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Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD) rechnet mit mehr als einer Million Flüchtlingen bis Weihnachten.

© Thomas Frey/dpa

Update

Innenministerkonferenz zu Flüchtlingen: Roger Lewentz rechnet mit mehr als einer Million Flüchtlingen vor Weihnachten

Thomas de Maizière gibt zu, dass er sich verrechnet hat. Seine Prognose von 800.000 Neuankömmlingen dieses Jahr wurde bereits deutlich überschritten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hält die deutlich gesunkenen Flüchtlingszahlen noch nicht für dauerhaft. "Ich wäre vorsichtig, das jetzt schon als die Trendwende zu bezeichnen", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei der Innenministerkonferenz in Koblenz. Er verwies auf das Wetter mit Stürmen in der Ägäis, das viele Menschen von der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland abhalte.

Möglicherweise hätten auch Maßnahmen der Türkei zur Begrenzung der Flüchtlingsströme einen Einfluss. "Es ist eine Entwicklung in die richtige Richtung und wir müssen daran arbeiten, dass sich das verstetigt, auch wenn wir keine Stürme im Mittelmeer haben", sagte de Maiziere. Er räumte ein, seine Prognose von 800.000 Neuankömmlingen für das Gesamtjahr sei Anfang November überschritten worden. Die Zahlen seien jetzt "deutlich höher".

Bereits 950.000 Flüchtlinge registriert

Am Montag werde er den aktuellen Stand vor dem Hintergrund der Novemberzahlen bekanntgeben. Aus Koalitionskreisen war bereits bekanntgeworden, dass bis zum vergangenen Sonntag von den Ländern mehr als 950.000 Flüchtlinge in diesem Jahr im Datensystem Easy registriert worden sind. Seit einigen Tagen gehen die Zahlen der von der Bundespolizei registrierten Einreisen stark zurück. Am Mittwoch kamen nach Angaben einer Sprecherin 3567 Migranten nach Deutschland - das sind nicht mal halb so viele wie noch vor einer Woche.

Rückkehr zur Einzelfallprüfung geplant

Alle Schutzsuchenden sollen damit vor der Entscheidung über einen Asylantrag mündlich angehört werden. Die Einzelheiten sollen in der großen Koalition in Berlin geklärt werden. Die Innenminister pochten darauf, dass sich die Verfahren durch die aufwendigere Prüfung nicht verlängern. Seit gut einem Jahr gilt für Syrer ein vereinfachtes Verfahren, in dem sie lediglich in einem Fragebogen ihre Fluchtgründe darlegen müssen. Fast alle bekommen den Flüchtlingsstatus gewährt. Bei der Einzelfallprüfung werden sie wieder persönlich befragt. De Maiziere sagte, aus Sicherheitsgründen sei es notwendig, die Identität festzustellen und einen Missbrauch der Staatsangehörigkeit zu verhindern. Ein Sprecher des Ministers sagte, de Maiziere werde die Rückkehr zur Einzelfallprüfung bald anordnen. Er rechne nicht damit, dass es in der Koalition dazu Differenzen gebe.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) ist am 03.12.2015 in Koblenz (Rheinland-Pfalz) bei der Herbstkonferenz der Innenminister.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) ist am 03.12.2015 in Koblenz (Rheinland-Pfalz) bei der Herbstkonferenz der Innenminister.

© dpa

De Maiziere über Terrorgefahr und neue Registrierungssysteme

De Maiziere setzt auf einen neuen Ankunftsausweis für Flüchtlinge. Die Daten sollen zentral gespeichert werden und für alle Behörden zugänglich sein. Das sagte er auf einer Pressekonferenz im Anschluss an die Innenministerkonferenz zur Flüchtlingsfrage. "Wir wollen steuern und reduzieren", sagte er, und: "Wir müssen die Anreize reduzieren für die Menschen. die zu uns kommen."

Zum Thema Terrorgefahr sagte de Maizière: "Die Gefahrenlage ist nach wie vor hoch."

Roger Lewentz rechnet mit mehr als einer Million Flüchtlinge vor Weihnachten

Mit mehr als einer Million Flüchtlingen in Deutschland rechnet der Chef der Innenministerkonferenz (IMK), Roger Lewentz (SPD), in diesem Jahr. „Wir werden noch vor Weihnachten die eine Million in Deutschland erreichen“, sagte der rheinland-pfälzische Ressortchef am Donnerstag am Rande der Herbst-IMK in Koblenz. In seiner offizielle Prognose ging das Bundesinnenministerium von 800.000 Asylbewerbern in diesem Jahr aus.

Lewentz forderte den Bund auf, wie zugesagt 40 000 Erstaufnahmeplätze zur Verfügung zu stellen. Zudem müssten auch die anderen EU-Staaten mehr Asylbewerber einreisen lassen. Es könne nicht sein, dass andere Länder wie zuletzt Polen sagten: „Wir nehmen keine Flüchtlinge auf“, kritisierte Lewentz. „Die sind alle immer sehr schnell mit dabei, wenn es darum geht, aus Brüssel EU-Agrarsubventionen und andere Fördermöglichkeiten, die auch zu einem großen Teil aus deutschen Finanzquellen gespeist sind, entgegenzunehmen.“

Familiennachzug bleibt weiter Streitthema

Der Streit über den Familiennachzug bei syrischen Flüchtlingen geht weiter. Die Innenminister von Bund und Ländern fassten dazu am Donnerstag in Koblenz keinen Beschluss. „Über Familiennachzug haben wir heute nicht gesprochen“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Das müsse im Bund in Berlin geklärt werden. Unionspolitiker dringen angesichts des Flüchtlingszustroms auf Beschränkungen des Familiennachzugs, Sozialdemokraten zeigen sich skeptisch. De Maizière äußerte sich aber erfreut, dass die Innenminister der Länder sich einig waren, für syrische Flüchtlinge wieder die Einzelfallprüfung einzuführen. (Tsp/dpa/Reuters)

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