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Wirtschaft: Industrieländer warnen vor Kurs-Turbulenzen

Die G-7-Minister sorgen sich um die Währungsmärkte. Den Dollar-Verfall wird das nicht stoppen, fürchten Experten

Boca Raton (tor/HB). Die sieben führenden Industrieländer (G7, siehe Lexikon) wollen keine überzogenen Wechselkursschwankungen, und sie wollen die Lasten des Dollar-Verfalls besser verteilen. Auf diese Botschaft haben sich die Finanzminister und Notenbankchefs aus Kanada, Japan, Italien, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und den USA bei ihrem Treffen in Boca Raton (Florida) geeinigt. Bundesbank-Präsident Ernst Welteke zeigte sich zuversichtlich, dass die Erklärung der G-7 zu einer „deutlichen Beruhigung der Märkte“ beitragen werde. Devisenhändler an der Wall Street sind jedoch skeptisch.

„Die Erklärung bringt wenig Neues. Ich erwarte keine großen Reaktionen auf den Devisenmärkten“, sagte Tim Stewart, Chef-Währungs-Stratege bei der Investmentbank Morgan Stanley in New York. Entscheidend sei, dass sich die G-7 nach wie vor für mehr Flexibilität auf den Währungsmärkten ausspreche. „Damit ist klar, dass es keine Untergrenze für den Dollar gibt.“ Stewart erwartet, dass die US-Währung ihre Talfahrt fortsetzen und gegenüber dem Euro auf bis zu 1,35 Dollar absinken wird. An eine stärkere Lastenverteilung glaubt er nicht. „Die Japaner werden ihre Interventionen nicht stoppen.“ Im vergangenen Jahr hat die Bank of Japan mit rund 190 Milliarden Dollar auf den Währungsmärkten interveniert, um den Yen zu stützen. Die japanische Währung stieg dennoch um elf Prozent gegenüber dem Dollar. Der Euro legte ohne Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch doppelt so stark zu.

In ihrer Erklärung stellt die G-7 fest, dass die Wechselkurse die wirtschaftlichen Fundamentaldaten ihrer Länder widerspiegeln sollen. Überzogene Schwankungen und ungeordnete Bewegungen auf den Märkten seien unerwünscht für das Wirtschaftswachstum. „Wir betonen, dass mehr Flexibilität der Wechselkurse für große Länder und Wirtschaftsregionen wünschenswert ist, die diese Flexibilität nicht haben“, schreibt die Gruppe. „Es handelt sich nicht nur um ein Land, dessen Wechselkurs nicht flexibel genug ist“, fügte EZB-Chef Jean-Claude Trichet hinzu. Damit deutete er an, dass nicht nur Japan, sondern auch China und andere asiatische Länder mehr Lasten im Währungssystem übernehmen sollen, damit nicht allein der Euro den Abwertungsdruck tragen muss.

Amerika bleibt stur

Mit der Kritik an überzogenen Schwankungen und dem Wunsch nach einer besseren Lastenverteilung auf den Devisenmärkten ist es den Europäern gelungen, die letzte Erklärung der G-7 aus Dubai zu korrigieren. Damals, im September 2003, war der Aufruf zu mehr Flexibilität von den Finanzmärkten als Signal verstanden worden, den Dollar zu verkaufen und den Euro zu kaufen. Die Folge war die massive Aufwertung der europäischen Währung. „Alle können mit der neuen Erklärung zufrieden sein“, sagte Bundesfinanzminister Hans Eichel.

Obwohl sich die USA vor dem Treffen gegen eine Änderung der Botschaft von Dubai gestemmt hatten, zeigte sich auch US-Finanzminister John Snow zufrieden. „Ich habe unsere Politik des starken Dollar bekräftigt. Der relative Wert einer Währung wird am besten von offenen, wettbewerbsstarken Märkten festgesetzt", sagte er.

Von europäischer Seite wurde das doppelte Defizit im Haushalt und in der Leistungsbilanz der USA zur Sprache gebracht. Eine solide Finanzpolitik sei der Schlüssel für eine Gesundung der Leistungsbilanz, heißt es in der Abschlusserklärung. „Alle haben ihre Hausaufgaben zu machen“, sagte Trichet. Trotz aller Probleme ist die G-7 zuversichtlich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. „Der globale Aufschwung hat sich seit unserem Treffen in Dubai deutlich verstärkt“, stellt die Gruppe fest. Bestätigt wird das durch den Internationalen Währungsfonds (IWF), der seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft in 2004 von 4,1 auf 4,5 Prozent erhöht hat. Für Deutschland erwartet der IWF jetzt ein Plus von 1,7 statt bislang 1,5 Prozent.

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