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Wirtschaft: Industriepolitik à la française

Von Dieter Fockenbrock Die französische Regierung versteht etwas von Industriepolitik. Premier JeanPierre Raffarin will ausgerechnet einen der bekanntesten deutschen Konzerne anwerben.

Von Dieter Fockenbrock

Die französische Regierung versteht etwas von Industriepolitik. Premier JeanPierre Raffarin will ausgerechnet einen der bekanntesten deutschen Konzerne anwerben. Siemens soll den angeschlagenen französischen Konkurrenten Alstom retten. Darüber wird spekuliert, und Paris unternimmt wenig, um die Gerüchteküche zu schließen. Im Gegenteil. Raffarin und seine Kabinettsmitglieder plaudern in aller Öffentlichkeit über eine deutsch-französische Liaison.

Raffarins Kalkül: In der Heimat beschimpfen Gewerkschafter und Politiker den Siemens-Chef als einen dieser „vaterlandslosen Gesellen“, die aus Kostengründen im Ausland statt daheim investieren. Und weil das so ist, dachten sich die Franzosen, müsste es von Pierer auch wenig ausmachen, im Nachbarland Milliarden zu investieren und – wie erwünscht – Arbeitsplätze zu sichern.

Paris verfolgt aber noch höhere Ziele. Mit Siemens und Alstom könnte einer dieser neuen „industriellen Kerne“ in Europa geschaffen werden. Und möglicherweise hat Raffarin mit der deutschen Bundesregierung längst einen raffinierten Deal verabredet: Wir bekommen Aventis, ihr kriegt Alstom dafür. Das könnte erklären, warum Gerhard Schröder sich im Fall der Pharmafusion Sanofi-Aventis so verdächtig neutral verhalten hat – ganz im Gegensatz zu Raffarin.

Doch Heinrich von Pierer ziert sich. Vielleicht will er bei solchen industriepolitischen Schachzügen nicht mitspielen. Vielleicht weiß er aber auch, dass die marode Firma Alstom den Siemens-Konzern beschädigen könnte. Dann sollten die Franzosen lieber allein weiterträumen.

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