zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Industrie will für Maut-Panne geradestehen

Toll Collect trägt milliardenschwere Einnahme-Ausfälle mit / Stolpe prüft Angebote der Konkurrenz

Berlin (gof/HB/brö). Die Drohung von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD), den MautVertrag mit der Betreiberfirma Toll Collect womöglich am 15. Dezember zu kündigen, zeigt offenbar Wirkung: Toll-Collect, ein Konsortium von Daimler-Chrysler und Deutscher Telekom, ist jetzt zu finanziellen Zugeständnissen bereit, die weit über die vereinbarten Vertragsstrafen hinausgehen. Außerdem soll ein konkretes Datum für den Start der elektronischen Mauterhebung im Herbst 2004 garantiert werden. Dies erfuhr das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen.

Stolpe will sich demnach am Dienstag mit den zuständigen Managern von Daimler-Chrysler und Telekom, Klaus Mangold und Josef Brauner, treffen, um den Rahmen für einen „Interessenausgleich“ abzustecken. Dies soll mit einer Neufassung oder Ergänzung des Betreibervertrages einhergehen. Streit hatte es zwischen der Regierung und Toll Collect zuletzt um die Zahlung der Vertragsstrafe und des Schadenersatzes für das nicht funktionierende Mautsystem gegeben.

Eigentlich hatte das satellitengestützte Abrechnungssystem bereits ab August arbeiten sollen. Weil die Technik aber noch nicht ausgereift war, wurde der Start immer wieder verschoben. Laut Vertrag muss das Konsortium pro Tag, an dem das System nicht läuft, 250000 Euro Strafe zahlen. Das Verkehrsministerium habe Toll Collect eine entsprechende Rechnung geschickt, sagte ein Sprecher, bislang aber noch kein Geld erhalten. Ein Telekom-Sprecher sagte, der Konzern wolle die fällige Summe nur unter Vorbehalt zahlen. Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen dem Bundesamt für Güterverkehr und dem Verkehrsministerium darüber, ob die Strafe ab Dezember fällig sei oder erst ab Januar. „Wir zahlen, doch die müssen sich einigen“, sagte er.

Dem „Handelsblatt“ sagte Stolpe, die bisher vorgesehene Vertragsstrafe sei „völlig inakzeptabel, weil sie nur ein Zehntel der Einnahmeausfälle des Bundes von 156 Millionen Euro monatlich abdeckt“. Zudem brauche man statt der vereinbarten 150000 Erfassungsgeräte in den Lastkraftwagen mindestens 600000 dieser On-Board-Units. „Nicht mehr akzeptabel“ sei das Fehlen eines „klaren Starttermins“. Er hoffe weiter auf Toll Collect. „Allerdings kann man sich nach den bitteren Erfahrungen der letzten Monate nicht alleine auf Treu und Glauben verlassen.“

Mit Blick auf die Kündigungsmöglichkeit am 15. Dezember betont Stolpe, dass er „dieses Recht nicht leichtfertig aufs Spiel setzen“ werde. „Deshalb müssen vorsorglich auch Alternativen geprüft werden.“ Dazu zählen „die Wiedereinführung der Lkw-Vignette“, die „Lieferung eines satellitengestützen Maut-Systems durch einen anderen industriellen Partner“ oder der Wechsel auf eine andere Technik. In Betracht käme „die Erfassung durch Mikrowelle ohne GPS-System“, sagt Stolpe. „ Die Hersteller stehen bei uns in Berlin bereits vor der Tür.“

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false