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Wirtschaft: Insiderskandal bei der Dresdner Bank

BERLIN . Im Immobiliengeschäft der Dresdner Bank ist es zu millionenschweren Insidergeschäften gekommen, von denen auch die Berliner Treuhand Liegenschaftsgesellschaft TLG betroffen ist.

Von Antje Sirleschtov

BERLIN . Im Immobiliengeschäft der Dresdner Bank ist es zu millionenschweren Insidergeschäften gekommen, von denen auch die Berliner Treuhand Liegenschaftsgesellschaft TLG betroffen ist. Wie der Geschäftsführer der Dresdner Bank-Tochter Dr. Lübke Immobilien GmbH, Hans Lutz Schachtler, dem Tagesspiegel am Montag auf Anfrage bestätigte, haben Mitarbeiter seines Unternehmens über einen längeren Zeitraum hinweg eigene Immobiliengeschäfte in Ost- und Westdeutschland getätigt und an ihrem Arbeitgeber vorbei "in die eigene Tasche gewirtschaftet". Zwischen dem Stuttgarter Sitz der Dr. Lübke Immobilien GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Dresdner Bank, und dem Berliner Unternehmensbüro sei eine "regelrechte Seilschaft" entstanden, sagte Schachtler.

Wie groß das Ausmaß der Geschäfte war und welcher Schaden den Eigentümern der Immobilien letztlich entstanden ist, will Schachtler bis zum Monatsende herausgefunden haben. Bis dahin sollen die Untersuchungsberichte der Abteilung Konzernrevision der Dresdner Bank und der Berliner TLG vorliegen und ausgewertet sein. Bereits jetzt stünde jedoch fest, daß ein Schaden im "siebenstelligen Bereich" entstanden sei, sagte der Lübke-Geschäftsführer. Gegen einen der verdächtigten Mitarbeiter der Stuttgarter Dr.-Lübke-Gesellschaft sei bereits ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren eröffnet worden, so Schachtler. Nach der Vorlage der Revisionsberichte werde man prüfen, ob dieses Verfahren auch auf die anderen drei Mitarbeiter, allesamt Prokuristen von Dr. Lübke, erweitert wird.

Im Einzelnen, so Schachtler, hätten die Lübke-Mitarbeiter "bereits vor Jahren" eine gemeinsame Gesellschaft gegründet und über diese Firma zahlreiche Immobilien erworben, die von der Dresdner-Bank-Tochter Lübke vermarktet wurden. Insbesondere in den neuen Bundesländern, wo Dr. Lübke über umfangreiche Vermarktungsaufträge der TLG verfügt, sei die Firma tätig gewesen. Schachtler vermutet, daß die Lübke-Mitarbeiter in Stuttgart immer dann aktiv geworden sind, wenn sie von ihren Kollegen in Berlin darüber informiert wurden, daß die TLG interessante Objekte an Dr. Lübke zur Vermarktung übergeben hat. Die TLG hat immer noch eine Vielzahl ostdeutscher Gewerbegrundstücke und Wohnimmobilien, die sie im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland vermarktet. Die gemeinsame Firma der Lübke-Mitarbeiter habe Angebote abgegeben, die Immobilie erworben und auf eigene Rechnung weitervermarktet. Die Revisionsberichte sollen auch Aufschluß darüber geben, ob die Lübke-Mitarbeiter interne Kenntnisse über die Höhe der Kaufangebote anderer Interessenten bewußt ausgenutzt haben. "All das wissen wir noch nicht", sagte Schachtler.

Ohne daß die Revisionsabteilungen der Immobiliengesellschaft oder des Dresdner Bank-Konzerns Kenntnis über die Vorgänge hatten, konnte die Insiderfirma "mehrere Jahre operieren", gab Schachtler zu. Er begründete das mit der Cleverness der "Seilschaft", die bei Dr. Lübke "über mehrere Hierarchie-Ebenen" bestand. "Aus der Konstruktion der Firma", sagte Schachtler, sei nicht erkennbar geworden, wer wirklich hinter der Gesellschaft gestanden habe. Erst im vergangenen Winter sei die Firmenkonstruktion aufgeflogen. Die vier in die Geschäfte verwickelten Prokuristen seien entlassen worden. Die TLG wollte sich am Montag noch keine Angaben zum Umfang des ihr entstandenen Schadens machen. Eine Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, daß die "Unregelmäßigkeiten" noch geprüft würden. Sie bestätigte allerdings, daß sich die TLG "Schadenersatzansprüche" an den Dresdner-Bank-Konzern vorbehält.

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