dass sie nur die Hälfte ihrer Einnahmen versteuern. Damit entfällt das lästige Sammeln und Dokumentieren von Ausgaben, etwa für Porto oder Telefonkosten.

Lohnen wird sich diese Minimalsteuerregelung allerdings nur für solche Unternehmer, deren Kosten erfahrungsgemäß gering sind. Nur sie stehen sich besser mit der Pauschalierung. Wer dagegen ein Unternehmen eröffnet oder im Steuerjahr Investitionen tätigt, etwa für Computer, Faxgeräte oder ähnliches, sollte die Belege aufbewahren, um am Jahresende festzustellen, ob der Gesamtbetrag größer ist als die Hälfte des Jahresumsatzes. In diesem Fall würde sich die Abgaben erhöhen, ließe man sich nach der Mittelstandsoffensive von Clement besteuern.

Die Industrieverbände in Berlin – Bundesverband Deutscher Industrie und Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) – begrüßten die Initiative des Wirtschaftsministers zwar. Dennoch bezweifelten deren Experten, dass gerade die Minimalsteuer zu größeren Effekten führen wird. Zum einen, weil die Umsatzgrenzen für die Pauschalierung denkbar niedrig ist. Wer allein von seinem Unternehmen leben müsse, werde diese Umsatzschwelle sehr rasch erreichen und übertreffen müssen, hieß es. Dann allerdings könne er sich nicht mehr der leichteren Pauschalierungsregel unterziehen. Für Unternehmen, die Arbeitskräfte einstellen, sei die Höchstgrenze ohnehin indiskutabel. Nächstes Problem: Gerade in Zeiten der Unternehmensgründung, in denen man mit geringerem Anfangsumsatz die Vorteile der Clement’schen Regeln in Anspruch nehmen könnte, fallen Erstinvestitionen an. Man muss Technik und gegebenenfalls Büroausstattung anschaffen. Und dann sind die wirklichen Kosten leicht höher als die absetzbare Pauschalsumme. Alles in allem nach Meinung der Experten eher ein „Weiße Salbe“ der Bundesregierung.

Für die Richtigkeit dieser Einschätzung sprechen die erwarteten Steuerausfälle. Das Finanzministerium rechnet beim Bund mit Mindereinnahmen von 60 Millionen Euro. Rund 60 Millionen Euro kämen bei den Bundesländern dazu. Zusammen so wenig, dass der Sprecher von Finanzminister Hans Eichel (SPD) sagte, der Betrag sei „angemessen und finanzierbar“.

Ein zusätzliches „Investitionspaket“ für den Mittelstand, das Teile der SPD am Montag forderten, wurde von der Bundesbank sofort abgelehnt. Die dem linken Flügel zugeordneten Sozialdemokraten schagen vor, die Hälfte der Devisenreserven der Bundesbank von 100 Milliarden Euro aufzulösen und als Kapitalstock für die neue Mittelstandsbank zur Verfügung zu stellen. Die Bundesbank sprach sich entschieden gegen den Vorschlag aus. „Wir haben die volle Verfügungsgewalt über unsere Devisenreserven“, sagte Bundesbank-Sprecherin Daniela Hentschel dem Magazin „Impulse“. Die Regierung sei nicht berechtigt, über die Verwendung der Gelder zu entscheiden.

Der DIHK übermittelte Clement derweil eine „Positivliste“ von Regeln und Gesetzen, die Kleinbetriebe vor allem bei Steuern, Arbeitsrecht, Haftung, Umwelt- und Verbraucherschutz Entlastung bringen sollen.

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