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Wirtschaft: Infineon: "Unser Unternehmen war nie unfair bewertet"

Ulrich Schumacher (42) ist Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies AG, die aus der Halbleiter-Sparte der Siemens AG hervorging und seit März 2000 an der Börse notiert ist. Mit weltweit rund 29 000 Mitarbeitern erzielte Infineon im Geschäftsjahr 2000 einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro.

Ulrich Schumacher (42) ist Vorstandsvorsitzender der Infineon Technologies AG, die aus der Halbleiter-Sparte der Siemens AG hervorging und seit März 2000 an der Börse notiert ist. Mit weltweit rund 29 000 Mitarbeitern erzielte Infineon im Geschäftsjahr 2000 einen Umsatz von 7,3 Milliarden Euro.

Herr Schumacher, wird bei Infineon im März das einjährige Börsenjubiläum gefeiert?

Wir ziehen zum Börsenjubiläum eine alles in allem positive Bilanz. Aber Sie werden verstehen, dass wir auch mit gemischten Gefühlen zurückblicken. Das Jahr war für uns sehr lehrreich, weil es gezeigt hat, dass steigende Unternehmensgewinne wenig mit steigenden Aktienkursen zu tun haben. Wir sind in einer Zeit unglaublicher Aktien-Euphorie gestartet. Das ging ja so weit, dass sich selbst Harald Schmidt mit uns beschäftigt hat. Mir war schon damals klar, dass sich diese Hysterie wieder legen würde.

Sie haben nach dem Börsengang gesagt, Infineon sei bei einem Kurs von 70 Euro fair bewertet. Heute liegt die Aktie bei 45 Euro...

Diese Aussage war zu diesem Zeitpunkt auch gerechtfertigt. Damals lag das Niveau aller Technologieaktien auf dieser Höhe. Aber: Mitgefangen, mitgehangen. Ich kann nicht die Vorteile der New Economy in Anspruch nehmen und mich später darüber beklagen, wenn auch mich der Klimawechsel trifft. Ich meine übrigens, dass Infineon verglichen mit unseren Wettbewerbern nie unfair bewertet war. Nur wenige Halbleiterhersteller weisen seit unserem Börsengang einen besseren Kursverlauf auf. Das heißt: Wir sind weniger stark gefallen als die anderen. Aber ich gebe zu: Wie jedem Aktionär gehen auch mir die Kursverluste nahe.

Seit Anfang des Jahres geht es für die Technologieaktien wieder bergauf. Geblieben ist die Sorge vor einer Rezession in den USA. Die Nachfrage nach Speicherchips ist gesunken. Müssen Sie Ihre Prognosen korrigieren?

Was in den USA passiert, ist meines Erachtens übertriebener Pessimismus. Das schlechteste mir bekannte Marktszenario besagt, dass uns maximal drei schwächere Quartale bevorstehen und es spätestens Ende 2001 wieder aufwärts geht. Die Wachstumsraten in der Halbleiterindustrie bleiben auf hohem Niveau. Unser Geschäft belegt das. Aber: Wer wie Infineon im Jahr 2000 um 72 Prozent gewachsen ist, dem wird heute jedes Prozent weniger angelastet.

Wird der schwächelnde Halbleiter-Zyklus erst 2003 in den Abschwung münden?

Ja. Die gesunkene Nachfrage nach Speicher-Chips ist vorübergehend. Wann diese Interimsschwäche überwunden ist, lässt sich nur schwer abschätzen. Es wird wohl eher in der zweiten Hälfte 2001 sein, als Mitte des Jahres. Das PC-Geschäft war im Weihnachtsquartal so schwach wie nie zuvor. Unter anderem deshalb, weil die Unternehmen wegen der Jahr-2000-Angst schon Milliarden investiert hatten. Auch die Nachfrage nach Mobiltelefonen war nicht so groß wie erwartet. Das spüren wir jetzt, aber es wird sich bald wieder ändern.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Selbst im schlechtesten aller Szenarien haben wir keine Probleme, unsere Kapazitäten sinvoll auszulasten und unsere Wachstumsprognosen einzuhalten. Eine geringere Auslastung durch Mobilfunkprodukte würde dringend benötigte Kapazitäten für andere Segmente bereitstellen.

Experten sprechen von einer teilweisen Sättigung des Handymarktes in Europa.

Das stimmt, es wird langsamer voran gehen. Das haben aber auch alle Prognosen vorausgesagt. Ein Markt mit einem 35-prozentigen Wachstum statt 55 Prozent ist aber trotzdem noch äußerst attraktiv.

Niemand hat gedacht, dass die New Economy so abstürzen würde. Trifft Sie der Einbruch?

Glücklicherweise nicht so sehr. Viele dieser Internet-Firmen waren im Service-Bereich tätig und haben naturgemäß keinen so großen Verbrauch an Halbleitern. Im Internetmarkt wurden unsere US-Wettbewerber härter getroffen. Der Preisdruck, der sich aus dem Nachfragerückgang ergibt, trifft natürlich auch uns. Der Preis für einen Speicherchip ist von acht auf unter drei Dollar gefallen. Wir haben den Vorteil, dass unsere anderen Geschäftsbereiche weiter boomen.

Wieviele Chipfabriken sind zurzeit im Bau?

Meines Wissens waren vor einem halben Jahr etwa 20 Fabriken angekündigt - zum Teil mit großen Ausbauplänen. Viele Unternehmen haben ihre Pläne inzwischen zurückgefahren oder auf Eis gelegt, so dass in den nächsten zwei Jahren nicht mehr als zehn neue Fabriken ans Netz gehen werden.

Gut die Hälfte des Umsatzes und 75 Prozent des Gewinns erzielen Sie mit Speicherchips. Wann wird Infineon weniger konjunkturabhängig sein?

Ganz unabhängig von der Konjunktur wird unser Geschäft nie sein. Das Ziel ist, den Speicher-Umsatz auf weniger als 30 Prozent am Gesamtumsatz zu drücken. Das wird 2001 noch nicht gelingen, aber wir bewegen uns darauf zu. Im Moment notgedrungen, weil der Preisdruck im Speichermarkt uns zu schaffen macht. Das Ergebnis im Nicht-Speicher-Segment wird 2001 absolut und relativ zum Gesamtergebnis steigen.

Sie haben im Bereich der Breitband-Kommunikation Unternehmen und Know-how gekauft und mit eigenen Aktien bezahlt. Ist das nach dem Kurssturz schwieriger geworden?

Nein. Im Gegenteil. Unsere Akquisitionswährung ist wertvoller geworden, weil die meisten unserer Wettbewerber tiefer gestürzt sind. Außerdem ist harte Währung wieder gefragt. Da profitieren wir von unserem soliden finanziellen Fundament. Das werden wir in diesem Jahr nutzen. Das Volumen unserer Zukäufe wird das Niveau von 2000, als wir für 200 Millionen Dollar eingekauft haben, voraussichtlich übertreffen.

Die Kursverluste treffen auch Ihre Mitarbeiter. 80 Prozent der Infineon-Belegschaft sind Aktionäre. Wie waren die Reaktionen?

Es war ein schmerzhafter Lernprozess. Besonders als sich der Kurs dem Ausgabekurs von 35 Euro näherte, obwohl die Unternehmensergebnisse gleichzeitig immer besser wurden. Das haben viele als ungerecht empfunden. Wir müssen hier noch viel Aufklärungsarbeit leisten. Inzwischen ist die Stimmung aber wieder besser. Die Mitarbeiter haben im Schnelldurchgang gelernt, dass in dem Modell der unternehmerischen Mitarbeiterbeteiligung Chancen und Risiken liegen - wie im richtigen Unternehmertum.

Herr Schumacher[wird bei Infineon im März da]

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