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Wirtschaft: Infineon-Mitarbeiter erstreiken höhere Abfindung

Einigung vertagt Schließung des Münchner Werks um drei Monate /Doch mehr als 600 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit

München/Berlin - Nach einem mehrtägigen Streik haben sich Management und IG Metall am Montag auf eine Lösung für das Münchner Infineon-Werk geeinigt. Zum 31. März 2007, drei Monate später als bislang geplant, soll das Werk schließen. Damit verlieren 615 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz, doch bekommen sie immerhin eine erheblich höhere Abfindung als ursprünglich vorgesehen. Insgesamt wird Infineon den Mitarbeitern 50 Millionen Euro an Abfindungen zahlen, gestaffelt nach der Formel: Firmenzugehörigkeit mal Bruttoeinkommen mal 1,32. „Für jemanden, der 20 Jahre im Betrieb ist, sind das rund 80000 Euro“, sagte Neugebauer. Ursprünglich habe Infineon nur ein Drittel dessen angeboten. Zudem hat das Unternehmen zugesagt, die betroffenen Mitarbeiter bis zu zwölf Monate in einer Beschäftigungsgesellschaft aufzunehmen.

Die Einigung war nach einem 35 Stunden langen Verhandlungsmarathon unter Vermittlung des bayerischen Wirtschaftsministers Otto Wiesheu (CSU) zustande gekommen. Infineon-Manager Reinhard Ploss sagte am Montag, die IG Metall habe bei ihren Forderungen nach einer späteren Werkschließung und nach Qualifizierungsmaßnahmen so weit nachgegeben, dass höhere Abfindungen möglich geworden seien.

Nicht verhindern konnte die Gewerkschaft die Kündigung von 615 der insgesamt 800 Mitarbeiter im Werk Perlach. Etwa 110 Angestellte werden in Altersteilzeitverträge übernommen. Zusätzlich werde Infineon rund 80 bis 100 der Gekündigten wohl „andere Jobs bei Infineon anbieten können, aber wo diese dann sein werden, können wir noch nicht sagen“, sagte Unternehmenssprecher Günter Gaugler an. Die meisten der 615 Entlassenen werden keine neue Stelle mehr finden, schätzt der Münchener IG Metall-Bevollmächtigte Harald Flassbeck. Rund die Hälfte der Infineon-Mitarbeiter seien derzeit im Schichtdienst in der Produktion beschäftigt. „Die haben enorme gesundheitliche Probleme und ihr Alter ist relativ hoch. Für die ist die Jobsuche trotz der niedrigen Arbeitslosigkeit in Bayern aussichtslos, die können höchstens auf eine Anstellung beim Flughafen hoffen“, sagte Flassbeck.

Die Stilllegung des Betriebs in Perlach jedenfalls, der mit veralteter Technik arbeitet, stand für den Infineon-Vorstand nicht zur Debatte. Ein Gutachten der IG Metall selbst hatte im Sommer ermittelt, dass eine Modernisierung rund 280 Millionen Euro kosten würde. Eine Verlagerung der Produktion in die moderneren Werke Regensburg und Villach ist nun bis 2007 geplant. Zusätzlich modernisiert der Halbleiterhersteller im Werk Dresden seine Anlagen. Dort soll stärker von der Speicherchipproduktion auf die Logikchipherstellung umgestellt werden. Die Schließung in Perlach hat aber laut Infineon-Vorstand derzeit noch keine Auswirkungen auf den Betrieb in Dresden.

Wer bei Infineon seine Stelle verliert, könnte unter Umständen bei einem anderen Chiphersteller in Deutschland unterkommen. „Wir suchen neue Mitarbeiter“, sagte Mathias Kukler von der Firma Elmos in Dortmund. „Die Infineon-Mitarbeiter hätten von ihren Grundkompetenzen gute Chancen hier zu arbeiten“, sagte Kukler auf Anfrage. Allerdings müssten die Arbeitskräfte von München nach Dortmund umsiedeln. AMD in Dresden hat auch noch 400 Stellen mit verschiedenen Anforderungsprofilen bis Mitte 2006 zu besetzen. „Jeder der Interesse hat und bereit ist, nach Dresden zu ziehen, ist willkommen, sich zu bewerben,“ sagte AMD-Sprecherin Cornelia Sonntag.

Nadine Oberhuber, Sophia Hoffmann

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